Eigentlich müßte man der Theodor-Heuss-Stiftung danken für ihre Wahl von Daniel Cohn-Bendit zum diesjährigen Träger ihres Preises. Damit hat die Stiftung unbeabsichtigt eine Grenze überschritten und eine Debatte zum Leben gebracht, die inzwischen nicht nur die pädophilen Strömungen bei den Grünen in der 1980er Jahren zum Thema hat, sondern generell die Ansichten über Sexualität dieser Partei und wie sie diese zum Politikum macht.
„Die verstörenden Sex-Fantasien der Grünen Jugend“ – so betitelte Alexander Kissler seine Kolumne am 10. September 2013 in Focus-Online und schrieb: „Hinter den Fantasien vom besseren Leben für alle verbirgt sich jedoch die Herrschaft von Gesetz und Sex, Quote und Umerziehung. Und Pädophilie ist sogar Anlaß für einen müden Witz.“
Am 15. September 2013 druckte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung den Artikel von Christian Füller, der einige Wochen davor von der taz in letzter Minute abgelehnt wurde. Füller schreibt: „Wieso nahmen Grüne die offen pädophile Propaganda widerspruchslos an? … Weil die Grünen Gläubige sind. Sie glauben fest an die Moral der grünen Kirche von der Bewahrung der Schöpfung, der ehrlichen Politik und einer besseren, grünen Welt.“ Dieser Glaube, so Füller, ist bestimmend für die Mentalität der Grünen: „Die grüne Ideologie steht nicht in Parteiprogrammen: Sie steckt bis heute in den Köpfen der Parteigänger.“ „Selbstbestimmte Sexualität und Kritik an der patriarchalen Gesellschaft waren unsere Themen damals“, sagen jene, die den Aufbruch gegen die verkapselte Post-NS-Gesellschaft wagten.
Radikales Umbauprojekt der Gesellschaft
Wie drückt sich diese Ideologie konkret aus? Die Debatte um die Pädophilie in den achtziger Jahren brachte manche dazu, nachzuforschen, was die Grünen sonst noch so parat haben und entdeckten manches. Einige Beispiele:
Bundestagsabgeordneter Hans-Christian Ströbele und Grüne Jugend wollen Inzestverbot aufheben. Grüne Jugend will Ehe abschaffen, Mehr-Eltern-Adoption (im Grunde eine Form der Polygamie) einführen, Drogen liberalisieren, die Zweigeschlechtlichkeit überwinden (kein Scherz). Grüne wollen Ehegesetz für homosexuelle Paare öffnen, Nahrungsvorschriften einführen, Abtreibung völlig liberalisieren und entkriminalisieren, Entsprechend der „Gender Mainstreaming“-Ideologie Kinder indoktrinieren und Ehegattensplitting abschaffen. Das alles zusammen ergibt ein radikales Umbauprojekt der Gesellschaft.
Die Grünen hatten etwa 30 Jahre lang so etwas wie Narrenfreiheit und meinten, daß sich niemand um die irrsinnigen politischen Visionen mancher Untergliederungen, vor allem der Grünen Jugend, kümmern würde. Nun ist der deutschen Öffentlichkeit klar geworden, welche Kloaken menschlicher Dekadenz sich in dieser Partei unbeschwert entfalten konnten, und sie ist entsetzt. Bündnis90/Die Grünen sind in den Umfragewerten inzwischen auf ihre Stammwählerschaft geschrumpft.
„Die Pädagogok der Neuen Linken“
Nun fragt man sich: Was ist in den Genen dieser Partei angelegt, das solche abstruse politische Visionen zum Leben bringt?
Eine Erklärung gibt das Buch „Die Pädagogik der Neuen Linken“ von Wolfgang Brezinka. Das Buch erschien 1972, ist aber immer noch aktuell und gerade im Hinblick auf die Debatte der letzten Monate äußerst interessant zu lesen. Sein Interesse galt vor allem den pädagogischen Theorien, die im Zuge der 1968er-Revolution entstanden und in den siebziger Jahren in die Praxis umgesetzt worden sind. Doch die ersten Kapitel behandeln die Ideologie, die Mentalität und die Entstehung der Neuen Linken, also der Vorgänger der Grünen. Leider können hier nur sehr wenige Zitate wiedergegeben werden.
Brezinka schreibt: „Als Quelle aller Übel wurde die Autorität verketzert. Weltanschauliche Bindungen galten als überholt. Das Ethos des Dienstes an der Gemeinschaft erschien als Bedrohung der Freiheit. Das Kritisieren wurde als wichtigstes Mittel zur Vermeidung neuer Knechtschaft ausgegeben. (…) In dieser Situation hat die Neue Linke den Kampf um die Macht aufgenommen.“
Gefühl der Unfehlbarkeit
Die systematische Kritik an den „Strukturen“ begünstigte nicht nur die Selbstgerechtigkeit, sondern auch eine Myopie für die eingehenden schwachen Seiten: Man hielt sich für unfehlbar in jeglicher Hinsicht. Kritik an Strömungen innerhalb der Partei konnte sich kaum entwickeln. Das galt Anfang der achtziger Jahre für die Pädophilen, heute gilt das für Leute wie Ströbele oder die Grüne Jugend.
Eine Bewegung mit solchen Einstellungen konnte nach Ansicht von Wolfgang Brezinka gedeihen, weil die bürgerliche Gesellschaft ihre Abwehrmechanismen verloren hatte: „Eine Gesellschaft, deren Mitglieder in erster Linie mit der Verfolgung ihrer wirtschaftlichen Interessen beschäftigt sind, besitzt wenig moralische Reserven, um sich in Krisenzeiten politisch behaupten zu können. Sie gewöhnt sich damit daran, selbstzufrieden dahinzuleben, die Gefahr zu verharmlosen und darauf zu bauen, daß politisch auch in Zukunft das bloße Hindurchwurschteln genügen wird.“ Das ist heute genauso der Fall wie 1972.
Den Grünen ist heute insbesondere diese Eigenschaft zum Verhängnis geworden: „Die Neue Linke ist eine Protestbewegung gegen die Industriegesellschaft, die aus dem romantischen Glauben an die Utopie ‘neuer Menschen’ in einer vollkommen ‘herrschaftsfreien Gesellschaft’ lebt.“
Mitgefühl für Tiere, Mitleidlosigkeit gegenüber dem menschlichen Embryo
Dieser Utopismus war die Grundlage für die Akzeptanz und sogar Förderung der Pädophilie in den eigenen Reihen – heute ist das beispielsweise für den Inzest der Fall. Man hielt es nicht für möglich, daß Gruppierungen, die die Geburt des „neuen Menschen“ anstrebten, böse Absichten haben könnten. Brezinka beschreibt diese Haltung folgendermaßen: „Sie ist eine weltliche Erweckungsbewegung, vergleichbar religiösen Sekten, die ihre vermeintlich gute Gesinnung auch den Menschen aufzudrängen versuchen.“ Stichwörter: Abschaffung der Ehe, Überwindung der Zweigeschlechtlichkeit, Veggie-Day.
Brezinka hat 1972 auf die Widersprüche der Neuen Linken hingewiesen, die heute die Grünen kennzeichnen: „Es finden sich neben naiv-fortschrittsgläubigen auch sehr pessimistische Aussagen über die Natur und die Zukunftsfähigkeit des Menschen.“ Die Grünen sind voll des Mitleids für die Tiere, die nicht „artgerecht“ leben und wollen ihnen alle möglichen „Rechte“ geben. Gleichzeitig sind sie für eine radikale Liberalisierung der Abtreibung, und ihre gesamte Umweltpolitik geht von der Vorstellung des Menschen als Raubtier aus. Brezinka: „Die Deutung unserer gesellschaftlichen Situation reicht von einseitig übertriebenen Schilderungen tatsächlich vorhandener Schattenseiten, aus denen echte Sorge um wirkliche Menschen spricht, bis zur totalen Verneinung alles Vorhandenen, zur Verachtung des Menschen, wie sie sind, zum Haß auf jegliche Ordnung, zur Lust an der Zerstörung, an der Anarchie.“
Wie will die Neue Linke das alles verändern: „Erziehung und Umerziehung sollen also vorwiegend dazu dienen, die Menschen ihrer Kultur zu entfremden, sie von den Bindungen an die Normen ihrer Gesellschaft zu ‘befreien’“. Zu diesem Zweck sollten Schulen, Universitäten, Medien und der Kulturbetrieb erobert werden.
Den Menschen zu seinem „Glück“ zwingen
Weil man die Schöpfung des „Neuen Menschen“ anstrebt, haben die Grünen überhaupt kein Problem, die Liberalisierung von Inzest und die Abschaffung der Ehe, das Sonntagsfahren und Süßigkeiten verbieten oder den Veggie-Day – nur in der Oberfläche widersprüchliche Forderungen – gleichzeitig zu fordern. Der Mensch muß eben zu seinem Glück gezwungen werden – so die grüne Anthropologie.
Die Grünen haben schon viel Macht für das Erreichen ihrer Ziele ansammeln können. Unsere Aufgabe ist es, sie anzuhalten, bevor es nicht mehr möglich ist.