„Fragen Sie in der Türkei niemals nach dem Goethe-Institut!“ Türkischkenner erbauen sich gelegentlich an einem solchen Rat. Sie wissen nämlich, daß es im Türkischen ein Wort gibt, das so ähnlich klingt wie „Goethe“: Das türkische „göt“ ist, ins Deutsche übersetzt, ein derber Ausdruck für das Gesäß. Nur wer Brücken zwischen den beiden Sprachen und Kulturen baut, kann verstehen, wie sich etwa türkische Mitbürger fühlen müssen, die in Göttingen leben.
Daneben wird gern behauptet, daß die türkischen Goethe-Institute, die sich in Ankara, Istanbul und Izmir befinden, unter einem anderen Namen auftreten, um bei der einheimischen Bevölkerung keine peinlichen Mißverständnisse aufkommen zu lassen. Ein Blick auf die dortigen Netzauftritte des Kulturinstituts bestätigt diese Behauptung allerdings nicht.
Wert, werther, allerwertest
Doch scheinen sich die Botschafter deutscher Sprache und Kultur in Kleinasien auf andere Weise tarnen zu wollen. Veranstaltungen des Goethe-Instituts tragen nämlich häufig neben dem türkischen Titel noch eine zusätzliche Bezeichnung auf englisch, während Deutsch mitunter sogar schamhaft vermieden wird.
So lädt das Goethe-Institut derzeit zu einer Veranstaltung „İşte Güneş – Here comes the sun“, zu einer Fotoausstellung „990 Faces“ und zu einem Konzert in eine „Digital Concert Hall“ ein. Das British Council wird’s freuen. Möglicherweise ist den Goethe-Verantwortlichen die deutsche Sprache weder etwas wert, noch Werther, sondern sogar am Allerwertesten.
„Fack ju Göhte“
Wahrscheinlich ist es lediglich einigen eingeweihten „Kiezdeutsch“-Kennern bewußt, daß auch der Kassenschlager „Fack ju Göhte“ in seinem Titel ein Wortspiel mit „Goethe“ und „göt“ treibt. So fiel der Schauspielerin Collien Ulmen-Fernandes unlängst auf: „Ich habe von meiner Nichte neulich gehört, daß ‚Goethe‘ auf Schulhöfen als abwertendes Wort benutzt wird. Das hätte ich auf Anhieb nicht mit einem Schimpfwort in Verbindung gebracht.“ Ulmen-Fernandes führt diese Entwicklung auf den großen Erfolg des Films „Fack ju Göhte“ in den Lichtspielhäusern zurück. Vielleicht hat aber auch bloß ein multikulturelles Lehnwort die Schulhofsprache in den deutschen Großstädten bereichert.
Auch wenn also die Grenzen zwischen „göt“ und „Goethe“ immer mehr zu verschwimmen scheinen, sei dem Dichterfürsten das Schlußwort vorbehalten: „Edel sei der Mensch, / Hilfreich und gut! / Denn das allein / Unterscheidet ihn / Von allen Wesen, / Die wir kennen.“ Es stammt aus einem Gedicht von 1783, das den passenden Titel trägt: „Das Göttliche“. Nein, die Überschrift ist nicht aus dem Türkischen entlehnt. Daher soll jetzt bitte keiner denken, die Dichterworte seien für den A…