Nordrhein-Westfalen macht einen Rückzieher. 2018 hieß es noch, daß man ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren in öffentlichen Bildungseinrichtungen plane. Von diesem Vorhaben ist die schwarz-gelbe Landesregierung wieder abgerückt. Gegen ein Kopftuchverbot sprächen unter anderem rechtliche Erwägungen, weswegen es vor Gericht womöglich keinerlei Bestand habe.
„Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut“, so ein Zitat des Komikers Karl Valentin. Wenn eine Landesregierung aus Furcht vor einer Niederlage einknickt, kann es mit dem Vorhaben nicht allzu ernst gewesen sein.
Viel bewirkt hätte ein solches Kopftuchverbot ohnehin nicht. Nordrhein-Westfalen ist nur ein einzelnes – wenn auch bevölkerungsreiches – Bundesland. Das Verbot hätte sich nur auf den Bildungssektor beschränkt und auch wenn die Religionsmündigkeit in Deutschland mit 14 Jahren beginnt: Selbst volljährige Frauen können von der Familie oder dem Ehepartner unter Druck gesetzt werden.
Zehn Jahre nach Sarrazin
Hätte Nordrhein-Westfalen das Verbot umgesetzt, hätte die deutsche Politik erstmals Position gegen den Islam bezogen. Aber nicht einmal dieser symbolische Erfolg war möglich. Die Entscheidung kommt nicht nur pünktlich zum Jahresende, sondern zum Ende der gesamten Dekade. In der Rückschau zeigt sich, daß die 2010er Jahre ein verlorenes Jahrzehnt waren.
Vor 10 Jahren hatte Thilo Sarrazin in einem Interview mit der Zeitschrift Lettre International das Integrationsdefizit des Islams angeprangert und diese Kritik 2010 in seinem Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ nochmals präzisiert. Hätte die Politik seine Anregungen aufgenommen, wäre eine Lösung des Problems zumindest in Reichweite gerückt – doch das Gegenteil war der Fall.
Zunächst schien eine Besserung sogar möglich: Angela Merkel (CDU) hatte unter erheblichem Druck eingestehen müssen, daß Multi-Kulti gescheitert sei. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) planten härtere Maßnahmen gegen „Integrationsverweigerer“. Dieser Vorstoß war wohl kaum ernst gemeint. Denn dann wäre Sarrazin wohl kaum zum Rücktritt als Bundesbankvorstand gezwungen worden. Die berühmten Worte Christian Wulffs: „Der Islam gehört zu Deutschland“, verrieten schnell, welchen Weg die politische Klasse fortan beschritt.
Die Bilanz fällt ernüchternd aus
2011 ermordete der Albaner Arid Uka beim ersten islamischen Terroranschlag auf deutschem Boden am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten, die von dort nach Afghanistan weiterreisen sollten. 2016 lenkte der Tunesier Anis Amri einen gestohlenen LKW in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz. Zwölf Menschen starben. Mehrere weitere Anschlagsplanungen konnten glücklicherweise rechtzeitig vereitelt werden oder forderten nur Verletzte, aber keine Toten.
In Europa starben im vergangenen Jahrzehnt durch den islamischen Terrorismus rund 440 Menschen. Weltweit dürfte die Zahl deutlich über 100.000 liegen – der Islamische Staat ist für knapp 70.000 Tote verantwortlich. Knapp 800 Personen aus Deutschland hatten sich der Terrormiliz angeschlossen.
Nach dem Anschlag auf die Redaktion des französischen Satire-Magazins Charlie Hebdo im Jahr 2015, das Mohammed-Karikaturen veröffentlicht hatte, durfte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime vor dem Brandenburger Tor verkünden, daß der Islam eine friedliche Religion sei. Ihm zur Seite standen Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Allzu vertrauenswürdig ist Mazyek jedoch nicht. Viele Organisationen des Zentralrats werden selbst vom Verfassungsschutz beobachtet, so auch das Islamische Zentrum Hamburg. Das hatte verkündet, die Mohammed-Karikaturen seien eine Beleidigung des Islam und der Terroranschlag auf Charlie Hebdo sei von westlichen Geheimdiensten inszeniert worden, um Haß zu säen.
Der Bundespräsident hofiert den Iran
Auch gegenüber dem Iran schlägt die Bundesregierung lieber keine kritischen Töne an. Im Februar gratulierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der iranischen Regierung zum 40. Jahrestag der islamischen Revolution im Jahr 1979. Der Gottesstaat tritt die Menschenrechte mit Füßen, spricht Israel das Existenzrecht ab und gilt als einer der wichtigsten internationalen Terrorfinanziers. Steinmeiers Schritt ist umso verwerflicher, da er 2016 dem demokratisch gewählten US-Präsidenten Donald Trump nicht gratulieren wollte.
Auch in der Frage des Verbots der Terrororganisation Hisbollah findet die Bundesregierung nicht zu einer klaren Linie. Bislang ist der militärische Arm der Gruppierung verboten, der politische jedoch nicht. Doch natürlich handelt es sich nicht um unabhängige Organisationen. Der politische Zweig der Hisbollah befehligt selbstverständlich die Terrorattacken des militärischen Ablegers. Die Hisbollah ist sowohl Terrorgruppe als auch Koalitionspartner in der libanesischen Regierung. Ein Verbot der Gesamtorganisation würde somit sowohl die außenpolitischen Beziehungen zum Libanon, wie auch zum Hisbollah-Finanzier Iran belasten. Doch einen solchen Preis sollte ein Außenminister, der erklärte, „wegen Auschwitz in die Politik gegangen“ zu sein, eigentlich zu zahlen bereit sein.
Von 2011 bis 2016 verteilten Salafisten bei der „Lies!“-Kampagne den Koran in deutschen Fußgängerzonen. Trotz erheblicher Bedenken erfolgte erst nach fünf Jahren ein Verbot durch das Innenministerium. Daß all die Warner schlicht recht hatten und keineswegs Rassisten waren, zeigte sich ab 2014: Mehrere Koranverteiler hatten sich damals dem Islamischen Staat angeschlossen.
Sicherheitsbehörden sind überfordert
2012 stimmte der Bundestag über die jüdische und islamische Beschneidung ab. Eine breite Mehrheit der Parlamentarier knickte aufgrund des religiösen Drucks ein – obwohl die Beschneidung eine Körperverletzung darstellt, die mit erheblichen Risiken einhergeht. Die sonst übliche Religionsmündigkeit von 14 Jahren spielte hierbei keine Rolle. Meist werden Jungen schon sehr früh beschnitten. Immerhin: Die Linkspartei stimmte mehrheitlich gegen die Beschneidung.
All das, was Sarrazin beschrieben hatte, verschärfte sich im Jahr 2015, als infolge der Grenzöffnung über eine Million Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Die Sicherheitslage hat sich merklich verschlechtert, an das Märchen der vielen Ärzte und Ingenieure, die ihre syrische Heimat verlassen mußten, glauben nur noch die verblendetsten Grünen. Der deutsche Rechtsstaat kommt an seine Grenzen, wenn es bei jedem Vorfall wieder heißt, der Täter sei bereits „polizeibekannt“ gewesen.
Das bedeutet: Jeder dieser Fälle wäre zu verhindern gewesen, wenn die Sicherheitsbehörden rechtzeitig eingeschritten wären. Aber offenbar sind die zuständigen Kräfte komplett überlastet – oder ein härteres Vorgehen ist schlicht nicht gewünscht. Wie wenig die vielgepriesene europäische Zusammenarbeit in der Realität funktioniert, zeigte sich angesichts der ermordeten Maria Ladenburger. Der Täter hatte bereits in Griechenland eine Frau beinahe getötet, kam jedoch nach einem Jahr wieder auf freien Fuß und konnte unerkannt einreisen.
2017 endete die Amtszeit Joachim Gaucks. Unter den vielen Kandidaten, die für das höchste Staatsamt erwogen wurden, befand sich auch der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani. Der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels hatte 2014 in einer vielbeachteten Bundestagsrede das Grundgesetz anlässlich seines 65-jährigen Bestehens gewürdigt. In einem Meinungsbeitrag forderte er zudem Militäroffensiven gegen den Islamischen Staat. Es fällt jedoch auf, daß viele seiner Unterstützer nur eine Qualifikation als maßgeblich ansahen: Deutschland solle endlich einen islamischen Bundespräsidenten haben!
Politiker scheuen klare Antworten
Im gleichen Jahr zeigte sich auf erschreckende Weise in aller Deutlichkeit das Integrationsdefizit vieler deutscher Türken. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte zum Verfassungsreferendum aufgerufen. Die beabsichtige Stärkung des höchsten Staatsamts hätte einen Schritt hin zur Autokratie bedeutet. Insgesamt stimmten 51% aller Türken für die Verfassungsänderung. In Deutschland hatte dieser Stimmanteil hingegen bei 63% gelegen. Multi-Kulti-Befürworter beeilten sich, hinzuzufügen, daß dieser Prozentwert angesichts einer Wahlbeteiligung von nur 46% nicht allzu aussagekräftig sei. Ursache hierfür war aber, daß viele Wahlberechtigte nur in den türkischen Konsulaten abstimmen durften, die zum Teil 200 Kilometer weit entfernt liegen. Und warum sollte dieser Faktor für das eine Lager stärker ins Gewicht fallen als das andere?
Die türkische Religionsbehörde DİTİB, die von Ankara aus gesteuert wird, konnte ihren Einfluss in Deutschland ausbauen. 2012 schloß sie mit dem Hamburger Senat einen Staatsvertrag ab, der ihre verfassungsrechtliche Stellung deutlich aufwertet und ihre Stellung im Bildungsbereich festigt. Die DİTİB vertritt ein konservatives Islamverständnis und leugnet den Völkermord an den Armeniern.
Kürzlich griff die SPD das Beispiel der dänischen Sozialdemokratie auf, die mit einer härteren Gangart in der Migrationsdebatte die Parlamentswahl gewinnen konnte. Der migrationspolitische Sprecher Lars Castellucci versprach, härter gegen Einwanderung in die Sozialsysteme vorgehen zu wollen. Andererseits stieß dieser Kurs in der SPD auf viel Widerstand. Politiker sind oft dazu in der Lage, ein sehr diffuses Problem zuzugeben, werden aber leiser, sobald es konkreter wird. Konfrontiert mit der Frage, ob Flüchtlinge krimineller als Deutsche seien, würde Castellucci zu einer hochtrabenden Antwort ansetzen und sich in rhetorische Kniffe flüchten. Ein simples „Ja!“ dürfte ihm aber vermutlich nicht über die Lippen kommen.
„Islamisierung gegen Rechts“
Auch im Bildungssystem hat man ein offenes Ohr für islamische Belange. Beispielsweise kommt es immer wieder vor, daß Kindergärten ihre Ernährung auf halal umstellen, also auf Schweinefleisch verzichten. In der Debatte um den Schwimmunterricht meldete sich Familienministerin Franziska Giffey (SPD) zu Wort. Der Burkini sei für sie eine probate Lösung, um zu verhindern, daß islamische Eltern ihre Töchter vom Sportunterricht abmelden. Nach heftigem Gegenwind wollte sie das aber alles nicht so gemeint haben.
Angesichts der jüngsten Wahlerfolge der AfD im Osten Deutschlands forderte der Journalist Fabian Goldmann eine „Islamisierung gegen Rechts“. Durch gezielte Ansiedlung von Ausländern in den neuen Bundesländern sei der rechte Stimmenanteil zu senken. Man mag in seiner Wortmeldung nur eine reine Provokation sehen – im letzten Jahrzehnt haben sich aber zu viele Vorhaben bewahrheitet, die früher nur als Scherz zu verstehen waren.
Wie es um die Erfolge bei der Integration steht, verraten am ehesten noch die „leuchtenden Vorbilder“. Sawsan Chebli hat es in der SPD weit gebracht, was sie neben dem Migranten- und Frauenbonus wohl vor allem ihrem guten Aussehen verdankt. Ihre Wortmeldungen auf Twitter sind jedoch meist bizarr. Immer wieder will sie als Opfer von Rassismus auf sich aufmerksam machen und redet die islamische Gefahr klein. Eine gescheiterte israelische Raumfahrtmission quittierte sie mit Schadenfreude.
Von der Expo 2000 zur Halal-Messe
Dank GEZ-Geldern darf auch das öffentlich-rechtliche Youtube-Angebot „funk“ erklären, warum der Islam eine friedliche Religion sei und das Kopftuch keine Bedrohung darstellt. Nur eine Woche nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo hatte Younes Al-Amayra gefordert, die Meinungsfreiheit einzuschränken, um religiöse Gefühle zu schützen. Die Mohammed-Karikaturen stellte er dabei augenzwinkernd auf eine Stufe mit antisemitischer Hetze.
Es bleibt tatsächlich nur ein einziges Beispiel für eine klare Haltung. Im Jahr 2016 hatte der Bundestag den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich als historische Tatsache anerkannt – ungeachtet des Protests aus der Türkei. Ganz ohne Abzüge in der B-Note ging aber auch das nicht. Wegen „anderweitiger Verpflichtungen“ konnten Kanzlerin Merkel, ihr Vize Sigmar Gabriel (SPD) und Außenminister Steinmeier nicht an der Abstimmung teilnehmen.
Im Jahr 2000 fand die Weltausstellung in Deutschland statt. Millionen Besucher strömten auf die Expo 2000. Wer über das Messegelände flanierte, wähnte sich angesichts der vielen futuristischen Bauten in der Zukunft – immerhin war ja gerade erst das neue Millenium angebrochen. Das zugegeben etwas beschauliche Hannover fühlte sich an wie die neue Welthauptstadt. 20 Jahre später wird am gleichen Ort erstmals die Halal-Messe stattfinden.