LÜNEBURG. Das Verwaltungsgericht Lüneburg entscheidet am Mittwoch im Streit über ein Wehrmachtsdenkmal in der niedersächsischen Hansestadt. Ein in Ungarn lebender Holocaust-Überlebender sowie zwei weitere Juden verlangen von der Stadt, den Gedenkstein für die 110. Infanterie-Division der Wehrmacht zu verhüllen.
„Die Kläger wollen eine Klarstellung, daß die Division an Verbrechen beteiligt war“, sagte Gerichtssprecherin Ines Meyer-Albrecht der Nachrichtenagentur dpa. Der Mann aus Budapest habe 2015 in Lüneburg dem Prozeß gegen den NS-Mann Oskar Gröning als Nebenkläger beigewohnt. Bei diesem Besuch sei ihm der Gedenkstein aufgefallen und er habe das Gerichtsverfahren initiiert. Die weiteren Kläger seien ein Mann aus London sowie eine Frau aus der Region Hannover. Sie sehen sich von dem Denkmal in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt.
Das Denkmal war 1960 errichtet worden. Ende 2018 stellte die Stadt eine neue Informationstafel auf. Darauf steht, der zunächst als „Ehrenmal“ errichtete Gedenkstein sei „ein Dokument für den unreflektierten Umgang mit der NS-Vergangenheit, der in den 1960er Jahren noch in vielen Städten und Einrichtungen präsent war“. Heute sei er „umstritten und Stein des Anstoßes – schmerzhaft in seiner Aussage, verletzend für die Nachfahren der Opfer, unverständlich für die nachfolgenden Generationen“.
Wehrmachtsdenkmal beschmiert und beschädigt
Die Infanteriedivision war als Teil der 9. Armee im März 1944 in Weißrußland im Einsatz. Dort zwang sie weite Teile der Bevölkerung zu Arbeitseinsätzen und internierte arbeitsunfähige Personen in Sammellagern an der deutsch-sowjetischen Frontlinie. Im Juli desselben Jahres wurde die Division in der Kesselschlacht von Minsk fast vollständig aufgerieben.
Der Gedenkstein wurde immer wieder mit linksradikalen Parolen wie „Täter“ beschmiert oder beschädigt. Im vergangenen Herbst verunstalteten Unbekannte ihn mit sogenanntem Blitzbeton. Die Landeszeitung meldete anschließend, der Beton sei großflächig und bis zu zehn Zentimeter dick aufgetragen worden. (ls)