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Ehre unter Vorbehalt

Ehre unter Vorbehalt

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Ehre unter Vorbehalt

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40 Jahre lang regelte ein Erlaß des hessischen Ministerpräsidenten von 1973 die Stiftung des hessischen Ehrenbriefes, der, mit zugehöriger Ehrennadel, an Personen verliehen wird, die sich durch ehrenamtliche Tätigkeit um das Gemeinwohl verdient gemacht haben. Bis zum 31. Dezember vergangenen Jahres war „verleihen“ gleichbedeutend mit „übereignen“, denn Brief und Nadel „gehen in das Eigentum der oder des Ausgezeichneten über“ (Artikel 6).

Neuerdings erfolgt die Ehrung nur noch unter – wie man sich denken kann: politisch-korrektem – Vorbehalt: Der Erlaß wurde außer Kraft gesetzt, um Personen, die sich der Ehrung angeblich unwürdig erwiesen haben, diese nachträglich wieder abzuerkennen.

Darüber, wer ehrwürdig ist und wer nicht, entscheiden offenbar linke Medien wie das SPD-Medienholding-Pleiteblatt Frankfurter Rundschau und der Hessische Rundfunk, die mal wieder eine Kampagne „gegen Rechts“ betrieben haben. Zwar ging es auch um einen wegen Besitzes von Kinderpornographie verurteilten Pädophilen (der seinen Ehrenbrief verwendet hat, um sich das Vertrauen Minderjähriger zu erschleichen); im Mittelpunkt der Hetze stand aber die Lippoldsberger Buchhändlerin und Verlegerin Margret Nickel, die den Ehrenbrief 2001 für ihre Vorstandstätigkeit in einem Krankenpflegeverein erhalten hat. Die Inhaberin des von dem Schriftsteller Hans Grimm („Volk ohne Raum“) gegründeten Klosterhaus-Verlags engagiert sich auch bei der „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) und richtete ein Spendenkonto für die wegen „Holocaustleugnung“ verurteilte Ursula Haverbeck ein. Da sie eine Schrift vertrieb, in der diese den Holocaust bestritt, wurde sie 2011 zu einer Geldstrafe verurteilt.

Brief in obrigkeitsstaatlichem Ton

Da der Erlaß also extra geändert wurde, um „geehrte“, aber politisch mißliebige Personen trotz ihrer Verdienste etwa im sozialen Bereich rückwirkend zu „entehren“ (man könnte von einer „Lex Nickel“ sprechen), erhielt Frau Nickel kürzlich einen Brief des Landrats Uwe Schmidt (SPD), der die Verleihung gemäß Paragraph 49 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetztes (HVwVfG) widerrief und ihr ankündigte, Ehrenbrief und -nadel gemäß Paragraph 52 „einzuziehen“.

Der Brief ist in einem anmaßend-unverschämten Obrigkeitsstil verfaßt. Spontan könnte man meinen, daß ein solcher Ton eigentlich mit dem „deutschen Obrigkeitsstaat“ untergegangen sein sollte, aber natürlich muß man sich korrigieren: Untergegangen ist ja nur „das Deutsche“, die Obrigkeit blieb.

Vielleicht würde ich dem Landrat antworten, daß ich Brief und Nadel verloren oder weggeworfen hätte, da ihr Besitz für mich nichts sonderlich Ehrenhaftes mehr bedeute, worin ich mich durch einen solchen Behördenbrief bestätigt sähe. Müßte ich dann mit einer Hausdurchsuchung rechnen? Ich könnte die Sachen ja versteckt haben, um sie in Zukunft widerrechtlich zu verwenden. Oder hätte ich gar Schadensersatz für Dinge zu leisten, die mir immerhin gehört haben und zu deren Aufbewahrung ich nicht verpflichtet war, da ich ja nicht mit deren „Einziehung“ rechnen konnte?

Nationalgesinnte sollten sich international vernetzen

Eine andere Frage ist, ob das Land Hessen vielleicht eine Entschädigung zu zahlen hat? Paragraph 52 HVwVfG regelt die „Rückgabe von Urkunden oder Sachen“ durch den „Inhaber“ oder „Besitzer“ – hier geht es aber laut „Erlaß über die Stiftung des Ehrenbriefes des Landes Hessen“ ausdrücklich um das Eigentum, das unter dem Schutz von Artikel 14 Grundgesetz steht. Die Außerkraftsetzung des Erlasses und die „Einziehung“ haben also nicht nur den Charakter des Widerrufs eines Verwaltungsaktes, sondern auch den einer Enteignung, die nur „zum Wohle der Allgemeinheit“ und gegen eine angemessene Entschädigung erfolgen darf. Ersteres muß das Land Hessen zunächst nachweisen (in dem Schreiben wird das „öffentliche Interesse“ bemüht und schwammig auf die „demokratische Tradition“ sowie „Liberalität“, „Weltoffenheit“, „Meinungsfreiheit“ usw. hingewiesen); und anschließend hat, falls ihm dies gelingt, eine Entschädigungszahlung zu erfolgen, die den ideellen Wert, den diese Gegenstände für Frau Nickel haben, berücksichtigt.

In ihrem Antwortschreiben zeigt Frau Nickel sich kämpferisch. Sie beruft sich zum einen darauf, daß sie nicht vorbestraft sei (da ihre in den Medien aufgeblähte Geldstrafe nur auf einer „geringfügigen Erstverurteilung“ beruht), und weist zum anderen darauf hin, daß sich das Land Hessen bzw. die Bundesrepublik angesichts eines Gesinnungsparagraphen wie des – selbst unter deutschen Verfassungsrechtlern umstrittenen – Paragraphen 130 schwerlich einer großen Meinungsfreiheit rühmen könne. Explizit verweist sie auf den „Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte“, den die Bundesrepublik unterzeichnet habe und der nach Artikel 25 GG völkerrechtlich bindend sei. Daher gelte auch hierzulande der General Comment Nr. 34 des UN-Menschenrechtsausschusses, dessen Paragraph 49 die Einschränkung der Meinungsfreiheit bezüglich historischer Ereignisse ausdrücklich verbietet.

Bislang ist der internationale Rechtsweg, der auch die Möglichkeit der Individualbeschwerde vorsieht, in solchen Fällen noch nicht ausgeschöpft worden. Gerade national orientierte Bürger, denen hierzulande ihre Grundrechte oft nur noch in eingeschränkter Form „gewährt“ werden, sollten sich, im nationalen Interesse,  juristisch verstärkt international orientieren – vielleicht führt eines Tages eine Provinzposse dazu, daß eine (un-)heilige Kuh des Obrigkeitsstaates geschlachtet wird.

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