Das „Endspiel der Populisten“ beschrie die gestrige Ausgabe von „Hart aber fair“. Für die Sendung, in der es vor allem um die unter Beschuß stehenden „Rechtspopulisten“ Donald Trump und Boris Johnson gehen sollte, hievte Frank Plasberg eine Diskussion auf die große Fernsehbühne, wie sie so oder so ähnlich auch in der Kantine des WDR hätte stattfinden können.
Die Debatte war vor allem von weitgehender Einigkeit über die in der hiesigen politischen und medialen Klasse üblichen Allgemeinplätze geprägt. Wer auf Grund der auf den ersten Blick zumindest in Teilen durchaus fachkundigen Gästebesetzung auf eine tiefergehende, polit-analytische Gesprächsrunde oder gar auf neue Erkenntnisse gehofft hatte, wurde enttäuscht.
Kurze Anflüge von Realismus
Die Korrespondentin und Studioleiterin des ARD-Büros in London, Annette Dittert, war offenbar hauptsächlich eingeladen worden, um ihre persönlichen Eindrücke und ihre privaten Ansichten vorzutragen. Sowohl zu der politischen Situation in Großbritannien als auch zur Lage in den USA. Sie berichtete, daß sie auf Grund ihrer europäischen Herkunft und ihrer pro-europäischen Haltung Freunde verloren habe und auf viele Dinner-Partys einfach nicht mehr eingeladen werde. Dies ist etwas, von dem wohl so ziemlich jeder böse Rechtspopulist ein Lied singen oder vielleicht sogar rappen könnte. Man läßt ihn nur in der Regel nicht. Schon gar nicht in einem öffentlich-rechtlichen Fernsehstudio.
Der Politikwissenschaftler Christian Hacke brachte zumindest ein wenig Nüchternheit und Realismus in die antipopulistische Gesprächsrunde. Große Hoffnung auf eine Abwahl oder gar eine erfolgreiche Amtsenthebung hat er, zumindest was Donald Trump angeht, nicht. Obwohl der US-Präsident natürlich ein „fieser Möpp“ mit gräßlichem Auftreten sei.
„Das entscheidende sind die harten Daten“, sagte er. Solange die Wirtschaft brumme und Trump seinen Wählern auch durch den Umgang mit China das Gefühl gebe, daß Amerika wieder groß ist, würden seine Beliebtheitswerte nicht schwinden. Dabei ist ihm bewußt, wie unpopulär eine solche Aussage in Deutschland ist, deshalb betonte er auch immer wieder hektisch, „kein Trump-Fan“ zu sein.
Eine deutsche USA-Studentin berichtet über ihre Erfahrungen
Auch der Schriftsteller James Hawes, dessen Hauptkompetenz für den Auftritt in der Polit-Talkshow sein britischer Akzent zu sein schien, zeigte sich pessimistisch. „Trump und Johnson sind fast nicht zu bändigen“, beklagte der Uni-Dozent und gab daran auch dem Zweiparteiensystem der beiden Länder eine wesentliche Mitschuld. Immer wieder verlor sich die Diskussion in solchen Phrasen und vermeintlichen Binsenweisheiten, wie man sie aus unzähligen pseudointellektuellen Partygesprächen in progressiven Feierrunden kennt.
Auf welchem Niveau die Themen im ARD-Polittalk an diesem Abend behandelt wurden, zeigte auch das Gespräch mit einer deutschen Studentin, die mal eine Zeit lang bei einer Trump-Anhängerin in den USA gewohnt hat und nun eingeladen war, um eine gesellschaftspolitische Analyse über die amerikanische Bevölkerung abzugeben. Sie hat während ihrer Zeit in den USA übrigens den Wahlkampf der Demokratischen Partei unterstützt.
Daß diese politischen Unterschiede bei ihrer Gastfamilie nicht zum Problem wurden, habe daran gelegen, daß sie sich mit ihrer Gastmutter so gut verstanden habe. Wirklich interessant wäre hier natürlich die Frage gewesen, ob sie denn glaube, daß sie einen solch menschlich entspannten Umgang auch erfahren hätte, wenn sie als Trump-Fan bei einer Unterstützerin von Hillary Clinton gewohnt hätte. Aber wie die meisten wirklich interessanten Fragen, stellte Plasberg auch diese natürlich nicht.
Röttgen legt den peinlichsten Auftritt hin
Kaum weniger enttäuschend als die Wortbeiträge der vermeintlichen Expertenrunde, waren die des Vizepräsidenten der „US-Republicans Abroad Germany“, Ralph Freund. Seine Präsentation der Erfolge von Donald kam eher zurückhaltend daher und auch er unterschied beim Mann im Weißen Haus betont zwischen „Stil und Inhalt“. Mag sein, daß er die anderen Gesprächsteilnehmer oder gar das deutsche Fernsehpublikum mit seinem sehr passiven Auftreten nur beschwichtigen wollte; der Republikaner wirkte dadurch aber wenig überzeugend in seiner Verteidigung Trumps.
Den mit Abstand peinlichsten Auftritt des Abends legte aber mal wieder mit großem Abstand Norbert Röttgen hin. Während alle anderen Gäste bei aller Antipathie für Trump doch noch ein gewisses Maß an Reflektiertheit an den Tag legten und die Gründe für Trumps Beliebtheit bei vielen Amerikanern zumindest im Ansatz zu verstehen schienen, sprach der CDU-Mann dem in seinen Kreisen so verhaßten US-Präsidenten jegliche Erfolge ganz und gar ab.
Die wirtschaftliche Lage in den USA habe nichts mit Trump zu tun, glaubte er zu wissen. Dies dürften viele US-Amerikaner deutlich anders sehen. Vor allem die meisten ehemals arbeitslosen „Blue Collar Worker“, die heute wieder in Lohn und Brot sind, weil Trump unzählige ins Ausland verlagerte Industriejobs gegen alle internationalen Trends und wider dem globalistischen Mainstream wieder zurück in die Heimat geholt hat. So etwas wie einen guten Populismus gibt es laut Röttgen aber nicht. Auch hier würden ihm wohl zahlreiche Amerikaner deutlich widersprechen.