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Vom Glück

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Welcher Teufel mag die Kreativlinge bei Sony Music geritten haben, Bruce Springsteens neues Album „Working on a Dream“ in eine quietschkitschige Hülle zu verpacken, in der man die Erzeugnisse ganz anderer Genres der Populärmusik vermuten würde? – Ob es derselbe Schelm war, der dem Musiker im Nacken saß, als er diesen Kessel Buntes zusammenmischte? Natürlich ist, wo Springsteen draufsteht, auch Springsteen drin. So unverwechselbar wie seine Stimme und das Konterfei, das stilisiert zwar in Warhol-Farben vor einem mit Straßsternchen besetztem Himmel das Cover ziert, sind auch die rockigen Riffs des Titelstücks. Und was wäre eine Platte der E Street Band – die Arbeit am gemeinsamen Traum fand während der „Magic“-Tournee unter Aufsicht ihres altbewährten Produzenten Brendan O’Brien in Studios von Atlanta bis New York statt – ohne ein zünftiges Saxophon-Solo von Clarence Clemons wie in „Lucky Day“? Freilich träumt Springsteen, der sich mit Alben wie „Nebraska“ (1982), „The Ghost of Tom Joad“ (1995) und „Devils & Dust“ (2005) als Meister monochromer Klangfarben und mit „The Seeger Sessions“ (2006) als bescheidener Pilger auf den Spuren der Folk-Tradition auswies, dieser Tage offenbar in Breitbildformat und Technicolor. Ganze acht Minuten nimmt er sich Zeit für einen musikalisch eher uninteressanten Mini-Western, die Geschichte des „Outlaw Pete“. Die Franks und Johnnys, Cindys und Bobbie Jeans, deren Sorgen und Sehnsüchten sein Werk stets gewidmet war, weiß er seit dem Washingtoner Regimewechsel endlich in besten Händen (JF 6/09) und spielt ihnen mit Anklängen und Anleihen bei den unbeschwerten Melodien der sechziger Jahre und einer üppigen, aber allzu zahmen Orchestrierung so manches Lied vom Glück, von seinem eigenen zumal. Wer will es einem ehrlichen Handwerker vergönnen, wenn er – um das Sinnbild endgültig überzustrapazieren – nach jahrzehntelanger harter Knochenarbeit an seinem Traum voller Zufriedenheit aufs eigene Schaffen zurückblickt: „Working on a Dream“ enthalte „etwas von jedem meiner Alben, aber wer alle meine Alben hat, hat dieses trotzdem noch nicht“. Mit fast sechzig hat es sich wohl irgendwann ausgerockt; dann handeln Balladen nicht mehr von Fluchtfantasien und der wilden Romantik der Straße, sondern von den Gelüsten, die eine hübsche Kassiererin weckt (oder, kulturkritisch gewendet: von den sinnlichen Versuchungen der Konsumorgie, vom Kaufrausch als Ersatzbefriedigung). Jene Freude am Trivialen, die sich mit seiner Ode an „Girls in their Summer Dresses“ auf „Magic“ (2007) ankündigte, tobt Springsteen in „Queen of the Supermarket“ voll aus – begleitet von jauchzenden Violinen und fiependem Strichcode-Scanner. Im mittleren Teil sorgt ein kleiner Streifzug durch die amerikanische Musikgeschichte mit Stippvisiten beim schnörkellosen Folk („What Love Can Do“), süffigen Blues („Good Eye“), und gefälligen Country („Tomorrow Never Knows“) für Abwechslung, bis Springsteen schließlich doch noch einen kleinen Wermutstropfen einschenkt: „The Last Carnival“ ist eine Eulogie auf und Elegie für seinen langjährigen Freund und Keyboard-Spieler Danny Federici, der im vergangenen April an Krebs starb: der Trauerzug als Wanderzirkus mitsamt Drehorgel und allem Drum und Dran, und deswegen nicht weniger berührend. Das Bonus-Stück „The Wrestler“ macht neugierig auf Darren Aronofskys gleichnamigen Film, der hierzulande nächste Woche anläuft. Jenem Fan jedenfalls, der im September 2001, so die Legende, an Springsteens Autofenster klopfte, um ihn mit den Worten: „Wir brauchen dich jetzt!“ an seine Bürgerpflicht zu erinnern, schallt es hier mannigfach entgegen: „Alles wird gut!“

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