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Die Islamisierung der Insel

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Wer hat Ihnen denn gesagt, daß Ihnen Großbritannien gehört? Das Land gehört Allah“, rief Anjem Choudary in einer beliebten BBC-Sendung dem Moderator zu – und Millionen Briten vor den Bildschirmen waren leicht irritiert. Choudary, Anführer der Gruppe Al-Ghuraba, artikulierte nur, was in radikaleren Kreisen der britischen Muslime gängige Meinung ist. Nicht allein in ihren islamischen Herkunftsländern, in Saudi-Arabien, in Ägypten oder in Pakistan, solle die religiöse Scharia herrschen, die Islamisten beanspruchen prinzipiell universelle Gültigkeit für das Gesetz Allahs. Westliche Grund- und Freiheitsrechte sind Gruppen wie Al-Ghuraba ein Greuel. Ihre Abschaffung sei nur noch eine Frage der Zeit, erklärte Choudary den Briten. „Tötet jene, die den Islam verspotten“ Vergangene Woche organisierte „Al-Ghuraba“ eine Demonstration gegen den Abdruck der Mohammed-Zeichnungen in europäischen Zeitungen. Vor der französischen Botschaft versammelten sich gut zweihundert junge Araber und hielten Plakate hoch, die offen zu Straftaten aufriefen. „Tötet jene, die den Islam verspotten“ oder „Köpft jene, die den Propheten verhöhnen“, lauteten die Sprüche. Einige drohten gar mit kollektiven Terroranschlägen: „Europa, Du wirst bezahlen – Dein 9/11 kommt“ („Europe, you will pay – your 9/11 is on its way“). Neben den teils vermummten Islamisten standen mit versteinertem Gesicht ein Dutzend Polizisten. Die „Bobbies“ mit grellgelben Warnwesten wachten über den „ordnungsgemäßen Ablauf“ der Demonstration – schritten aber nicht ein. Tags darauf folgte ein Aufschrei der Presse: Weshalb konnten die Al-Ghuraba ungehindert ihre Mord- und Terrordrohungen verbreiten, weshalb wurde niemand verhaftet? Schließlich sind direkte Aufrufe zu Straftaten auch in Großbritannien, dem Land der freien Rede, eine Straftat. Die Polizei beschwichtigte. Sie habe die aufgeladene Szene vor der Botschaft nicht weiter eskalieren lassen wollen. Außerdem habe sie Bilder von den Demonstranten gemacht und könne bei Bedarf später noch ermitteln. Einigen Politikern, die auf den Zug der Empörung aufsprangen, waren diese Erklärungen zu schwach. Wieder einmal ergab sich der Eindruck, in Großbritannien könnten gewaltbereite Moslemgruppen ihre aggressive Propaganda ungehindert verbreiten – während Briten, die vor einer schleichenden Islamisierung warnen, sehr viel rascher im Gefängnis landen. Nick Griffin etwa, der Vorsitzende der rechtsgerichteten British National Party, wurde vergangenes Jahr im Morgengrauen verhaftet, weil er in einer internen Parteirede den Islam als eine „üble, gemeine Religion“ („wicked, vicious“) bezeichnet hatte. Griffins Aufenthalt in der Untersuchungszelle war nur von kurzer Dauer. Doch die Polizeiaktion und der Prozeß, der gerade gegen ihn läuft, sind Anzeichen einer zunehmenden Asymmetrie der Praxis der freien Rede in Großbritannien. Negative Meinungsäußerungen zum Charakter des Islam oder zu den Folgen weiterer Zuwanderung aus islamischen Ländern werden scharf verfolgt. Dagegen können Islamisten, die offen zu Gewalt und Verfolgung von Andersdenkenden aufrufen, mit viel Nachsicht und Toleranz der Behörden rechnen. So dauerte es fast ein Jahrzehnt, bis dem Treiben des extremistischen Imams Abu Hanza al-Masri ein Ende gesetzt wurde. Hamza, ein selbsternannter Scheich aus Ägypten und kriegsversehrter Veteran der afghanischen Mudschaheddin, der seit 1979 in London als „politischer Flüchtling“ von der Sozialhilfe lebt, predigte in der Moschee in Finsbury Park den Dschihad, den „Heiligen Krieg“ gegen Ungläubige. Wie sein Bruder im Geiste, Omar Bakri, der die radikale islamische Gruppe Al-Muhajirun („Die Exilanten“) steuert, hetzte Hamza al-Masri seine Anhänger mit offenen Haßgebeten auf. 1999 wurde er zwar von Scotland Yard verhört. Die Ermittler erklärten ihm jedoch: „Sie haben die Freiheit der Rede. Sie müssen sich keine Sorge machen, solange wir kein Blut auf der Straße finden“. Erst 2003 wurde die Moschee von Finsbury Park gestürmt, ein ganzes Jahr später dann endlich der Prediger festgenommen. Zum ersten Jahrestag des 11. September 2001 feierte Bakris Gruppe die Terroranschläge in der Moschee von Finsbury Park als „überragenden Tag der Geschichte“. Zu den Besuchern von Hamza al-Masris Freitagspredigten hatten ja auch Männer wie Richard Reid, der als „Schuhbomber“ bekannt wurde, sowie Zacharias Moussaoui gehört, der derzeit als verhinderter 20. Mittäter der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA vor Gericht steht. Nach Hamza al-Masris Verurteilung Mitte Februar zu sieben Jahren Haft wegen Anstiftung zum Mord wurde erst bekannt, daß bei Razzien im Umfeld der Nordlondoner Moschee auch Waffen und Ausrüstung, darunter ABC-Schutzanzüge, sichergestellt wurden. Offenbar wurde das Gelände als Übungslager für Terroristen genutzt. Die Anschläge vom 7. Juli 2005 in London, bei denen 52 Menschen getötet und mehr als 700 verletzt wurden, haben die Briten aus ihren multikulturellen Träumen gerissen. Erschrocken nahmen sie zur Kenntnis, daß die vier Attentäter, drei davon pakistanischen, einer jamaikanischen Ursprungs, bei ihren Nachbarn als gut integrierte Einwanderer der zweiten Generation und „echte Briten“ galten. Die bereits verschärften Sicherheitsgesetze werden nun konsequenter angewandt. Aber zugleich hat die Terrorserie viele Briten eingeschüchtert. Kritische Töne gegenüber dem legalistischen Islam, der auf Gewalt verzichtet, sind kaum noch zu hören. Um eine weitere Radikalisierung der rund zwei Millionen Menschen umfassenden, rasch wachsenden muslimischen Bevölkerungsgruppe auf der Insel zu verhindern, setzen Politik und Medien auf eine Strategie der Besänftigung des Islams. Dazu gehört, daß sämtliche britischen Zeitungen davor zurückschreckten, nur eine einzige der zwölf dänischen Mohammed-Zeichnung nachzudrucken. In einem Kommentar verwiesen selbst die Boulevardblätter, die sonst keinen Skandal zu bebildern vergessen, auf die Gefühle der „hochgeschätzten muslimischen Leser“. Zwar versicherte Premier Tony Blair Dänemark die „volle Solidarität und Unterstützung“ im Streit um die Karikaturen und die Pressefreiheit. Omar Bakri hingegen konnte – bislang ohne Konsequenzen – in einem Interview verkünden, jeder Mensch, der den Propheten beleidige, gehöre „bestraft und hingerichtet“. Demonstration in London: Die Polizei wollte eine Eskalation vermeiden, bei Bedarf soll später ermittelt werden Foto: Picture-Alliance / dpa

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