EISENSTADT. Die Landeschefs von SPÖ und FPÖ haben sich am Mittwochabend auf die Aufnahme gemeinsamer Koalitionsverhandlungen geeinigt. Zuvor hatte Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) ausschließlich mit den Freiheitlichen ein Sondierungsgespräch geführt. Die Beteiligung der Partei mit den deutlichsten Stimmengewinnen sei „auch aus demokratischer Sicht gut“, sagte er dem ORF.
Die burgenländische ÖVP kritisierte den Entschluß Niessls. Österreichs östlichstes Bundesland bekomme eine „Koalition aus Machtstreben und Populismus“, beklagte der Landesvorsitzende Franz Steindl. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) verwies auf die Autonomie der Landesverbände, galt bisher jedoch als Gegner rot-blauer Koalitionen.
Grüne: „Roter Tabubruch“
Die Grünen nannten Niessls Koalitionsabsicht einen „roten Tabubruch“. Damit mache „er die FPÖ innerhalb der Roten salonfähig. Der rote Parteitagsbeschluß, ‘keine Koalition mit der FPÖ’, ist das Papier nicht mehr wert, auf den er geschrieben wurde“, kritisierte die Bundesvorsitzende der Partei, Eva Glawischnig.
Nach Meinung der Sprecherin der burgenländischen Grünen, Regina Petrik, beginne im Land jetzt eine Phase des Rückschritts: „Nun holt sich die SPÖ genau jene Partei in die Regierung, die gegen die EU, gegen gesellschaftliche Öffnung und für die Abgrenzung zu Europa auftritt“, sagte Petrik. Dabei habe das Burgenland in den vergangenen zwanzig Jahren mit Unterstützung der EU eine „bemerkenswerte Entwicklung“ vollzogen. Niessl setze „sehenden Auges auf eine rückwärtsgewandte Politik, nur um seine Machtposition abzusichern“.
Politologe Filzmaier: „Revanchemotiv“
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache äußerte sich erfreut über die Koalitionsgespräche: „Im Burgenland wird der Wählerwille ernst genommen und die undemokratische Ausgrenzung gegenüber den freiheitlichen Wählern beendet“, schrieb er auf Facebook.
Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier vermutete, ein „Revanchemotiv“ könnte nun die ÖVP zu Koalitionsgesprächen mit der FPÖ in der Steiermark veranlassen. Der Vorsitzende der ÖVP im steirischen Landtag, Reinhold Lopatka, gilt als Befürworter einer Koalition mit der FPÖ.
Bei den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland verzeichnete die FPÖ starke Zugewinne auf Kosten der beiden Volksparteien ÖVP und SPÖ. Eine rechnerische Mehrheit für Schwarz-Rot bestünde dennoch in beiden Bundesländern. (cop)