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Porträt: „Signore Schulz“

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Porträt: „Signore Schulz“

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Porträt
 

„Signore Schulz“

Als Kommunalpolitiker ließ er überteuerte Spaßbäder errichten, jetzt baut er am europäischen Super-Staat mit: Am heutigen Dienstag wurde der Sozialdemokrat Martin Schulz zum neuen Präsidenten des EU-Parlaments gewählt. Porträt eines Provokateurs.
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Der neue EU-Parlamentspräsident Martin Schulz: Karriereende nicht in Sicht Foto: Martin Schulz MdEP

Berlusconi ist an allem schuld: Von „Signore Schulz“, wie er ihn ironisch ansprach, genervt, verglich der Cavaliere ihn 2003 im Europäischen Parlament öffentlich mit einem „Lagerführer“ in einem KZ-Film und machte den Sozialdemokraten damit auf einen Schlag europaweit bekannt.

Martin Schulz startete durch: SPD-Spitzenkandidat zur Europawahl 2004, Vorsitz der Sozialisten-Fraktion in Straßburg, und nun, am heutigen Dienstag, nach achtzehn Jahren auf der Abgeordnetenbank wurde sein Traum wahr, für den er sogar einen Posten als EU-Kommissar ausgeschlagen hat: Schulz ist neuer Präsident des Europäischen Parlaments.

An Ehrgeiz hat es dem gelernten Buchhändler, geboren 1955 nahe Aachen, noch nie gefehlt. Mit 31 Jahren wurde er 1987 jüngster Bürgermeister in NRW; ein Spaßbad, das Jahr für Jahr tiefere Löcher in den Stadtsäckel frißt, erinnert die Bürger von Würselen noch heute an seine zwölfjährige Amtszeit. Fremdsprachengewandt wie er ist, könnte er in Brüssel noch weit größere Räder drehen; Schulzens Bühne aber bleibt das Parlament, wo man verbal auch mal ordentlich draufhauen kann, ohne daß allzu viel passiert.

Schulz provoziert gern

Sein Weltbild ist dabei überschaubar links geblieben, seit der Abiturient 1974 bei den Jusos mitzumischen begann; sogar die Barttracht der Lehrer-SPD jener Jahre hat er beibehalten. „Demokratie“ buchstabiert man da als soziale Bemutterung und egalitäre Umerziehung; und weil der Sozialstaat dummerweise noch am Nationalstaat hängt, der Nationalstaat aber gefälligst in Europa aufgehen soll, muß eben ein europäischer Super-Sozial- und Wohlfahrtsstaat her, in dem Straßburg den Ton angibt. Mit der Türkei als Vollmitglied und Euro-Bonds für noch mehr Geldverbrennungsprogramme, aber ohne die bösen Ratingagenturen.

Staatschefs, die auf nationale Souveränität pochen, läßt Aufseher Schulz per Interview die Peitsche fühlen: den ungarischen Regierungschef Orbán, der einfach die Verfassung ändert, ohne Brüssel zu fragen, den britischen Premier Cameron, weil der beim Euro-Retten zickt, den „komischen“ Franzosen Sarkozy, den „unsäglichen“ und „anti-europäischen“ tschechischen Staatspräsidenten Klaus.

Schulz provoziert gern: Seine erste Aktion als Fraktionschef war die Kampagne gegen den italienischen Kommissars-Kandidaten Rocco Buttiglione, der ihm zu katholisch war. Und die NS-Keule liegt ihm ebenfalls locker in der Hand, egal ob er FPÖ-Chef Strache als „Nazi“, einen Wilders-Mann als „Faschisten“ oder den Koalitionspartner seines Lieblingsfeindes Berlusconi als „Holocaustleugner“ denunziert.

Auf die heimische SPD paßt Schulz natürlich auch gut auf. Am Aufstieg Sigmar Gabriels hatte das Präsidiumsmitglied maßgeblichen Anteil. Karriereende ist für den „Europabeauftragten“ der SPD auch mit dem neuen Posten noch lange nicht.

JF 3/12

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