GIESSEN/FRANKFURT AM MAIN. Vier Tage nach dem brutalen Angriff auf ein Kamerateam von Tichys Einblick (TE) hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) erstmals über das Thema berichtet. In einem kurzen Absatz erwähnt sie die Attacke während der Proteste gegen die Gründungsveranstaltung der AfD-Jugendorganisation und suggeriert, die Darstellung sei nicht glaubwürdig. Doppelt so lang darf dann der DGB, vor dessen Bühne die Schläger die Reporter um Maximilian Tichy verbal und mit Fäusten angingen, erklären, daß dies nicht stimme.
Medienredakteur Michael Hanfeld verwendet sogar einen im Journalismus verpönten Pleonasmus, also eine Aneinanderreihung sinngleicher Wörter, um möglichst große Distanz erkennen zu lassen: „nach eigenen Angaben angeblich“ sei es TE „ähnlich“ ergangen wie dem Bild-Reporter Paul Ronzheimer.
Dieser war, als er auf den Gießen-Demos für Sat1 eine Reportage drehte, von Linksextremisten -darunter den „Omas gegen Rechts“ – solange bedroht worden, bis die Polizei ihn und seine Kollegen für mehr als eine Stunde an einen sicheren Ort brachte. Geschlagen wurde er indes nicht. Insofern ist der Angriff nicht „ähnlich“ abgelaufen wie der auf Tichys Einblick, sondern anders – nämlich ohne physische Gewalt.
„FAZ“ spricht von „Rechts-außen-Portal“
„Nach eigenen Angaben angeblich“ ist auch inhaltlich hanebüchen, weil der Angriff sehr gut mit der Kamera dokumentiert wurde. Zehntausende haben das Video in den sozialen Medien inzwischen gesehen. Der Hauptschläger ist identifiziert. Die Polizei ermittelt.
Doch die fünf Zeilen, die Hanfeld für die verzerrte Darstellung über das Geschehen verwendet, füllt er auch noch mit der abwertenden Bezeichnung, TE sei ein „Rechts-außen-Portal“. Damit gibt er seiner Botschaft einen weiteren distanzierenden Spin. Die Journalisten-Kollegen, die anders als Hanfeld ihr Büro verlassen haben, nennt er nicht Reporter, sondern „Personen“.
Um der TE-Darstellung zu widersprechen, ein Sprecher habe von der Gewerkschafts-Bühne herab den Mob aufgefordert, das Kamerateam vom Platz zu entfernen, bekommt der DGB dann auf doppelt so viel Platz, nämlich auf zehn Zeilen. Ohne einen Namen des Zitatgebers zu nennen, schreibt der FAZ-Redakteur, der DGB Hessen-Thüringen weise die Darstellung „entschieden“ zurück.
DGB-Darstellung unkritisch übernommen
Dem seiner Arbeit nachgehenden Fernsehteam sei „aufgrund störenden Verhaltens“ der Verbleib „im unmittelbaren Versammlungsbereich untersagt“ worden. Dies stelle „keinen Eingriff in die Pressefreiheit dar“. Diese sei „zu jeder Zeit gewahrt“ worden. Hanfeld, der in anderen Artikeln gern über journalistische Sorgfaltspflicht doziert, stellt zu dieser steilen These keine Frage.

Auch dem fragwürdigen Vorwurf des DGB, der die Opfer implizit zu Tätern macht, es habe „Hinweise zum Umgang mit Filmaufnahmen ohne klaren Medienbezug“ gegeben, veröffentlicht Hanfeld ohne eine Antwort auf ein sich hier aufdrängendes kritisches Nachbohren. Dabei dürfte jeden Journalisten interessieren, was damit gemeint sein könnte. (fh)






