LONDON. EU-Ratspräsident Donald Tusk kann sich einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union vorstellen. „Die Europäische Union wurde auf Träumen aufgebaut, die unmöglich zu erreichen schienen. Man mag mich für einen Träumer halten, aber ich bin nicht der einzige“, sagte Tusk.
Am Montag haben die Verhandlungen der Europäischen Union mit Großbritannien über die Bedingungen des Austritts begonnen. Als einer der ersten Punkte stehen die Rechte von EU-Bürgern, die ihren Wohnsitz im Vereinigten Königreich haben, auf der Tagesordnung. Die britische Premierministerin Theresa May ist bereit, den rund drei Millionen Betroffenen eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung zu gewähren. Voraussetzung sei nach den Worten Mays allerdings, daß umgekehrt die EU-Länder auch die Rechte von britischen Staatsbürgern achteten.
Austritt am 29. März 2019
Widerstand gegen den Brexit-Kurs von May kommt auch aus ihrer eigenen Partei. Finanzminister Philip Hammond tritt für einen Verbleib in der europäischen Zollunion und dem gemeinsamen Binnenmarkt ein. Auch Innenministerin Amber Rudd vertritt ähnliche Positionen. May lehnt solche Kompromisse ab.
Heute vor einem Jahr, am 23. Juni 2016, haben sich die Briten in einem Referendum für den Austritt aus der EU entschieden. Spätestens am 29. März 2019 wird Großbritannien der Gemeinschaft nicht mehr angehören, unabhängig davon, ob sich beide Verhandlungsparteien auf ein Abkommen einigen können. „Kein Abkommen ist besser als ein schlechtes Abkommen“, hatte May wiederholt betont.
Am Mittwoch hat Königin Elizabeth II. in ihrer Rede vor dem Oberhaus das Regierungsprogramm Mays vorgestellt. Nachdem die Konservativen im Wahlkampf noch eine Reform der sozialen Sicherungssysteme angekündigt hatten, konzentriert sich das Regierungsprogramm nun hauptsächlich auf zwei Punkte: den Kampf gegen den Terrorismus und die Brexit-Verhandlungen mit der EU.
Abstimmung über Regierungsprogramm
Nachdem May bei der Unterhauswahl am 8. Juni keine absolute Mehrheit erringen konnte, ist sie für die Abstimmung über ihr Regierungsprogramm nächste Woche im Parlament auf die Stimmen der konservativen nordirischen Regionalpartei DUP angewiesen. Erhält May hierfür keine Mehrheit, wird Königin Elizabeth Oppositionsführer Jeremy Corbyn (Labour) mit der Regierungsbildung beauftragen.
Gelingt auch ihm keine Mehrheit, kommt es zu Neuwahlen. May ist auch innerparteilich umstritten. Ihr wird die, nach Meinung vieler, unnötige Ansetzung von Neuwahlen und ein schwacher Wahlkampf zur Last gelegt. Als mögliche Favoriten für ihre Nachfolge gelten Außenminister Boris Johnson, Innenministerin Amber Rudd und Brexit-Minister David Davis. (tb)