Kann Dieter Althaus weiter Ministerpräsident Thüringens bleiben, obwohl die CDU am 30. August nur noch 31,2 geholt hat? Ja, wenn drei Bedingungen erfüllt sind: Seine eigene Partei muß erstens weiter zu ihm stehen.
Dafür spricht, daß er als einziger CDU-Direktkandidat noch über 50 Prozent Erststimmen erhalten hat. Potentielle „Königsmörder“ können allenfalls Ergebnisse im 30-Prozent-Bereich vorweisen. Zweitens muß SPD-Chef Christoph Matschie weiter zu seinem Versprechen stehen, keinen Kandidaten der Linken zum Ministerpräsidenten zu wählen. Nach dem Ypsilanti-Debakel in Wiesbaden und angesichts der kommenden Bundestagswahl wäre ein zweiter Wortbruch der SPD – die in Thüringen mit 18,5 Prozent weiter nur dritte Kraft ist – verheerend. Der Berufspolitiker Matschie selbst erhielt in seinem Jenaer Direktwahlkreis zudem nur 26,9 Prozent. Allein diese beschämende Tatsache läßt den von ihm erhobenen Anspruch auf das Ministerpräsidentenamt an Größenwahn grenzen. Drittens muß die Linke – die sich auf 27,4 Prozent verbesserte und damit neben der CDU die einzige Volkspartei des Freistaats ist – weiter darauf beharren, nur unter Führung ihres Spitzenkandidaten Bodo Ramelow eine Koalition mit der SPD einzugehen.
Rot-Rot hätte mit 45 von 88 Sitzen nur eine knappe Mehrheit. Die Grünen (6,2 Prozent) mit in eine Dreier-Koalition zu nehmen, würde an dem Grundsatzkonflikt um die Stellung Ramelows nichts ändern: Deren Spitzenkandidatin Astrid Rothe-Beinlich (die wie Matschie aus der linken Bürgerbewegung gegen das SED-Regime kommt) hat sich ebenfalls gegen einen Regierungschef Ramelow ausgesprochen.
Zudem gibt es in der Landes-SPD traditionell stärkere Vorbehalte gegen die SED-Nachfolger als in Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern: Bereits 1994 hätte Rot-Rot in Erfurt schon einmal eine komfortable Regierungsmehrheit gehabt, und die SPD war seinerzeit fast doppelt so stark wie die damalige PDS – dennoch wurden die Sozialdemokraten nur Juniorpartner von CDU-Ministerpräsident Bernhard Vogel. Wenn die Union geschickt verhandelt und der SPD dabei symbolische Erfolge gönnt, dürfte Althaus weiter Ministerpräsident Thüringens bleiben können.
Erfurter Landtag weiterhin ohne NPD und Freie Wähler
Die anderen fünf Parteien auf den thüringischen Stimmzetteln spielen im Erfurter Machtpoker keine Rolle. Der FDP gelang aber mit 7,6 Prozent nach 15 Jahren außerparlamentarischer Opposition wieder der Sprung in den Landtag.
Die NPD unter Spitzenkandidat Frank Schwerdt hatte diesmal selbst in den abgelegensten Dörfern fleißig plakatiert, und mancherorts entstand angesichts ihrer Materialfülle der Eindruck, die Partei gehöre längst zu den Etablierten. Erwartungsgemäß konnte die NPD so ihr Wahlergebnis zwar auf 45.401 Stimmen – darunter überproportional viele Jung- und Erstwähler – verdreifachen. Doch am Ende scheiterte sie mit 4,3 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Besonders in den Hochschulstädten Erfurt, Jena und Weimar sowie im katholischen Eichsfeld fehlte ihr der entscheidende Wählerzuspruch. In Landkreisen wie Saalfeld-Rudolstadt wurden hingegen Ergebnisse um sechs Prozent erzielt, in der Opel-Stadt Eisenach waren es immerhin fünf Prozent.
Im westlichen Thüringen konnten hingegen die Freien Wähler zahlreiche Proteststimmen aufsaugen und sich so landesweit von 2,6 auf 3,9 Prozent verbessern. Der Antritt der Republikaner und der ödp war vollends vergebens – sie erhalten mit jeweils 0,4 Prozent nicht einmal Wahlkampfkostenerstattung.