BERLIN. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) hat auf eine steigende Zahl an ausgewiesenen ausländischen Christen aus der Türkei aufmerksam gemacht. Der Einmarsch der Türkei in Syrien gehe einher mit der Vertreibung von Kurden, Christen und Jesiden. „Fast unbemerkt ‘reinigt’ die Regierung Erdogan aber auch das türkische Inland von Christen und anderen Minderheiten“, teilte die Menschenrechtsorganisation anläßlich der Herausgabe der Jahrbücher zur Verfolgung von Christen und Religionsfreiheit mit.
„Es gibt bei diesen ausgewiesenen Personen keine Gemeinsamkeiten, außer der, daß sie alle protestantische Christen sind, die aktiv im Gemeindeleben stehen oder/und evangelistisch tätig sind.“ 2017 hätten die Ausweisungen begonnen und nun einen Höhepunkt erreicht. Allein in diesem Jahr seien 60 bis 70 Personen von dieser Politik getroffen worden. Die Pässe der entsprechenden Personen würden mit Codes versehen, die „faktisch als Einreiseverbot“ wirkten. IGFM-Sprecher Martin Lessenthin nennt dieses Vorgehen „rechtswidrig“. Religionsfreiheit und Mission seien in der türkischen Gesetzgebung garantiert.
„Freundet euch nicht mit Juden und Christen an. Wer dies tut ist einer von ihnen. Allah leidet die Gemeinschaft von Übeltätern nicht“ So geschrieben auf einem Plakat in Konya, Türkei. Mitinitiator des Plakats: der in Wien gegründete islamische Jugendverein AGD #politischerislam https://t.co/PFNkKYQb4x
— Carl Gustaf Ströhm (@CGStroehm) October 22, 2019
„Die Anschuldigung, die Betroffenen seien eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit, ist lächerlich und empörend.“ Die Ausgewiesenen seien allesamt gut integriert gewesen und stammten aus Deutschland, Großbritannien, Finnland, USA, Neuseeland, Kanada und Australien. Es komme nun darauf an, daß Deutschland und die anderen Länder, aus denen die Missionare stammten, „sich gemeinsam im Protest erheben und dafür sorgen, daß die Türkei hier wieder zur Vernunft kommt“, forderte Lessenthin im Domradio. Laut IGFM würden zudem religiöse Minderheiten wie Aleviten, Jesiden, syrisch-orthodoxe und armenische Christen in der Türkei diskriminiert.
CDU-Abgeordneter sieht deutsche Außenpolitik in der Verpflichtung
Die IGFM, die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) und das Internationale Institut für Religionsfreiheit (IIRF) geben jährliche Berichte über Religionsfreiheit und Christenverfolgung heraus. Der diesjährige Bericht zeige: „Religionsfreiheit ist weltweit in arger Bedrängnis.“ Nach der aktuellsten Studie des Pew Research Centers sei die Zahl der Länder zwischen 2007 und 2014, in denen Menschen aufgrund ihrer Religion angefeindet würden, von 39 auf 56 gestiegen.
Einer der Herausgeber der Bücher, Thomas Schirrmacher, nannte Indien, Sri Lanka und die Türkei als „Beispiele für ein politisch gewolltes gewaltfreundliches Klima der interreligiösen Beziehungen“. Der Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte (CDU) forderte in einem Beitrag für die Jahresbücher eine stärkere Einbindung von Religionsfreiheit in der deutschen Außenpolitik. Hirte ist Vorsitzender des Stephanuskreises, einem überkonfessionellen Gesprächsforum in der Unionsfraktion, das sich für „Toleranz und Religionsfreiheit“ einsetzt. (hr)