WETZLAR. Die Evangelische Kirche fühlt sich in der Flüchtlingspolitik zuunrecht kritisiert. Die kirchlichen Stellungnahmen dazu seien „viel differenzierter, als uns oft vorgeworfen wird“, sagte der EKD-Kulturbeauftragte, Johann Hinrich Claussen, in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea.
„Gutmenschentum und eine plumpe moralistische Willkommenskultur“ fänden sich in den Erklärungen der EKD nicht wieder. „Wir sagen ja nicht, daß alle kommen sollen und wir keine Grenzen mehr brauchen.“ Die Kirchen versuchten, auf konkrete Fragen präzise Antworten zu geben, etwa beim Kirchenasyl oder Familiennachzug. Man habe nicht nur Moral, sondern auch Expertise zu bieten.
Gegen eine Obergrenze
Zuletzt hatte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm die Abweisung von im Mittelmeer aufgegriffenen Flüchtlingen durch die italienische Regierung scharf kritisiert. „Daß die italienische Regierung die Boote mit geretteten Menschen nicht an Land läßt – das ist ein Skandal, den wir in Europa nicht akzeptieren können“, sagte Bedford-Strohm.
Er sei über die Vorgehensweise der Entscheidungsträger „entsetzt“. Europa brauche vielmehr eine Flüchtlingspolitik, bei der Einwanderungswillige „nicht hin- und hergeschoben werden, sondern bei der alle Länder die Verantwortung, die wir haben – insbesondere dann, wenn wir uns auf das Christentum berufen wollen –, wirklich wahrnehmen“.
Im vergangenen Jahr hatte Bedford-Strohm in einem Interview mit der Berliner Morgenpost zur damaligen CSU-Forderung nach einer jährlichen Obergrenze für die Aufnahme von Asylbewerbern betont: „Wir haben uns als Kirche immer gegen eine Obergrenze ausgesprochen, weil es für Humanität keine Obergrenze gibt.“ (idea/tb)