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Marc Jongen, ESN Fraktion
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Meinung: Die Mauer neu denken

Meinung: Die Mauer neu denken

Meinung: Die Mauer neu denken

Cottbus
Cottbus
Demonstration gegen die Asylpolitik der Bundesregierung Ende Februar in Cottbus Foto: picture alliance/dpa
Meinung
 

Die Mauer neu denken

Merkels grenzenlose Politik hat den Riß in der deutschen Gesellschaft nicht verursacht, aber sie hat ihn vertieft. Doch der Riß trennt nicht nur die Meinungslager in Deutschland, sondern verläuft auch entlang der alten Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Im Osten ist der Widerstand gegen die ethnisch-kulturelle Transformation energischer als im Westen. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Merkels grenzenlose Politik hat den Riß in der deutschen Gesellschaft nicht verursacht, aber sie hat ihn vertieft. Der Riß hat einen Doppelcharakter: Er trennt deutschlandweit die Meinungslager und zieht sich zugleich als geographische Demarkationslinie durch das Land, die haargenau entlang der alten Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik verläuft. Der Widerstand gegen die ethnisch-kulturelle Transformation ist im Osten lauter und energischer als im Westen.

Der Konflikt wird auch 28 Jahre nach dem Mauerfall ausschließlich in dem Post-68-Vokabular verhandelt, das 1990 vom Westen über die Ex-DDR gekommen ist. Das Widerstreben der „Ossis“ gegen den ungefragten Zustrom Fremder wird als mentale Verspätung, als Spätfolge der SED-Diktatur, dargestellt, mit dem nachwirkenden Umstellungsschock oder gar mit der „Angst vor der Freiheit“ erklärt. Auch von der mißlungenen Integration der Ostdeutschen ist die Rede. Soll heißen: Nicht der Zustrom aus der Dritten Welt sei das Problem, sondern die falsche Sicht darauf.

Ab 1990 ergossen sich eine Unmenge von Geschwätzwissenschaftlern, Volkserziehern, Sozialarbeitern, Ausländerbeauftragen und Experten für alles mögliche als Aufbauhelfer der Freiheit und Demokratie über die Ex-DDR. Sie wurden mit dem hilflosen Begriff „Besserwessi“ bedacht. Gemeint war ein eloquenter Typ, der ein offenbar erfolgreiches Gesellschaftssystem verkörperte.

Überschüssiges Personal nach Osten entsorgt

Da die Hinterbliebenen des gescheiterten Realsozialismus ihm nichts entgegenzusetzen hatten, beugten sie sich seiner Diskurshoheit. Erst ganz allmählich dämmerte ihnen, daß der Westen mit ihm viel überschüssiges Personal nach Osten entsorgt hatte, wo es sich als neue Nomenklatura etablierte. Auch stellte sich heraus, daß seine Multikulti-Ideologie sich je länger, desto weniger vom Ideologieschrott der SED unterschied.

Es war eine Situation, wie sie im „Faust“, gegen Ende der Tragödie zweiter Teil, beschrieben ist. Mephisto ruft seine dienstbaren Geister herbei, um dem erblindeten Dramen-Held das Grab zu bereiten, während der noch vom frischen Aufbau träumt:

„Herbei herbei! Herein, herein!
Ihr schlotternden Lemuren,
Aus Bändern, Sehnen und Gebein
Geflickte Halbnaturen.“

Und das beutegierige Gelichter antwortet:

„Wir treten dir sogleich zur Hand,
Und, wie wir halb vernommen,
Es gilt wohl gar ein weites Land,
Das sollen wir bekommen.“

Dieser Typus, den längst auch gebürtige „Ossis“ ausfüllen, ist entzaubert, doch als Propagandist und Exekutor des ethnisch-kulturellen Umbaus bleibt er wirksam. Es macht Hoffnung, daß sich in der Ex-DDR eine Resistenz gegen ihn herausgebildet hat. Die staatlich massierte Einwanderung aus islamischen Kulturkreisen ist das stärkste Argument, denn sie macht sichtbar und unbestreitbar, daß sich die westliche Verheißung von einst in einen selbstzerstörerischen Wahnwitz verwandelt hat. Was die Verfechter dieser Politik als mentalen Nachholbedarf des Ostens monieren, ist in Wirklichkeit also ein Vorsprung an politischer Reife!

Die Einsicht in den Wahnwitz gibt es genauso auch im Westen, doch sind die Schwierigkeiten, sie öffentlich zu artikulieren, dort oft unüberwindbar. Der Prozeß, der über den Osten als plötzliche Katastrophe hereinbrach und allergische Reaktionen auslöste, vollzog sich im Westen schleichend und über Jahrzehnte. Seine mentalen Folgen reichen tiefer als seinerzeit der Einfluß der SED-Propaganda.

Der alte Westen ist kein Vorbild

Im Osten erkennt man im realitätswidrigen Gerede über „demokratisches Miteinander“ oder die „Bereicherung“ durch „Diversität“ die Ähnlichkeit zur Phraseologie des SED-Staates. Die demographischen Verhältnisse haben sich im Westen so weit verschoben und die politischen Strukturen so sehr verfestigt, daß die Auflehnung, die im Osten noch möglich ist, hier ein physisches Risiko bedeutet. Im Bedarfsfall tritt mit der Antifa eine effiziente Bürgerkriegstruppe in Aktion. Und schließlich hat man im Osten die abschreckende Entwicklung in den westdeutschen Städte vor Augen.

Es genügt schon der Blick in die Weltoffenheits-Metropole Berlin. Dreiviertel der Berliner Drittklässler können nicht richtig lesen und schreiben. Die ohnehin enorme Asozialität in der Hauptstadt erhält damit Nachschub. Eloquente Inklusions-, Bildungs-, Integrations- und Antidiskriminierungs-Experten werden den Bürgern in endlosen Talkshows und Diskussionen darzulegen versuchen, warum die Bildungskatastrophe in Wahrheit einen Fortschritt bedeutet. Zur gleichen Zeit werden Kinder im Vorschulalter bereits über sexuelle Vielfalt aufgeklärt.

Über diesen und anderen Irrsinn läßt sich sinnvoll nicht mehr diskutieren. Es führt zu nichts. Und wenn zuletzt die Moderatorin Anne Will auf den Hinweis, daß in der neuen Bundesregierung keine ostdeutschen Minister vertreten seien, einwirft, es gäbe ja auch keine Migranten, dann blitzt noch mal die alte Arroganz und Post-68er-Westdenke, aber das ist kein Aufreger mehr in einem Land, wo alles, was bewahrenswert war – Sozialstaat, Rechtsstaat, Sicherheit, Bildung – zielsicher in den Abgrund bugsiert wird. Der alte Westen ist kein Vorbild und kein Maßstab mehr. Was sich in der Ex-DDR vollzieht, ist eine Emanzipation von seinen Diskursen.

Das Wort „Mauer“ wird wieder zu Ehren kommen

Man muß in neuen Kategorien zu denken beginnen. Die Begüterten, die sich in Gated Communities, in gesicherte Wohnkomplexe zurückziehen, nehmen einen allgemeinen Trend vorweg. Wer heute in Museen die Modelle alter Stadtbefestigungen betrachtet, blickt in die eigene Zukunft. Das heißt, nicht nur begrenzte Bereiche, sondern ganze Stadtteile und Städte können künftig zum Mittel der Abschottung greifen, vielleicht sogar ganze Regionen. Das Wort „Mauer“, das aus Zeiten der deutschen Teilung einen absolut negativen Klang besitzt, wird wieder zu Ehren kommen. Man wird die Mauer neu denken müssen.

Der Grüne Anton Hofreiter hält die „Fixierung auf den Nationalstaat“ für „eher etwas Irrtümliches“. Man sollte deswegen nicht reflexhaft die Fäuste schütteln, sondern den Gedanken aufnehmen und feststellen: Nicht zuletzt durch die Politik der Grünen müssen weite Teil Westdeutschlands als verloren gelten und stellen wie Schlesien, Ostpreußen und Hinterpommern eine nationale Konkursmasse dar. Die Wiedervereinigung war kein pures Glück, sie war auch eine vertane Chance und der Beginn neuer Gefährdungen. Auch die innere Einheit ist kein Wert an sich. Wozu soll die innere Einheit mit Verblendeten gut sein?

Der Historiker Golo Mann – weiß Gott ein guter Deutscher – war gegen die Wiedervereinigung, weil er meinte, die Deutschen würden wieder nur Unsinn anstellen. Er mag an Bismarck gedacht haben, der den von ihm geschaffenen Nationalstaat gelegentlich als ein „Nürnberger Spielzeug“ bezeichnete, mit dem die Deutschen nichts anzufangen wüßten und das man ihnen vielleicht wegnehmen müsse. In der Bismarck-Biographie von Otto Pflanze ist nachzulesen, daß der Kanzler in den 1880er Jahren von düsteren Ahnungen erfüllt war. Er äußerte zu Vertrauten: „Die Schwäche unserer Einrichtungen ist bewiesen durch die Leichtgläubigkeit der Wähler.“ Und so könne es einmal heißen: „Diese Einrichtung hat sich nicht bewährt …“

Nicht den Verblendeten überlassen

Der Gewaltforscher Gunnar Heinsohn schrieb kürzlich in einem Aufsatz: „Flüchte in eine Kompetenzfestung, wenn die eigene Region dazu nicht mehr werden kann!“ Er erwog, daß die „13 Millionen Bürger des Freistaats Bayern – Heimat der bundesweit drittbesten Schüler – ihre Zukunft retten“ könnten, indem sie souverän wie die Österreicher würden, ihre Zahlungen nach Norden einstellten und „ihre Zinnen von den besten Hanseaten und Preußen bewachen lassen“. Sachsen und Thüringen mit ihren besten und zweitbesten Schülern der Republik könnten mit dabei sein.

Was Heinsohn mit dem Gedankenspiel ventilierte, war die Sezession und ein neuer Zusammenschluß deutscher Leistungsräume – zu deren Gelingen natürlich auch gesetzestreue Steuerzahler nichtdeutscher Herkunft beitragen.

Sie wären zu ergänzen durch die Ruheräume der nordostdeutschen Bundesländer. Die herrliche Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern, die Mecklenburgische Seenplatte, die brandenburgische Havellandschaft, der Spreewald, der mythenumwobene Harz samt Kyffhäuser – das alles möchte man doch nicht den Auslöschern und Verblendeten überlassen!

Während in den Leistungs- und Ruheräumen Recht und Gesetz wieder in Kraft gesetzt würden, könnten ihre Bewohner von den Zinnen der Befestigungen Ausschau halten, wie die Geschwätzwissenschaftler, Volkserzieher, Sozialarbeiter, Ausländerbeauftragen, die Experten, die Hofreiters und sonstigen Lemuren die diversitären Ruhrpötte, Bremens und Neuköllns dieser Republik nach vorn bringen. Oder auch nicht. Es gilt das Türmerlied aus Goethes „Faust“:

„Flamme flammet, rot in Gluten
Steht das schwarze Moosgestelle;
Retteten sich nur die Guten
Aus der wildentbrannten Hölle.“

Demonstration gegen die Asylpolitik der Bundesregierung Ende Februar in Cottbus Foto: picture alliance/dpa
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