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Neue Grenzen und alte Probleme Carl Gustaf Ströhm

Neue Grenzen und alte Probleme Carl Gustaf Ströhm

Neue Grenzen und alte Probleme Carl Gustaf Ströhm

 

Neue Grenzen und alte Probleme Carl Gustaf Ströhm

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Für die südosteuropäische Staatenwelt ergeben sich durch die EU-Erweiterung erhebliche Veränderungen. Seit 1. Mai ist die slowenisch-kroatische Grenze eine EU-Außengrenze, wodurch der enge Kontakt zwischen beiden Ländern erschwert wird. Mit Slowenien ist nun erstmals eine frühere jugoslawische Teilrepublik Mitglied in der EU. Zusammen mit dem Beitritt Ungarns bedeutet dies, daß die EU-Regeln und Vorschriften nun bis nach Südosteuropa hineinreichen werden – und die Probleme umgekehrt bis nach Brüssel oder Berlin. Die Frage, die künftig zu stellen ist, lautet: Wie weit reicht der politische und ökonomische, aber auch strategische Einfluß der EU auf den Balkan? Wie wird sich die verstärkte EU-Präsenz auf das komplizierte Beziehungsgeflecht der bis 1990 kommunistischen Staaten untereinander und auf Drittstaaten auswirken? Unter den Südoststaaten gibt es sehr unterschiedliche, wenn nicht gegensätzliche Entwicklungsstufen. Zudem entsprechen die nach 1918 bzw. 1945 willkürlich gezogenen Grenzen oftmals nicht den Siedlungsgrenzen der Völker. Insgesamt weit über zwei Millionen Ungarn leben außerhalb der heutigen Republik Ungarn hauptsächlich in Rumänien, der Slowakei, Serbien und der Ukraine. Serben wiederum leben in allen Nachfolgestaaten Jugoslawiens – die meisten in dem Kunststaat Bosnien-Herzegowina. Fast drei Millionen Rumänen leben im bitterarmen Moldawien. Und von Polen bis runter nach Bulgarien lebt eine mehrere Millionen starke „Minderheit“ von Zigeunern – von denen ein Großteil inzwischen EU-Bürger sind. Die auf einen EU-Beitritt im Jahre 2007 hoffenden Länder Rumänien und Bulgarien tendieren dazu, sich als Balkan zu empfinden und zu definieren. Im Gegensatz zu Bulgarien macht Rumänien dabei die Einschränkung seiner „Latinität“ (in Sprache und Schrift), also einer gewissen Verwurzelung im Westen geltend. Zudem lebt im einst zur k.u.k.-Monarchie gehörenden Siebenbürgen immer noch eine millionenstarke ungarische Minderheit, die katholisch oder reformiert ist und sich an Budapest orientiert. Beide – Rumänen und Bulgaren – sind orthodox und fühlen sich historisch eher dem klassischen Begriff Byzanz verbunden. Kroatien war jahrhundertelang ungarisch bzw. habsburgisch und tendiert zur mediterranen und mitteleuropäischen Welt. Die tiefe Abneigung der katholischen Kroaten gegen den „Balkan“ als Inbegriff des Ungezügelten und Wilden ist nur so zu erklären. Kroaten und Serben sind zwei Völker, die durch eine gemeinsame Sprache (mit unterschiedlicher Schrift) voneinander getrennt sind – was immer noch eine oft erschreckende Gültigkeit hat. Die Kroaten wollen sich gegen die „Balkanisierung“ wehren, waren aber oft in ihrer Geschichte gewaltsamen Schüben einer solchen ausgesetzt. Ein weiteres Element des Balkans ist der autochthone Islam – Folge der türkisch-osmanischen Invasion bis tief in den Westen hinein (Belagerung Wiens 1529 und 1683). Das Urvolk der Albaner ist mehrheitlich islamisch (teilweise katholisch) und lebt, neben dem Mutterland, im Kosovo und Mazedonien – derzeit ohne Aussicht auf echten Frieden mit den slawischen Nachbarn. Otto von Bismarck sagte dereinst, der Balkan sei ihm nicht die Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert. Leider gab die Geschichte ihm unrecht: Im Zweiten Weltkrieg wurde der Balkan zur Knochenmühle für pommersche und andere Grenadiere. Die balkanische Zukunft bleibt ungewiß.

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