Darf es noch ein bißchen mehr sein? Diesem unausgesprochenen Motto folgt der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch nach den Skandalen rund um den Hauptstadt-Sender RBB. Statt zu sparen, verlangen die Sender, die 2022 erstmals mehr als zehn Milliarden Euro einkassierten, deutlich mehr Geld.
„Die ARD will in den kommenden Jahren mehrere hundert Millionen Euro in die Entwicklung von Technologie investieren. Dabei geht es zunächst um den Ausbau des gemeinsamen Streamingnetzwerks mit dem ZDF“, kündigte ARD-Chef Kai Gniffke jüngst an. Bis zu 300 neue Stellen sollen geschaffen werden.
Kommt der 25-Euro-Rundfunkbeitrag?
Um das Geld zusammenzubekommen müßten die Rundfunkbeiträge wohl drastisch von derzeit 18,36 Euro im Monat auf rund 25 Euro steigen. Unterstützung bekommen die Länder vom Deutschen Journalistenverband. Die derzeitige Inflation soll laut Verbandschef Frank Überall auch für WDR-Mitarbeiter durch eine Anhebung des Rundfunkbeitrags ausgeglichen werden.
Allerdings haben das letzte Wort zu den Gebührenerhöhungen in Deutschland die Bundesländer, auch wenn das Bundesverfassungsgericht deren Mitspracherechte 2021 einschränkte, als es der Klage der Sender stattgab. Doch wie ticken die einzelnen Landesregierungen eigentlich? Welcher Ministerpräsident ist für oder gegen eine Erhöhung? Und welche Landeschefs meiden das Thema? Die JF gibt einen Überblick:
Baden-Württemberg
Nach Aussagen des Staatssekretärs Rudi Hoogvliet (Grüne) haben die Vorkommnisse beim RBB zu einer „Vertrauenskrise“ geführt. Das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beruhe jedoch auf Akzeptanz und Vertrauen. Eine sparsame, wirtschaftliche und vor allem transparente Verwendung der Beitragsgelder müsse sichergestellt werden. Eine endgültige Bewertung wollte Hoogvliet allerdings noch nicht abgeben.
Bayern
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich im vergangenen Jahr dafür ausgesprochen, die Höhe des Rundfunkbeitrags einzufrieren. Dieses Vorgehen bekräftigt nun auch CSU-Generalsekretär Martin Huber. „Die Rundfunkgebühren dürfen nicht weiter steigen, im Gegenteil: Auch bei ARD und ZDF ist Sparsamkeit angesagt.“ Drei Jahre zuvor hatte Söder noch gefordert, daß die Gebühr an die Inflationsrate gekoppelt sein und sich automatisch erhöhen sollte.
Im Osten ist der Widerstand groß
Berlin
In der Bundeshauptstadt ist derzeit noch nicht klar, wer den Berliner Senat in den kommenden Jahren als Regierender Bürgermeister führen wird. Noch-Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) hatte bereits Januar deutlich gemacht, daß der Rundfunkbeitrag „stabilisiert“ und über 2025 auf „jetzigem Niveau“ gehalten werden müsse.
Brandenburg
Ein klares „Nein“ gegen eine Erhöhung der umbenannten GEZ kommt aus Potsdam. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte: „Es wird und kann 2024/2025 keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags geben. Wir haben erlebt, wie der RBB das Geld der Beitragszahler in Dinge gesteckt hat, die nicht notwendig waren.“
Bremen
Der rot-grüne Bremer Senat läßt sich noch nicht in die Karten schauen und äußerte sich zurückhaltend. Die Landesregierung werde es begrüßen, sollte die Erhöhung des Rundfunkbeitrags an ein „Mehr an Akzeptanz und eine relative Beitragsstabilität“ gekoppelt sei, machte ein Sprecher deutlich.
Hamburgs Bürgermeister auf Tauchstation
Hamburg
„Vorerst nicht zu Wort melden“ möchte sich Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) auf eine Anfrage der Welt hin zur Gebühren-Debatte. Der Hamburger läßt sich also alle Optionen offen.
Hessen
Medien-Staatsminister Axel Wintermeyer (CDU) mahnt „Zurückhaltung bei der Bedarfsanmeldung“ an. Eine klare Zustimmung oder Ablehnung gab es von Seiten der hessischen Regierung allerdings noch nicht.
Mecklenburg-Vorpommern
Zurückhaltend gibt sich auch die rot-rote Landesregierung im Nordosten. „Aus Sicht Mecklenburg-Vorpommerns ist es wichtig, daß Ausgaben begrenzt werden, damit die Rundfunkbeiträge stabil gehalten werden können“, sagte ein Sprecher von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).
Niedersachsen will Stabilität
Niedersachsen
Der Chef der niedersächsischen Staatskanzlei, Jörg Mielke, gab an, daß sich eine Beitragserhöhung derzeit nicht vertreten ließe. Der Rundfunk müsse zunächst seine „internen Strukturen“ durchleuchteten, „und zwar sowohl im Hinblick auf das Gehaltsgefüge als auch auf den Produktionsaufwand“, sagte Mielke der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
Nordrhein-Westfalen
Der Medienminister und Chef der Staatskanzlei, Nathaniel Liminski (CDU), mahnte einen „stabilen Beitrag“ an. Damit der Rundfunk als pflichtfinanziertes System dauerhafte Akzeptanz finde, müsse er mit qualitätsvollen Produkten und effizienten Strukturen überzeugen. Dazu brauche es angesichts der Inflation eine „kostenbewußte Führung in den Sendern“.
Rheinland-Pfalz
Die Landesregierung hat sich bislang nicht deutlich zur geplanten Beitragserhöhung geäußert. Gegenüber der Welt verwies ein Sprecher auf das übliche Verfahren. Die Ampelkoalition in Wiesbaden hält sich also alle Optionen offen.
Sachsen-Anhalt macht Front
Saarland
Die saarländische Regierung hat noch keine klare Stellungnahme zur Gebührenerhöhung abgegeben.
Sachsen
Die Landesregierung aus CDU, SPD und Grünen hat offiziell noch keine Position gefunden. Während Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) seit Jahren fordert, den Beitrag stabil zu halten, wollen sich seine Koalitionspartner noch nicht aus dem Fenster lehnen.
Sachsen-Anhalt
Am größten ist der Widerstand gegen eine GEZ-Erhöhung in Sachsen-Anhalt. Bereits Ende 2020 gab es im Landtag gegen die Stimmen von AfD und CDU keine Mehrheit für eine Erhöhung, die dann erst das Bundesverfassungsgericht durchwinken mußte. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) läßt auch derzeit kaum ein Interview aus, ohne die politische Korrektheit bei ARD, ZDF und Co. zu kritisieren. Den Rundfunkbeitrag will er auf „absehbare Zeit“ einfrieren.
Unklarheit in Thüringen
Schleswig-Holstein
Der Chef der Kieler Staatskanzlei, Dirk Schrödter (CDU), gab an, Beitragssteigerungen würden „nicht in die Zeit“ passen. Er erwarte von den Anstalten „Kostendisziplin“ und „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“.
Thüringen
Unklarheit herrscht in Thüringen. Die Minderheitsregierung aus Linkspartei, SPD und Grünen hat sich bisher genauso wenig zu einem Anstieg der Rundfunkgebühren geäußert wie Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei).
(ho/lb)