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Universität Trier: Akademische Feigheit

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Creveld_Portraet
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Universität Trier
 

Akademische Feigheit

Wer die Möglichkeit des Krieges verdrängt, taumelt nach Martin van Crevelds Überzeugung seinem Untergang entgegen. Der Militärhistorikerkam in Trier über die Antrittsvorlesung nicht hinaus. Nachdem der AStA Crevelds Abberufung forderte, gehorchte die Universitätsleitung - mit erbärmlichen Begründungen. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.
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Martin van Creveld: Dem rennomierten israelischen Militärhistoriker wurde gekündigt Foto: privat

Es gab eine Zeit, da schickten gutsituierte Familien aus aller Welt ihre Söhne nach Deutschland, damit sie dort die bestmögliche Universitätsausbildung erhielten. Aus Übersee reisten Emissäre an, die sich darüber informierten, wie man Hochschulen der Spitzenklasse organisiert. Die Grundvoraussetzung war die akademische Freiheit: die Freiheit der Forschung, des Geistes, des wissenschaftlichen Austausches. Hundert Jahre später verfügen die Amerikaner über Harvard, die Deutschen hingegen – nach nationalen Katastrophen, Studentenrevolten, Hochschulreformen und angeblichen Demokratisierungsschüben – über Universitäten wie die in Trier, wo der renommierte israelische Militärhistoriker Martin van Creveld eine Gastprofessur antreten sollte.

Creveld verfügt neben fachlicher Kompetenz über den Mut, sein Wissen gegen die mächtigen Moden des Zeitgeistes in Stellung zu bringen. Für Israel ist die militärische Bedrohung eine tägliche und hautnahe Realität, Spielereien in und mit der Armee kann es sich nicht leisten. Kulturen und Länder, welche die Augen vor der Möglichkeit des Krieges verschließen, taumeln nach van Crevelds Überzeugung ihrem Untergang entgegen. Gleiches gelte für die Ignoranz gegenüber biologischen Tatsachen, die den Männern und Frauen unterschiedliche und unhintergehbare Aufgaben zuwiesen. Während die „Frauen Kinder bekommen“, seien die „Männer dazu verdammt, schwerer zu arbeiten und Frauen ökonomisch zu unterstützen“ sowie „in Friedens- wie in Kriegszeiten ihr Leben für Frauen aufs Spiel zu setzen“. Die Rolle der deutschen Wehrmacht sieht er kritisch, doch ihre Soldaten hält er für die besten des 20. Jahrhunderts.

Über die Antrittsvorlesung nicht hinausgekommen

Creveld kam in Trier über die Antrittsvorlesung „Männer, Frauen, Kriegsspiele und Kultur“ am 17. Oktober nicht hinaus. Eine Woche später protestierte der Allgemeine Studentenausschuß (AStA) in einem Offenen Brief gegen seinen „frauenfeindlichen, militaristischen, latent antiisraelischen, nicht zuletzt vulgärwissenschaftlichen und methodisch primitiven“ Auftritt und forderte Crevelds Abberufung. Die obszöne Wortwahl wendet sich gegen ihre Verfasser. Ausgerechnet bei diesem beinharten israelischen Patrioten latente Israelfeindschaft zu diagnostizieren zeigt in seltener Deutlichkeit, daß solche Vorwürfe in aller Regel sinnfrei sind und nur dem sozialen Totschlag dienen.

An den AStA-Wahlen in Trier haben sich keine zehn Prozent der Studenten beteiligt. Die Unterzeichner entstammen sämtlich dem linken Milieu. Betrachtet man dazu noch ihre Studienfächer (Politologie, Soziologie, Medienwissenschaft), dann ist klar, daß sich keine potentiellen Koryphäen und Leistungsträger zu Wort gemeldet haben, sondern bloß künftige Gleichstellungs-, Ausländer- und Schwulenreferenten, überflüssige Kostgänger des Steuerzahlers also. Doch die formale Betrachtung trügt. Gerade an den Universitäten zeigt sich, daß eine entschlossene Minderheit, die strategisch gut plaziert ist, einer unstrukturierten Mehrheit ihren Willen aufzwingen kann.

Servile Zurschaustellung von Unwissenheit

Rektor Michael Jäckel, der gar nicht anwesend war, erklärte beflissen, daß Creveld seinen Vortrag „für die Darstellung von Thesen verwandt hat, die sich aufgrund ihres Inhalts einer sachlichen Diskussion entziehen“. Ein semantischer Unfug, denn sachlich diskutieren kann man über alles, und sei es, indem man es knapp, scharf und stringent widerlegt. Crevelds Thesen übersteigen einfach Jäckels Horizont. Noch erbärmlicher reagierte das Historisch-Kulturwissenschaftliche Forschungszentrum (HKFZ) der Universität, das Creveld berufen hatte. Man habe sein Buch „Das bevorzugte Geschlecht“ (der Frauen) nicht gekannt, sonst wäre der Autor („und das sagen wir durchaus selbstkritisch“) nicht eingeladen worden.

Mit der servilen Zurschaustellung eigener Unwissenheit war das Maß noch nicht voll. In einer Presseerklärung vom 5. Oktober nämlich hatte die Universität ausdrücklich auf das Buch hingewiesen: Es zeige van Crevelds „Vorliebe für herausfordernde Zuspitzungen“, die stets aber auf „einem tief informierten Zugriff auf die großen Linien und die vielfältigen Details des Kriegs“ beruhten. Der wird den interessierten und fähigen Studenten mit Crevelds faktischer Suspendierung vorenthalten.

Feigheit vor dem studentischen Lumpenproletariat

Rektor und Institut sind vor dem studentischen Lumpenproletariat zurückgewichen und haben ihm gestattet, die Verfahrensregeln der Wissenschaft zu bestimmen. Der Soziologe Wolfgang Engler schrieb über seine Erfahrungen im akademischen Leben der DDR: Klassisch-bürgerliche Disziplinen seien systematisch entbürgerlicht und proletarisiert worden, „die Geisteswissenschaften, einst Hort der Kritik, erstickten am dumpfen Gemeinsinn. Statt Mitarbeitern und Assistenten ein Beispiel unabhängigen Denkens zu geben, lebten Dozenten und Professoren dem wissenschaftlichen Nachwuchs geistige Unterwerfung und soziale Anpassung vor (…) Daß Abweichlern äußerstenfalls die Strafversetzung in die materielle Produktion drohte, vervollständigte den gesellschaftlichen Rangverlust des Homo academicus und symbolisierte ihn zugleich.“

An diesem Punkt befinden wir uns heute wieder. Die akademische Ochlokratie steht stellvertretend für ein Land, das keine Verteidigungslinie mehr besitzt: keine militärische, keine politische und auch keine geistige.

JF 45/11

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