Nach innerparteilichen Querelen um einen formalen Abgrenzungsbeschluß der SPD gegenüber Mitgliedern studentischer Verbindungen, der im Januar dieses Jahres zunächst am Widerspruch des Parteivorstands gescheitert war (JF 8/06), haben die Jungsozialisten (Jusos) jetzt in einem neuerlichen Anlauf einen Teilerfolg erzielt. Vergangene Woche beschlossen Bundesvorstand und Präsidium der Sozialdemokraten einstimmig, „eine Mitgliedschaft in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft mit der SPD-Mitgliedschaft für unvereinbar zu erklären“. Damit korrigierten die höchsten Gremien der Partei auf Verlangen der Nachwuchsorganisation eine als „zahnlosen Tiger“ bezeichnete Distanzierung. Auf dem Bundesparteitag im November hatten die Delegierten noch für eine weitergehende Unvereinbarkeit von Parteimitgliedschaft und Zugehörigkeit zu einem der verschiedenen Korporations-Dachverbände votiert; dies war jedoch am Vorstand gescheitert, der nur in Einzelfällen einen Ausschluß von Verbindungsstudenten vorsehen wollte. Ursprünglich waren auch andere Verbände betroffen Mit ihrem jetzigen „Erfolg“ sind die engagierten Jungsozialisten jedoch immer noch weit hinter ihrem ursprünglichen Antrag zurückgeblieben: Denn anfangs richtete sich ihre Unvereinbarkeitsbemühung gleichermaßen gegen Burschenschafter, Landsmannschafter, Corpsstudenten und Angehörige katholischer Verbände. Nun ist aber noch nicht einmal mehr von der gesamten Deutschen Burschenschaft (DB) die Rede, sondern lediglich von der DB-internen Fraktion Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG). Bei der BG handelt es sich um den 1961 gegründeten Zusammenschluß verschiedener Burschenschaften aus der Bundesrepublik und Österreich, veranlaßt durch die kurz zuvor gescheiterte Aufnahme österreichischer Burschenschaften in den Dachverband Deutsche Burschenschaft. Heute besteht die BG aus 42 Burschenschaften und zahlreichen Einzelmitgliedern. Sie hat zum Ziel, hochschul- und verbandspolitische Positionen gemeinsam auf dem Burschentag, dem höchsten Gremium der DB, zu vertreten. Auch wenn sie von ihrem Selbstverständnis her keine „Partei“ innerhalb der DB ist, gilt sie in Fragen etwa des studentischen Fechtens (Betonung der „Pflichtmensur“) oder burschenschaftlicher Grundsätze als konservativ. Vor allem verteidigt sie traditionell – in Abgrenzung sowohl zu anderen Dachverbänden als auch zu „liberalen“ Burschenschaften – die betont politische Ausrichtung der Deutschen Burschenschaft. Juso-Chef Björn Böning, der Leiter der Projektgruppe Rechtsextremismus im Parteivorstand, Niels Annen und der Hochschulgruppen-Sprecher Sascha Vogt sehen in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft einen „rechtsextremen Kampfverband innerhalb der Deutschen Burschenschaft“, der sich durch „eine völkische, biologistische und großdeutsche Sichtweise“ auszeichne und „in den vergangenen Jahren immer wieder durch Aktionen im rechtsextremen Sumpf aufgefallen“ sei. Doch so ganz zufrieden sind die drei selbsterklärten Antifaschisten mit dem in dieser Form durchgesetzten Unvereinbarkeitsbeschluß immer noch nicht: „Da die Burschenschaftliche Gemeinschaft den Dachverband der Deutschen Burschenschaft programmatisch, personell und organisatorisch dominiert, wäre eine Unvereinbarkeit mit der gesamten Deutschen Burschenschaft der konsequentere Schritt gewesen“, heißt es in einer Erklärung der Jusos. Im übrigen ist der Beschluß noch nicht rechtsgültig; erst muß ihm noch am 24. April der SPD-Parteirat zustimmen. Die von den Jungsozialisten erhobenen Vorwürfe weisen die Deutsche Burschenschaft und die Burschenschaftliche Gemeinschaft vehement zurück. Sie bedauern darüber hinaus, daß der SPD-Vorstand „unter den Forderungen des offensichtlich ideologisch motivierten Jugendverbandes eingeknickt ist“. Vor allem kritisieren die vorsitzenden Burschenschaften von DB und BG, Alemannia Stuttgart und Danubia München, daß den von einem Unvereinbarkeitsbeschluß betroffenen Personen der „Dialog leider verweigert“ worden sei. Mit dem Beschluß knüpfe die SPD an „undemokratische Traditionen aus der Zeit vor den Godesberger Beschlüssen“ an. Ihrerseits mit einem formalen Abgrenzungsbeschluß zu reagieren, lehnt die DB ab. Die Burschenschaften fordern die Sozialdemokraten vielmehr auf, ihren Schritt noch einmal zu überdenken. SPD-Korporierte organisieren sich Unterdessen scheiterte ein von den Jusos beim nordrhein-westfälischen Landesparteitag am vergangene Wochenende eingebrachter Abgrenzungsantrag gegen Korporierte am ablehnenden Votum der Delegierten. Und auch sonst scheinen sich viele Sozialdemokraten in den Orts- und Kreisverbänden mit den verbindungsstudentischen Genossen zu solidarisieren. Einige von ihnen haben mittlerweile im Internet einen Gründungsaufruf für einen „Arbeitskreis sozialdemokratischer Korporierter“ plaziert. Im übrigen scheint sich die in letzter Zeit von einem nicht unerheblichen Mitgliederschwund gebeutelten Sozialdemokraten mit dem Abgrenzungsbeschluß selbst das Wasser abzugraben und der innerlinken Konkurrenz eine Dienst zu erweisen. Wie es heißt, sei bereits die Linkspartei an Sozialdemokraten mit dem Vorschlag herangetreten, im Falle eines Ausschlusses in ihre Reihen zu wechseln. Foto: Burschenschafter im vollen Wichs: Asyl bei der Linkspartei?