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Zwischen Rütli und Auschwitz

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Ohne Verweis auf den Holocaust scheint keine deutsche Erziehungsdebatte möglich. Diesen Schluß zumindest legen die Ausführungen von Hartmut von Hentig nahe, dem wohl bekanntesten deutschen Pädagogen seit 1945, der im September dieses Jahres seinen 85. Geburtstag feiern kann. In seiner Reflexion über die Frage, wie zur Freiheit zu erziehen sei, lautete vergangene Woche die Conclusio: „Die Freiheit muß uns unermüdlich zugemutet werden, die kleinste Abweichung davon führt irgendwann zu Auschwitz.“

Zuvor hatte Hentig auf dem 3. Freiheitskongreß der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit die Prämissen dargelegt, die für das Ideal einer durch Erziehung gewonnenen Freiheit notwendig wären. Dazu zählte die Forderung nach einem anderen Lehrertyp. Denn vor allem verbeamtete Lehrer verhielten sich zumeist nur als Spezialisten, aber nicht als Bürger. Zudem beschwor von Hentig das „RRR“-Modell: Reviere bilden, Regeln einhalten, Rituale schaffen. Freilich sollte die Begründung der Regeln immer wieder erneuert werden. „Bildung“, so lautete sein Kernsatz, „sollte das sein, was uns den Verhältnissen gegenüber frei macht.“

Wie problematisch diese Frage in der berüchtigten Rütli-Schule in Berlin-Neukölln zu beantworten ist, demonstrierte daraufhin deren ehemaliger Rektor, Aleksander Dzembritzki. Dieser konnte die Situation an seiner Schule nur durch eine „interkulturelle Moderation“ entspannen, für die vier Sozialarbeiter mit Migrationshintergrund eingestellt wurden, zwei türkischer und zwei arabischer Herkunft.

Den vermeintlichen Lösungsansatz für die gesamte Republik präsentierte daran anschließend der Theologe und Publizist Bernhard Bueb, ehemals Leiter des Schul-Internats Salem. Bueb, der mit seinen Schriften („Lob der Disziplin“, „Von der Pflicht zu führen“) eine bundesweite Debatte erregt hatte, erwähnte, daß „moralische“ Menschen meist nicht die mutigen seien. Gleichwohl moralisierte er gegen das geplante Erziehungsgeld, das gar nicht erst an die Eltern auszuzahlen, sondern gleich an den Staat abzuführen sei. Entsprechend plädierte Bueb für die flächendeckende und verpflichtende Ganztagsschule.

Erstaunlicherweise herrschte über dieses Forderung sowohl im Podium wie im Publikum große Übereinstimmung. So verwundert es kaum, daß Bueb inzwischen FDP-Stadtrat in Überlingen ist, denn beim Widerstand gegen das Erziehungsgeld „hat ja auch die FDP eine vernünftige Meinung“.

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