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Mit stumpfen Waffen gegen Parallelgesellschaften

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Konrad Tack von der Arbeitsagentur Berlin-Süd hat viel zu tun. Er verwaltet in einem der größten deutschen Arbeitsämter – Berlin-Süd reicht von Zehlendorf im Westen bis nach Köpenick im Osten der Hauptstadt – die sogenannten Ein-Euro-Jobber. Dabei ist er oft genug auf den „Leumund der Träger angewiesen“. Es könne daher schon sein, daß „hier möglicherweise gegen Auflagen verstoßen wird“. Zu überprüfen ist das allerdings nur schwer. Alleine 2.500 Ein-Euro-Jobs wurden hier bereits vergeben. Die Arbeitsagenturen sind mit dem Aufwand, der durch die Hartz-IV-Reform der rot-grünen Bundesregierung entstanden ist, hoffnungslos überfordert. Die Regelung ist seit Januar in Kraft. Eine andere Regelung, die ebenfalls seit Anfang des Jahres gilt, hat dagegen keinerlei Veränderungen ausgelöst. Gemeint ist das sogenannte Zuwanderungsbegrenzungsgesetz. Der Neuköllner Bezirksverordnete Andreas Lück (FDP) hat daher bei seinem Bezirksamt nachgefragt, wie oft integrationsunwillige Ausländer bislang in dem Bezirk mit Sanktionen belegt worden sind, zum Beispiel durch die Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder durch die Kürzung der Grundsicherung. Diese Formen der Sanktionen gegenüber „integrationsunwilligen“ Ausländern (also solchen, die sich beispielsweise weigern, einen Deutsch-Kurs zu besuchen) sieht das Zuwanderungsgesetz unter anderem vor. Aber: Selbst in Berlins Problembezirk Nummer eins mit einem Ausländeranteil von über 20 Prozent wird davon offenbar kein Gebrauch gemacht. Das Bezirksamt Neukölln hat bei der Ausländerbehörde nachgefragt und festegestellt, daß bislang keine Berichte über Sanktionen vorlägen. Ferner würden die im Gesetz angedrohten Sanktionen wie etwa die Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis statistisch nicht erfaßt. Außerdem ließen sich die Daten der Landesbehörde nicht auf Bezirke zurückführen. Hinsichtlich der Kürzung der Grundsicherung (Arbeitslosengeld II) antwortete Bezirksstadtrat Michael Büge (CDU): „Auf eine entsprechende Anfrage zu dieser Thematik teilte der Geschäftsführer des Jobcenters Neukölln mit, daß seine Verwaltung zwar diesbezüglich Meldung an das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgebe, aber bedauerlicherweise keine Rückläufe erhalte. Insofern erfährt das Jobcenter nicht, wer an dem Integrationskurs teilgenommen hat oder nicht.“ Die Linke hatte das Gesetz heftig kritisiert Die Sanktionen – mit großem Brimborium bei der Verabschiedung des Gesetzes 2004 angekündigt – kommen also offenbar in der Praxis kaum oder gar nicht zur Geltung. Vor dem Zuwanderungsgesetz war die Entscheidung über die „Sprachförderung“ eine Aufgabe der Arbeitsagentur. Jetzt ist die Ausländerbehörde dafür verantwortlich. Und die Arbeitsagentur Berlin-Süd zeigt sich unfähig oder unwillig, entsprechende Sanktionen zu verhängen. Betroffen sind Tausende: Von den 51.000 Arbeitsuchenden der Arbeitsagentur Berlin-Süd allein in Neukölln sind mehr als ein Drittel Nicht-Deutsche. Viele von ihnen sind aufgrund von sprachlichen und fachlichen Unzulänglichkeiten auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar. Andreas Lück, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln, kritisiert: „Wenn die für Integrationsverweigerer vorgesehenen Sanktionen durch die Verwaltung faktisch nicht durchgesetzt werden, braucht sich niemand darüber wundern, wenn die vorhandenen Parallelgesellschaften weiterwachsen und früher oder später zu französischen Verhältnissen führen.“ Bei der Verabschiedung des Gesetzes hatte es noch heftige Kritik von links an den Sanktionsmöglichkeiten gegeben. So schrieb die taz im April 2004: „Das rot-grüne Zuwanderungsgesetz wird weiter demontiert.“ Damals verteidigte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz die Einigung im Vermittlungsausschuß. Der Integrationsbedarf sei bei den Ausländerbehörden gut aufgehoben, sagte er. Wer sich der Pflicht zu Sprachkursen mutwillig entziehe, müsse damit rechnen, daß Sozialleistungen gekürzt werden. Bei Ausländern ohne festen Aufenthaltsstatus könne die Sanktion auch darin bestehen, daß sie keine Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung bekämen. War abzusehen, daß die Dinge einen anderen Verlauf nehmen würden? Schon im Sommer 2004 wurde im Berliner Abgeordnetenhaus eine Große Anfrage zu dem Themenkomplex behandelt. Heftig versuchten damals Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) derlei Befürchtungen zu zerstreuen. Doch schon vor Inkrafttreten des Gesetzes wurde von einem Abgeordneten die Sorge artikuliert, daß es mit der Umsetzung hapern könnte. In der Debatte am 11. November 2004 sagte der FDP- Abgeordnete Rainer-Michael Lehmann vor dem Abgeordnetenhaus: „Ich habe so meine Zweifel, daß die Ausländerbehörde reibungslos die Zuweisung und Überwachung der Integrationskurse und vor allem die Zusammenarbeit mit den Agenturen für Arbeit bei den Niederlassungserlaubnissen bewältigen kann.“

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