Mit schöner Regelmäßigkeit überfällt den konservativen Zeitungs- und Zeitschriftenleser die große Melancholie – und zwar immer dann, wenn einmal im Quartal die Zeitschrift Criticón erscheint, die sich heute im Untertitel „Magazin für Mittelstand, Marktwirtschaft und Freiheit“ nennt. In einer Selbstdarstellung der seit 1999 von Gunnar Sohn in Bonn herausgegebenen Zeitschrift heißt es, Criticón stehe für „das Bewußtsein für die Genialität von Markt, Wettbewerb und Unternehmen“; entlarvt werden soll die „freiheitsraubende Natur des Staates“ und die „Vermachtung der Wirtschaft“. Bereits hier nun verspürt der konservative Leser besagte Melancholie in sich aufsteigen – sofern ihm wahlweise nicht die Zornesröte ins Gesicht schießt. Denn soviel neoliberales Wortgeklingel gehörte nicht immer zum Rüstzeug von Criticón. Vielmehr stand die 1970 in München von dem Publizisten Caspar von Schrenck-Notzing gegründete und fast drei Jahrzehnte lang von ihm geleitete Zeitschrift für eine gediegene Essayistik konservativen Zuschnitts. Naive Staatsverachtung und Schwärmereien für die „Genialität des Marktes“ zählten in dieser Zeit keineswegs zum programmatischen Selbstverständnis, wenngleich in Criticón früh auch libertäre Auffassungen ihren Platz fanden. In einem seiner seltenen Interviews hat Baron von Schrenck-Notzing (Jahrgang 1927) jetzt noch einmal Einblicke in seinen geistigen Kosmos gewährt. „Der dichte Mediensmog und die immer durchgeknallteren Diskurse haben zur Folge, daß Konservativsein den Reiz hat, zu einem festen Standort außerhalb und einem unverstellten Horizont zu führen“, sagte er in einem Gespräch mit dem Herausgeber und Chefredakteur des libertären Magazins eigentümlich frei, André Lichtschlag. Widerspruch gegen den Zeitgeist und Konservatismus hätten sich für ihn, so Caspar von Schrenck-Notzing, stets „umstandslos“ ineinander gefügt. Gunnar Sohn müßte es dabei eigentlich in den Ohren klingeln. Kontakt: Eigentümlich frei, c/o Lichtschlag Medien und Werbung KG, An der Kolpingschule 4, 41516 Grevenbroich, Tel.: 0 21 81 / 7 22 37, E-Post: Lichtschlag@ef-magazin.de , Internet: www.ef-magazin.de
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