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Kommentar zu Ermittlungen gegen Fifa: Außenpolitische Justiz

Kommentar zu Ermittlungen gegen Fifa: Außenpolitische Justiz

Kommentar zu Ermittlungen gegen Fifa: Außenpolitische Justiz

Lynch
Lynch
Die amerikanische Justizministerin Loretta E. Lynch (rechts) leitet die US-Ermttlungen gegen die Fifa Foto: picture alliance/dpa
Kommentar zu Ermittlungen gegen Fifa
 

Außenpolitische Justiz

Keine Frage, die Fifa ist ein korrupter Haufen, und Sepp Blatter war ihr passender Repräsentant. Über seinen erzwungenen Rücktritt braucht man keine Träne zu vergießen. Dennoch sind die Emittlungen der US-Behörden kein Siegeszug des Guten, sondern eine juristische Aggression. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.
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Keine Frage, die Fifa ist ein korrupter Haufen, und der ausgebuffte Sepp Blatter war ihr passender Repräsentant. Über seinen erzwungen Rücktritt braucht man keine Träne zu vergießen. Die Nachricht, daß bei der Vergabe der Fußball-WM Bestechungsgelder geflossen sind, ist auch keine Überraschung.

Es fällt nur auf, daß die Korruption ausgerechnet vor der Weltmeisterschaft 2018, die in Rußland stattfinden soll, zum juristischen Problem wird. Es liegt mehr als nahe, daß hinter den Ermittlungen der US-Behörden die Absicht steckt, zu verhindern, daß ihr Erzfeind Putin sich im Glanz des sportlichen Großereignisses sonnt.

Deshalb mutet der allgemeine Jubel darüber, daß der Gerechtigkeit endlich Genüge getan, der Züricher Augias-Stall ausgemistet wird und die amerikanischen Ermittlungs- und Justizbehörden sich als starker Arm einer universellen Gerechtigkeit erweisen, entweder naiv oder hinterlistig an. Die Aufklärung ist die Nebenfolge eines unmittelbaren machtpolitischen Interesses, das unter veränderten Voraussetzungen auch zum Gegenteil führen kann. Insofern haben wir es mit einer kalkulierten, selektiven Auffassung von Gerechtigkeit und Legalität – und damit ihrer Pervertierung – sowie einer politischen, genauer: außenpolitischen Justiz zu tun.

Moderner Imperialismus der USA

Es hat etwas Unheimliches, wie die USA eine globale juristische Zuständigkeit beanspruchen, Nicht-Staatsbürger zur internationalen Fahndung ausschreiben und die Behörden andere Länder zwingen können, in ihrem Sinne tätig zu werden, und zwar, weil sie die Macht dazu haben. Die Kehrseite der Macht ist die Arroganz, mit der sie die Zuständigkeit jeder internationalen Gerichtsbarkeit für das eigene Land stets zurückweisen.

Die USA perfektionieren die „Völkerrechtlichen Formen des modernen Imperialismus“ – so der Titel eines 1932 veröffentlichten Aufsatzes von Carl Schmitt. Schmitt hatte die Entwicklung anhand der Monroe-Doktrin erläutert, die raumfremden Mächten jede Intervention auf dem amerikanischen Kontinent verbot. Die Doktrin war vage formuliert, feststand nur der Imperativ, daß ausschließlich die USA bestimmen, was sie im konkreten Fall bedeutet.

Niemand habe einen Anspruch darauf, „von den Vereinigten Staaten irgendeine Aktion (..) zu verlangen, während umgekehrt die Vereinigten Staaten, wenn sie es (…) für richtig halten, jederzeit von sich aus eingreifen, intervenieren, vermitteln, oktroyieren, mit bewaffneter Hand einschreiten können.“ Entscheidend ist im Zweifelsfall nicht das Recht, sondern die Macht! Intervenieren kann man auch mit dem Instrument der Strafverfolgung. Und die Monroe-Doktrin ist schon seit 100 Jahren nicht mehr auf Amerika beschränkt.

Einigen Kommentatoren fiel immerhin auf, daß die ausgedehnten Ermittlungen der USA in einem umgekehrten Verhältnis zu der Rolle stehen, die die USA im Weltfußball spielen. Nur zogen sie nicht die fälligen Schlüsse daraus. Die Fifa verwaltet die mächtigste und wahrhaft weltumspannende Religion des Massenzeitalters. Die Dominanz der USA stützt sich in großem Maße auf die globale „soft power“ ihrer Massenkultur. Der Fußball ist der einzige ernsthafte Konkurrent. Ein mächtiger Weltfußballverband, der unabhängig von ihr agiert und sich ihrer Kontrolle entzieht, hat das Zeug zum ernsthaften Störfaktor, wie sich bei der WM-Vergabe an Rußland zeigte. Der wird nun beseitigt.

Eine juristische Aggression

Sicherlich trifft es diesmal die Richtigen, aber das ist kein stichhaltiges Argument, weil es beim nächsten Mal ganz anders aussehen kann. Ein hypothetisches Modell: Falls europäische Behörden oder Gerichtes es wagen sollten, den beiden wichtigsten Staatsfeinden der USA, Julian Assange und Edward Snowden, Asyl zuzubilligen, könnten sie daraufhin zur Fahndung ausgeschrieben werden. Irgendein US-Gesetz wird sich dafür schon finden. Zu gern wüßte man auch, was im Hinterkopf der deutschen Politiker, die sich beharrlich weigern, die NSA-Selektorenliste herauszugeben, so alles vorgeht …

Ihrerseits sind die Deutschen und die Europäer gegenüber amerikanischen Institutionen nachgerade servil. Wo bleibt zum Beispiel die Strafverfolgung gegen die US-Bank Goldman Sachs, die den Griechen half, ihre Bilanzen zu fälschen und sich damit in den Euro zu schummeln? Bieten die angerichteten Milliardenschäden und die politische Paralyse, in die die EU geraten ist, nicht Ermittlungsgründe genug?

Was wir gerade erleben, ist kein Siegeszug des Guten, sondern eine juristische Aggression. Im Jubel darüber entlädt sich der Schwachsinn von Kolonisierten.

Die amerikanische Justizministerin Loretta E. Lynch (rechts) leitet die US-Ermttlungen gegen die Fifa Foto: picture alliance/dpa
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