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Neue Balkanroute: In Sarajevo warten Tausende auf die Einreise in den Schengenraum

Neue Balkanroute: In Sarajevo warten Tausende auf die Einreise in den Schengenraum

Neue Balkanroute: In Sarajevo warten Tausende auf die Einreise in den Schengenraum

Asylsuchende in Sarajevo
Asylsuchende in Sarajevo
Asylsuchende in Sarajevo Foto: picture alliance / AA / Hinrich Rohbohm / JF-Montage
Neue Balkanroute
 

In Sarajevo warten Tausende auf die Einreise in den Schengenraum

Seit Wochen verzeichnen die Balkan-Länder wieder einen starken Anstieg illegaler Grenzübertritte. Asylsuchende nutzen jetzt neue Wege nach Mitteleuropa. Einer davon führt durch Sarajevo, die Hauptstadt Bosnien und Herzegowinas. Österreichs Regierung warnt vor einer neuen Asylkrise, Kritiker sprechen von Panikmache. Wie ist die Situation vor Ort? Eine Reportage von Hinrich Rohbohm.
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Seit Wochen verzeichnen die Balkan-Länder wieder einen starken Anstieg illegaler Grenzübertritte. Asylsuchende nutzen jetzt neue Wege nach Mitteleuropa, nachdem die alte Balkanroute vor allem durch die Intervention des damaligen österreichischen Außenministers und heutigen Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) geschlossen werden konnte.

Sie führt nun von der Türkei über Griechenland, Albanien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Kroatien nach Slowenien in den Schengen-Raum. Von dort geht es weiter in Richtung Italien, Frankreich und Großbritannien sowie Richtung Österreich und Deutschland.

Die schwarz-blaue Regierung in Wien warnt bereits vor einer neuen Asylkrise, will jetzt auch die Route über Albanien schließen. Kritiker sprechen dagegen von Panikmache. Da die Zuwanderungszahlen bei weitem nicht das Niveau von 2015 erreichen, könne von einer neuen Balkanroute für Asylsuchende keine Rede sein. Doch wie viele sich tatsächlich weiterhin auf Richtung Mitteleuropa machen, kann derzeit niemand seriös beantworten.

Zwischenstation Sarajevo

Asylsuchende in Sarajevo Foto: Hinrich Rohbohm

Eine wichtige Zwischenstation auf der Route ist die bosnische Hauptstadt Sarajevo. Mehrere tausend Migranten halten sich dort auf. Vor allem Syrer, Iraker, Iraner, Afghanen und Pakistani. Viele von ihnen liegen im Gras unter schattenspendenden Bäumen rund um den Hauptbahnhof. Ihr Hab und Gut haben sie in Rucksäcken und Plastiktüten verstaut. Müll weht auf dem Bahnhofsplatz umher. Familien pferchen sich am benachbarten Busbahnhof an einem Unterstand zusammen, warten auf die Weiterreise Richtung Bihać, einem Ort nahe der kroatischen Grenze.

In Dobrinja, einem Stadtteil in der Nähe des Flughafens, haben sich Migranten in leerstehenden Häusern einquartiert, von denen es in Bosnien nach dem Krieg in den 1990er Jahren viele gibt. Nur wenige hundert Meter von dem Gebäude entfernt befindet sich eine Registrierungsstelle für Flüchtlinge. Nur wenige Migranten sind hier anzutreffen. Kaum einer möchte sich in Bosnien-Herzegowina registrieren lassen.

„Straßenbahnen sind voll von Migranten“

Wenige Wochen zuvor hatte die bosnische Polizei einen Park in der Altstadt räumen lassen. 300 Migranten hatten dort campiert. Sie wurden inzwischen mit Bussen in ein Aufnahmelager nach Mostar gebracht.

„Vor allem die Straßenbahnen sind voll von Migranten“, erzählt Ademir, ein 23 Jahre alter bosnischer Student. Der Ansturm neuer Zuwanderer habe in der Stadt ein geteiltes Echo ausgelöst. „Einerseits sind viele bereit zu helfen, weil sie kriegsbedingt in den neunziger Jahren selbst auf der Flucht waren. Sie bringen den Migranten Kleidung, Essen und Trinken vorbei.“ Andererseits drohe die Stimmung aber zu kippen. „Die Kriminalität hat mit deren Ankunft definitiv zugenommen.“ Ademir berichtet von Raubüberfällen am hellichten Tag, selbst an öffentlichen Plätzen. „Einem Freund von mir haben Migranten unter Androhung von Gewalt das Mobiltelefon abgenommen.“

Flixbus wirbt am Bahnhof mit Fahrten nach Deutschland Foto: Hinrich Rohbohm

Auch am Sebilj, dem Brunnen auf dem Marktplatz der Altstadt, sitzt ein gutes Dutzend von ihnen. Allesamt Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Zwei weitere laufen auf dem Platz umher, sind unentwegt am telefonieren. Schließlich winken sie vier Männer aus einer wartenden Gruppe zu sich, lotsen sie zu einem Kiosk auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Dort treffen sie auf einen kahlköpfigen Mann, offenbar ein Einheimischer. Auf der Karte seines Mobiltelefons zeigt er den anderen einen Ort. Er spricht auf Englisch zu ihnen. „Und morgen bringen wir euch dann weiter zu diesem Ort.“ Dann bringt der Kahlköpfige die Gruppe zu einem hinter dem Kiosk befindlichen Taxistand.

Die vier Männer steigen in ein Taxi. Die Fahrt geht hinaus aus dem Stadtzentrum, über die Autobahn Richtung Nordwesten. Nach einer guten Stunde steht fest: Die Männer fahren in Richtung Bihać. Richtung bosnisch-kroatische Grenze.

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Hinweis: Lesen Sie am Wochenende an dieser Stelle, was in dem bosnischen Ort Bihać derzeit vor sich geht.

Asylsuchende in Sarajevo Foto: picture alliance / AA / Hinrich Rohbohm / JF-Montage
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