Seitdem Simone Young als Intendantin und Chefdirigentin das künstlerische Sagen an der Hamburger Staatsoper hat, sind die hanseatischen Opernfreunde gleichermaßen zu beneiden wie zu beglückwünschen, durften (und dürfen) sie nun doch bereits zum dritten Male in der noch jungen Ära Young Musiktheater vom feinsten erleben. Nach „Mathis der Maler“ (Hindemith) und „Simone Boccanegra“ (Verdi) kam in Hamburg jetzt Bejamin Brittens 1960 uraufgeführte Oper „A Midsummer Night’s Dream“ („Ein Sommernachtstraum“) in einer eindrucksvollen Neuinszenierung (und in der Original-Sprache) heraus. Während sich an deutschen Opernhäusern Regisseure im allgemeinen und ungestraft an Komponisten und deren Werken vergehen dürfen, zeigt Hamburg eindrucksvoll, daß es auch anders geht. Simone Young hatte sich als Regisseur für diese Oper den Neuseeländer Simon Phillips geholt. Und bewies damit abermals ein glückliches Händchen, wenn es darum geht, ihren dirigentischen Intentionen ein stimmiges inszenatorisches Äquivalent entgegenzusetzen. Und so geschieht auf der Bühne der Hamburger Staatsoper das Wunder, daß Musik und Handlung, Dirigat und Regie, aber auch das faszinierende Bühnenbild von Es Devlin sowie die „Licht-Regie“ von Nick Schlieper in vollkommener klanglicher, visueller, sängerisch-darstellerischer und ästhetischer Übereinstimmung in das geistige Zentrum dieses psychologisch so vielschichtigen, bisweilen auch traumatischen Märchens vordringen. So gerät das recht verzwickte und verzwackte Spiel um Irrungen und Wirrungen, um verschmähte und bedrohte Liebe, durch Zauberei ausgelöste Wollust, um Sehnsucht, um Rache, um Vergebung und Erlösung zu einem musikdramatischen und zugleich burlesken Vergnügen der besonderen Art. Young/Phillips schänden weder das Libretto noch den Komponisten, sondern bringen beiden allerhöchste Ehrerbietung, also Werktreue entgegen, dabei die phantastischen Freiräume dieses Märchenspiels mutig und facettenreich ausbalancierend. Die Zutaten für einen solchen auf- und anregenden Klang-Bilder- und Sinnenrausch sind also ein handwerklich sauberes und phantasiereiches Regie-Konzept, eine selbstbewußte Stabführerin am Pult des engagiert und romantisch aufspielenden Staatsphilharmonischen Orchesters sowie die bereits erwähnten Bühnenbild-und Lichtzauberein, deren „schöne Bilder“ das Publikum hörbar schwelgen und träumen ließen. Nicht zuletzt benötigt es ein vorzügliches, in Hamburg von der Regie in einen schauspielerischen Höhenrausch versetztes Sänger-Ensemble, in dem alles stimmte: Shakespeares Märchenwelt und die von Britten darauf gesetzte Musik erfuhr auch sängerisch eine traumwandlerisch sichere Umsetzung und Übereinstimmung zwischen Libretto und Partitur, zwischen Wort, Klang und Spiel. Das Premierenpublikum applaudierte stehend minutenlang allen Beteiligten an diesem großartigen Opernabend. Die nächsten Aufführungen finden statt am 15., 18. und 20. April jeweils um 19.30 Uhr an der Staatsoper Hamburg, Große Theaterstraße 25. Kartentelefon: 040 / 35 68 68 Foto: Oberon und Tytania
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