Zumindest beim NDR ist der erste zaghafte Versuch, eine öffentlich-rechtliche Sendung jenseits der üblichen linken Deutungsmuster zu etablieren, offenbar vorbei. Die verantwortliche Journalistin, die 31jährige Julia Ruhs, wird ihrem Format „Klar“ voraussichtlich Lebewohl sagen müssen, wie die Welt berichtet. Weitere Folgen will der Norddeutsche Rundfunk zwar drehen – aber mit einer anderen Moderatorin. Lediglich, die „Klar“-Folgen, die der BR produziert, sollen auch weiterhin mit Ruhs stattfinden.
Der Grund: Linke Kollegen haben gegen die Sendung Front gemacht. Allen voran die NDR-Journalisten Anja Reschke und Daniel Bröckerhoff. Letzterer unterrichtet auch an der Online-Akademie von Correctiv. Begonnen hatte alles im April. Kurz nachdem die erste Folge von „Klar“ ausgestrahlt wurde – es ging um den Vater eines beim Messerangriff in Brokstedt getöteten Mädchens und die Probleme der Migrationspolitik (JF berichtete) – überreichten Mitarbeiter des NDR der Chefetage einen „Offenen Brief“.
NDR-Mitarbeiter distanzieren sich von Ruhs Sendung
Unterzeichnet haben diesen fast 250 Mitarbeiter, die sich zuvor wohl während der Dienstzeit in einer geheimen Signal-Gruppe organisiert hatten. In dem Brief wird scharfe Kritik an Ruhs und ihrer Sendung geäußert. So verletzte „Klar“ in den Augen der Unterzeichner „eine Reihe von Grundsätzen unserer journalistischen Arbeit“ und komme „unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag gemäß NDR-Staatsvertrag nicht nach“.
Die Unterschreiber distanzieren sich von der Sendung und wünschen sich „eine Aufarbeitung der Entscheidungen, die dazu geführt haben, daß dieser Film so über den Sender gegangen ist“. Zudem wird Ruhs vorgeworfen, sie habe in ihrer Moderation die Arbeit ihrer Kollegen „mißachtet“, indem sie den Eindruck erwecke, das Thema Migration sei im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bislang nicht behandelt worden.
Tatsächlich hatte Ruhs ihre erste Sendung mit den Worten eingeleitet, in den vergangenen Jahren sei „viel von Diversität gesprochen“ worden, dies sei aber häufig „mit dem Ausblenden unliebsamer Themen und Meinungen“ einhergegangen. Für die Menschen, die dies so empfinden würden, sei ihre Sendung ein Angebot.
Die Mitarbeiterbesprechung verkommt zum „Gründonnerstagstribunal“
Ein Angebot, das offenbar gut ankam: nach bislang unveröffentlichten Umfrageergebnissen bewertete auch unter Nicht-Konservativen eine Mehrheit die Sendung positiv. Sie sei glaubwürdig, habe Substanz und präsentiere persönliche Geschichten. Etwa zwei Drittel der Zuschauer vergaben Bestnoten – sowohl für „Klar“ als auch Ruhs.
Keine Bestnoten vergaben hingegen die annähernd 250 Beschwerder. Nachdem sie den Anklagebrief eingereicht haben, teilen sie während einer Besprechung innerhalb des Senders am 17. April – zu dieser Art von Nachbesprechung lädt NDR-Chefredakteur Adrian Feuerbach regelmäßig ein –, was sie sonst noch an der Sendung der Kollegin gestört habe. Diese sei auf einem „oberflächlichen und undifferenzierten Niveau“ und wolle „offenbar spalten“. Der Mitarbeiterbesprechung wird später der Spitzname „Gründonnerstagstribunal“ verpaßt.
Auch mit migrantischen NDR-Mitarbeitern wird argumentiert. Diese hätten auf die Sendung „mit anhaltender Verstörung reagiert“. Schließlich seien sie „seit Jahren Anfeindungen ausgesetzt“ und zwar durch jene Gruppe, „die mit dem Format mutmaßlich angesprochen werden soll“.
NDR-Moderator behauptet, Konservative könnten nicht denken
Auch den übrigen NDR-Kollegen ist klar, aus welcher Ecke diese Anfeindungen kommen. Das „rote Lager“ wird es senderintern genannt. Einer der Unterzeichner, Bröckerhoff, hatte zuvor noch in der Sendung „Zapp“ behauptet, Konservative seien unfähig zu kritischem Denken und ließen sich weitestgehend durch Emotionen leiten. Dies hätten angeblich niederländische Forscher herausgefunden.
Nachdem sich Zuschauer beschwert hatten, mußte Bröckerhoff schließlich selbst zurückrudern. In einem Entschuldigungsvideo räumte er ein, daß die von ihm zitierten Forschungsergebnisse die von ihm behaupteten Thesen gar nicht hergäben. Der Moderator gab selbst zu, gegen journalistische Standards verstoßen zu haben. Folgen hatte es für ihn nicht.
Dazu, daß ausgerechnet dieser Moderator nun eine Fehde gegen eine Kollegin mit anführt, will sich der NDR nicht äußern. „Der NDR fördert eine offene Diskussionskultur und schützt seine Mitarbeitenden, indem er den internen Austausch vertraulich behandelt und keine öffentlichen Auskünfte darüber erteilt“, erklären Verantwortliche.
Helfen wird das Ruhs wohl nicht mehr
Kurz darauf beginnt Anja Reschke gegen Ruhs zu schießen. In einer Sendung des ARD, „Reschke-Fernsehen“ genannt, etwa drei Monate nach der ersten Sendung von „Klar“, spricht die 52jährige eigentlich über die AfD. Zu Beginn der Sendung führt sie dabei eine Unterhaltung mit einer Handpuppe. Diese rügt: „Aber ihr sollt doch jetzt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk alle Meinungen zu Wort kommen lassen, auch wenn sie ein bisschen rechtsextrem sind. Das ist doch klar.“ Darufhin schaut Reschke genau in die Kamera und betont: „Ja. Klar.“
Anja Reschke diffamiert in der ARD das ARD-Format „Klar“ von Julia Ruhs (getarnt in einem super subtilen Witz, haha) als „rechtsextrem“. Nicht rechts – rechtsextrem.
Abgesehen von der abstoßenden kollegialen Art – selten wurde so klar, wie unfassbar verrannt weite Teile des ÖRRs… pic.twitter.com/psdRZYSh2v
— Max Mannhart (@maxmannhart) July 25, 2025
Im Nachhinein entschuldigt zwar NDR-Hauptabteilungsleiterin Carola Conze die Sendung mit den Worten, es sei zu bedauern, falls der Eindruck entstanden sei, „die Redaktion von ‘Reschke-Fernsehen’ würde die Redaktion von ‚Klar‘ als rechtsextrem einschätzen“. Desweiteren sei die Sache intern zu klären.
Helfen wird das Ruhs mutmaßlich nicht mehr. Obwohl die endgültige Entscheidung am Dienstag fallen soll, ist die NDR-Spitze nach Welt-Informationen fest entschlossen, sie vom Moderationsposten zu entfernen.