LONDON. Julian Assange hat deutschen Behörden die Verletzung seiner Privatsphäre und den Verstoß gegen die Pressefreiheit vorgeworfen. In einer eidesstattlichen Versicherung behauptet der Wikileaks-Gründer, die Amerikaner seien dadurch an das belastende Beweismaterial gegen Bradley Manning gelangt.
Asssange, der seit Juni 2012 als Asylant in der ecuadorianischen Botschaft in London festsitzt, bezieht sich auf zwei Deutschlandbesuche vor einigen Jahren. 2009 sei er dabei vom US-Militärgeheimdienst überwacht worden. Im September 2010 hätten deutsche oder schwedische Behörden auf seiner Reise von Stockholm nach Berlin sein Gepäck vermutlich ohne Durchsuchungsbefehl beschlagnahmt. Der Bericht dokumentiert sehr detailreich seine Ankunft in Berlin-Tegel, wo sein Gepäck plötzlich verschwunden war. Niemand sonst in dem Flugzeug habe sein Gepäck vermißt. Wikileaks hat diese Straftat am Dienstag in Stockholm zur Anzeige gebracht.
Bei diesem vermeintlichen Diebstahl seien den Behörden unter anderem drei Laptops mit sensiblen Daten in die Hände gefallen. Sowohl nach schwedischem als auch nach deutschem Recht sei dies ein ungesetzlicher Eingriff in seine Privatsphäre und ein Verstoß gegen die Pressefreiheit. Wörtlich heißt es: „Die Beschlagnahmung von Wikileaks-Eigentum durch schwedische und deutsche Behörden erfolgte im Zusammenhang mit den öffentlich angekündigten, laufenden Geheimdienstaktivitäten, die illegalerweise gegen Wikileaks und mich eingeleitet worden sind.“
In dem 186seitigen Schreiben verweist Assange darauf, daß ein Teil des möglicherweise illegal entwendeten Materials später im Prozeß gegen Bradley Manning verwendet worden ist. Mannings Fall müßte unter Umständen neu aufgerollt werden. Der Soldat Manning hatte Assange mit unzähligen Geheimdokumenten versorgt. Dafür ist er unlängst von einem US-Militärgericht zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Amerikaner erstellen Spitzelberichte aus Berlin
Zudem sei ein Teil des entwendeten Material geeignet, das Verhalten der amerikanischen Geheimdienste in Deutschland zu diskreditieren. Es geht um einen Bericht eines US-Marines über eine Veranstaltung, bei der Assange in Berlin gesprochen hat. Der Geheimdienstbericht könnte deutschen Behörden dazu dienen, die Arbeitsweise amerikanischer Geheimdienste auf deutschem Boden zu verurteilen. Schließlich seien derlei Aktivitäten den Amerikanern eigentlich untersagt.
Diese eidesstattliche Versicherung kommt in einem Moment, in dem das deutsch-amerikanische Verhältnis ohnehin wegen der NSA-Affäre angeschlagen ist und die Aktionen amerikanischen Geheimdienste in Deutschland debattiert werden. Assange berichtet zudem, daß amerikanische Behörden wie das FBI Wikileaks auch in anderen Ländern wie England und Dänemark bespitzelten. Zudem seien mehrfach Freunde und Mitarbeiter von Assange an diversen Flughäfen auf Druck der Amerikaner festgehalten worden. Auch diese Praxis ist seit der Festnahme von David Mirinda am Flughafen von London vor zwei Wochen erstmals einem größeren Publikum bekannt geworden. (rg)