ESSEN. Nach drei Monaten nimmt die Essener Tafel ab dem heutigen Mittwoch wieder Ausländer als Neukunden auf. Komme es in Zukunft aber zu Engpässen bei der Lebensmittelversorgung, sollen Menschen mit Behinderung, über 50jährige, Alleinerziehende sowie Familien mit minderjährigen Kindern bevorzugt aufgenommen werden, teilte die Tafel mit.
Zudem erhielten Schwerbehinderte und Bedürftige über 60 die Möglichkeit, sich nach Ablauf ihres Berechtigungsjahres erneut anzumelden. Zuvor mussten diese Menschen ein Jahr aussetzen.
Bundeskanzlerin Merkel kritisierte die Entscheidung
Die Tafel in der Stadt im Ruhrgebiet war in die Kritik geraten, seit sie ab dem 10. Januar 2018 keine ausländischen Neukunden mehr akzeptiert hatte. Der Leiter der Essener Tafel, Jörg Sartor, begründete den Schritt damals damit, daß 75 Prozent der Versorgten ausländischer Herkunft seien. Vor der Asylkrise 2015 habe der Anteil nicht-deutscher Kunden bei 35 Prozent gelegen. Mit der Maßnahme wolle er der Entwicklung entgegenwirken, daß Rentnerinnen und alleinerziehende Mütter in der Vergangenheit aus der Einrichtung verdrängt worden seien.
Unter anderem die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die damalige Bundesozialministerin Katharina Barley (SPD) hatten den Schritt kritisiert. „Da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen, das ist nicht gut“, sagte Merkel im RTL-Interview. „Eine Gruppe pauschal auszuschließen, paßt nicht zu den Grundwerten einer solidarischen Gemeinschaft“, mahnte Barley.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann hatte sich dagegen hinter die Einrichtung gestellt. „Diejenigen, die jetzt den Chef der Essener Tafel kritisieren, ignorieren noch immer die Situation vor Ort und drücken sich vor ehrlichen Antworten. Der Mann hat recht“, sagte Hoffmann der JUNGEN FREIHEIT.
Weitere Tafel verhängte Aufnahmestopp
Auch die Tafel im nordrhein-westfälischen Marl beschloß Anfang März, keine neuen Kundenkarten an alleinstehende Ausländer auszugeben. „Wir sortieren zur Zeit, weil wir weder personell noch was unseren Warenbestand angeht, mit dem Ansturm zurechtkommen. Es sind einfach zu viele Menschen, die zu uns kommen“, begründete die Vorsitzende Renate Kampe die Entscheidung ihrer Einrichtung gegenüber WAZ. (mp)