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Innere Sicherheit: „Frauen sind verunsichert“

Innere Sicherheit: „Frauen sind verunsichert“

Innere Sicherheit: „Frauen sind verunsichert“

Frau mit Pfefferspray
Frau mit Pfefferspray
Frau mit Pfefferspray: Die Nachfrage steigt Foto: picture alliance/APA/picturedesk.com
Innere Sicherheit
 

„Frauen sind verunsichert“

Nach den Übergriffen in Köln steigt die Nachfrage nach Schreckschußwaffen und Selbstverteidigungskursen. Der Sturm auf die Verteidigungsmittel zeigt, wie verunsichert viele Deutsche mittlerweile sind.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Die Vitrine ist auffallend leer. „Wir sind total ausverkauft“, sagt die Inhaberin des Waffengeschäfts „Triebel Jagd- und Sportwaffen“, Katja Triebel, und zeigt auf die letzten vier Waffen, „das sieht man ja“. Es sind Schreckschuß-, Reizstoff- und Signalwaffen (sogenannte SRS-Waffen), die in den vergangenen Wochen reißend Absatz finden.

Aber auch Pfeffersprays und Elektroschocker sind in Deutschland gefragt – besonders unter Frauen. Beim Internethändler Amazon werden in der Rubrik „Sport und Freizeit“ unter den zehn bestverkauften Artikeln sieben Pfeffersprays angezeigt. Der Umsatz mit diesen Abwehrmitteln habe sich von 2014 auf 2015 verdoppelt, gibt der Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenhändler (VDB) an. „Die Nachfrage ist in der letzten Zeit schon sehr angestiegen“, bestätigt auch Triebel und zeigt auf ein weiteres Regal im Laden.

Normalerweise sei es gefüllt mit Pfeffersprays, sagt die Verkäuferin, aber es gebe eben Lieferengpässe. Inzwischen stehen nur noch ein paar einzelne Dosen verlassen im Schaukasten. Sogar einige Baumärkte, Apotheken und Tankstellen bieten seit einiger Zeit das Abwehrmittel an – was offiziell nur gegen Tiere verwendet werden darf.

Kleiner Waffenschein benötigt

Der Kauf der SRS-Waffen ist in Deutschland grundsätzlich jedem Volljährigen erlaubt. Wer sie allerdings in der Öffentlichkeit mit sich tragen möchte, benötigt den Kleinen Waffenschein. Der muß von der Polizei ausgestellt werden, kostet 50 Euro und ist ein Leben lang gültig. Ein begehrtes Stück Papier, wie die Zahlen belegen: Wurden im Januar vergangenen Jahres in Berlin 15 Kleine Waffenscheine ausgestellt, waren es laut Polizei in den ersten zwei Wochen dieses Jahres bereits 52 – also mehr als dreimal so viele.

Aber nicht nur in Berlin sind die Anträge gestiegen. Auch Hamburg, Thüringen und Nordrhein-Westfalen berichten von einer steigenden Nachfrage. In Brandenburg wurden 2014 6.491 Kleine Waffenscheine beantragt, im darauffolgenden Jahr erhöhte sich die Zahl auf 7.036. Insgesamt gibt es zur Zeit etwa 275.000 Kleine Waffenscheine, vor einem Jahr waren es noch sechs Prozent weniger.

Jedoch sollte der Anstieg nicht dazu verleiten, die absolute Zahl der Waffenbesitzer zu überschätzen: In Berlin liegt sie beispielsweise bei rund 9.500, was gerade einmal 0,2 Prozent aller Einwohner der Stadt entspricht. Der Anteil in anderen Bundesländern ist ähnlich gering.

Experten warnen vor Selbstbewaffnung

Der Sturm auf die Verteidigungsmittel im vergangenen Halbjahr zeigt aber, wie verunsichert viele Deutsche mittlerweile sind; wie besorgt um ihre eigene Sicherheit. Bereits nach den Anschlägen in Paris und besonders nach den massenhaften Übergriffen an Silvester in Köln fangen die Menschen an, sich zu bewaffnen. In Köln ist die Nachfrage so sehr gestiegen, daß die Polizei dort in einem Facebook-Eintrag informiert, wie und wo Interessierte den Schein bekommen können.

Allerdings warnen Experten vor einer panischen Selbstbewaffnung der Bürger. „Eine persönliche Aufrüstung birgt ein hohes Eskalationspotential“, warnt die Kriminalpsychologin Katrin Streich im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine kritische Situation könne durch eine Waffe noch verschärft werden, weil sie den Angreifer möglicherweise provoziere. Dem widerspricht die Waffenexpertin Triebel. Es sei bewiesen, daß gerade Pfefferspray in einer Gefahrensituation dem Bedrohten helfe. Solche Verteidigungsmittel seien nützlicher, als die Polizei die Bevölkerung gerne glauben machen würde.

Doch es gibt auch viele Menschen, die sich in einer Notsituation nicht auf eine Waffe verlassen wollen, sondern lieber auf ihren Körper. Die Nachfrage nach der israelischen Verteidigungstechnik Krav Maga sei stark gewachsen, berichtet der Direktor für Deutschland von Krav Maga Global, Matthias Birkner, dieser Zeitung. „Es gibt immer einen Anstieg im Januar und Februar“, sagt der Verteidigungsexperte, „aber wir sind weit von dem entfernt, was üblich ist.“

Krav Maga eine Alternative für Frauen?

Normalerweise würden sich fünf bis zehn Menschen pro Tag für ein Probetraining der Verteidigungstechnik anmelden – inzwischen seien sie bei 30. „Die politische Situation treibt die Leute zu uns“, weiß Birkner, der sich viel mit seinen Kunden unterhält. „Es gibt eine Verunsicherung im Land, speziell bei den Frauen.“ Sie würden ihm von Belästigungen auf offener Straße berichten, wenn sie ihre Kinder von der Kita abholen, beim Einkaufen. Neue Seminare seien schnell ausgebucht, es gäbe sogar schon Wartelisten.

Krav Maga sei zwar speziell für Frauen sehr hilfreich, gibt Birkner an, bisher habe die Härte des Trainings aber gerade diese abgeschreckt. Nur 15 bis 20 Prozent der Trainigsteilnehmer seien Frauen gewesen, berichtet der Experte. Das habe sich geändert. Seit dem Jahreswechsel „kommen 60 Prozent der Anfragen von Frauen“.

JF 6/16

Frau mit Pfefferspray: Die Nachfrage steigt Foto: picture alliance/APA/picturedesk.com
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