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Kino: Jenseits von Hollywood

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Kino
 

Jenseits von Hollywood

Mit kaum mehr als einem Dutzend Filmen hat er sich in der internationalen Elite der Regisseure einen Namen gemacht: Am Freitag wird der Australier Peter Weir 65 Jahre alt.
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Cato, Palmer, Exklusiv

Dem australischen Filmregisseur Peter Weir ist es innerhalb von drei Jahrzehnten gelungen, sich mit kaum mehr als einem Dutzend Filmen in der internationalen Elite der Regisseure einen Namen zu machen. Tatsächlich unterscheiden sich seine Inszenierungen fundamental vom Hollywood-Mainstream. Dies begann bereits 1974 mit der makabren Horror-Komödie „The Cars that ate Paris“ (Die Autos, die Paris auffraßen) und setzte sich im folgenden Jahr mit „Picnic at Hanging Rock“ (Picknick am Valentinstag, 1975) fort, einer romantischen, mystisch angehauchten Horrorgeschichte.

Erstmals zeigte sich bei diesem außergewöhnlichen Film, bei dem während des Ausflugs eines Mädchenpensionats am Valentinstag des Jahres 1900 drei Schülerinnen spurlos im Felsmassiv des von den Eingeborenen als „heiliger Berg“ verehrten „Hanging Rock“ verschwinden, Weirs Neigung zum suggestiven atmosphärischen Detail.

Dabei scheute Weir auch vor melodramatischen Schnörkeln bei der Darstellung des ritualisierten Internatslebens, dessen Unterdrückungsmechanismen insbesondere im sexuellen Bereich durchbrechen, nicht zurück. Georghe Zamfirs Panflötenmusik, die auch Beethoven-Motive einbezieht, und eine ausgezeichnete Fotografie trugen das Ihre dazu bei, „Picnic at Hanging Rock“ zu einem Juwel des australischen Films zu machen. Der am 21. August 1944 in Sydney geborene Regisseur, der an der dortigen Universität Kunst und Jura studierte, spricht selbst von einem „halluzinatorisch-mesmerischen Rhythmus“ seiner Filme, der dazu führen soll, daß der Zuschauer allmählich in eine „klaustrophobische Atmosphäre“ eingeschlossen wird. Für ihn ist es entscheidend, ob es ihm gelingt, sein Publikum von der Möglichkeit einfacher Lösungen „wegzuhypnotisieren“.

Sozio-kulturelle Perspektive Australiens

Hypnotisch wird man tatsächlich in „The last Wave“ (Die letzte Flut, 1977) hineingezogen in den mystischen Bereich der australischen Eingeborenen, ihre Traditionen und Gesetze, und beginnt schließlich Geschehnisse und Reaktionen allmählich zu begreifen, für die in unserer Vorstellungswelt gemeinhin kein Platz ist. „Die letzte Flut“ ist ein Film, der dem europäischen Zuschauer zunächst fremd und hermetisch vorkommen mag, den er wahrscheinlich als Ergebnis pseudo-religiöser Strömungen deuten wird, die auch vor dem fünften Kontinent nicht halt gemacht haben.

Aus der sozio-kulturellen Perspektive Australiens sieht der Film freilich sehr viel konkreter aus. In Literatur, Film und Presse spielt das schlechte Gewissen der weißen Bevölkerung gegenüber den fast ausgerotteten Ureinwohnern eine immer stärkere Rolle, und unverheilte Wunden reißen wieder auf.

Das Bild einer riesigen Flutwelle, die visionäre Ahnung einer apokalyptischen Katastrophe steht am Ende des Films, nachdem nicht enden wollende Regenfälle über Sydney hereinbrachen, schwarzer Regen vom Himmel stürzte, und Stürme die Häuser verwüsteten. So durchdringen sich in „Die letzte Flut“ Traum und Realität, das Leben erstickt in einem riesigen Aquarium. Der Anwalt David Burton, den Richard Chamberlain großartig verkörpert, beginnt zu ahnen, daß seine hellseherischen Träume, in denen Kultgegenstände der Eingeborenen eine Rolle spielen, und die alltägliche Umgebung immer alptraumhaftere Züge annehmen, die Apokalypse, das Ende, dem die Wiedergerburt folgt, ankündigen.

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Seit 50.000 Jahren leben Eingeborene auf dem australischen Kontinent. Wo heute Sydney steht, war einst eine ihrer zentralen Kultstätten, unter dem Kanalisationsnetz sind die Überreste noch heute erhalten. Dorthin führt einer der Eingeborenen David, und an den Wänden der Kultstätte entdeckt er in den Zeichen der Traumzeit, was sich nun wirklich zu ereignen droht.

Filmisch dicht und überzeugend gelang Weir auch der den indonesischen Bürgerkrieg des Jahres 1965 thematisierende Film „The Year of living dangerously“ (Ein Jahr in der Hölle, 1982). In „Witness“ (Der einzige Zeuge, 1985) führen die Ermittlungen eines Mord- und Korruptionsfalles ins Gebiet der Amish, einer deutschstämmigen Sekte, die alle Errungenschaften der modernen Zivilisation ablehnt. Einfühlsam inszeniert Weir den Zusammenprall unterschiedlicher Lebensauffassungen, ohne dabei den Traum einer besseren Welt der Amish zu ironisieren oder gar zu denunzieren.

Exegese über die Kraft des Todeserlebnisses

In „Fearless“ (Fearless – Jenseits der Angst, 1993) überlebt ein erfolgreicher Architekt (Jeff Bridges) die Folgen eines Flugzeugabsturzes. Doch steht er seitdem seinem früheren Leben wie ein Fremder gegenüber. Eher eine Exegese über die verwandelnde Kraft des Todeserlebnisses als ein Katastrophenfilm, schließt der Film am kompromißlosesten an Weirs frühe Werke an, indem der Regisseur das Drama ins Spirituelle überhöht und so die scheinbaren Gewißheiten des modernen Lebens in Frage stellt.

1998 drehte Weir „The Truman Show“ (Die Truman Show), eine brillante Inszenierung um Medienmanipulation, Konformismus und Kommerzialisierung, in der der Versicherungsagent Truman Burbank (Jim Carrey) ohne sein Wissen vor dem Hintergrund einer gigantischen lebensechten Fernsehkulisse seit 30 Jahren Gegenstand einer weltweit live übertragenen „Seifenoper“ ist. Weirs vorläufig letzter Film war „Master and Commander: The far side of the World“ (Master & Commander – Bis ans Ende der Welt, 2003) mit Russell Crowe in der Titelrolle. Am 21.August feiert Peter Weir seinen 65. Geburtstag.

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