WARSCHAU. Bis zu hunderttausend Menschen und damit so viele wie noch nie haben sich am Mittwoch am traditionellen „Marsch der Unabhängigkeit“ durch das Zentrum Warschaus beteiligt. Der Umzug aus Anlaß des polnischen Nationalfeiertages stand unter dem Eindruck des ungebremsten Zustroms von Asylbewerbern nach Europa.
In Sprechchören und auf Transparenten äußerten die vorwiegend jungen Teilnehmer ihre Ablehnung zur Aufnahme von Einwanderern durch Polen. Während des anderthalbstündigen Zuges, an dem sich Abgeordnete beider polnischer Parlamentskammern beteiligten sowie der Bürgermeister der ungarischen Stadt Ásotthalom, Laszlo Toroczkai, skandierten die Demonstranten immer wieder Losungen wie „Kein islamisches, kein laizistisches, nur ein katholisches Polen“ und „Wir wollen Kotelett statt Mohammed“ sowie „Gott, Ehre, Vaterland“ und „Ruhm und Ehre unseren Helden“. Die Umzug wird von der rechtsgerichteten Allpolnischen Jugend sowie dem Nationalradikalen Lager (ONR) organisiert und mobilisierte bis zum Jahr 2009 nur einige tausend Teilnehmer.
„Feiertag junger, glühender polnischer Herzen“
Vor Beginn der Großdemonstration verlas ein Berater von Staatspräsident Andrzej Duda einen Brief an die Versammelten, in dem dieser davon sprach, daß der Tag der Unabhängigkeit für Polen einer der wichtigsten im Jahr sei. Duda gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß „vor allem junge Leute sich immer häufiger an patriotischen Feierlichkeiten beteiligen“. „Ich möchte und ich rechne damit, daß dies ein Feiertag junger, glühender polnischer Herzen wird.“ Am Abend begab sich Präsident Duda nach Biała Podlaska (Bezirk Lublin) und nahm an einem gemeinsamen Singen patriotischer Lieder teil.
Am Zielpunkt des Marsches, dem für die Europameisterschaft 2012 neuerrichteten Nationalstadion auf dem rechten Weichselufer, wandten sich die Veranstaltungsorganisatoren gegen die deutsche Politik, immer mehr Asylbewerber aufzunehmen.
Kritik an Merkel
Der neugewählte Sejm-Abgeordnete Adam Andruszkiewicz von der Partei des ehemaligen Rocksängers Paweł Kukiz forderte das Publikum auf, ein Land zu bauen, das „seine Grenzen selbst sichert, mit einer starken Armee, einer allgemeinen Landwehr, ohne alle Immigranten“. Den jubelnden Teilnehmern rief er zu: „Wir haben überhaupt keine Verpflichtung, den Deutschen zu Diensten zu sein und Ausländer aufzunehmen, weil Frau Merkel es befiehlt. Nein und Schluß!“
Anders als in den Vorjahren verlief der diesjährige Unabhängigkeitsmarsch trotz der Rekordteilnehmerzahl ohne Verletzte und ohne größere Zwischenfälle. 600 Ordner sicherten die kilometerlange Strecke. Nach Angaben der Ordnungskräfte beteiligten sich 75.000 Personen an der Demonstration, nach Veranstalterangaben bis zu 100.000. (ru)