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Das europäische Dilemma in Mali

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Angela Merkel hat Frankreich Hilfe für den Mali-Krieg zugesichert, Berlin unterstützt den französischen Angriff „voll und ganz“ – bislang mit zwei Transportflugzeugen, eine EU-Ausbildungsmission mit deutscher Beteiligung soll folgen.

Der auf die Bundeswehr spezialisierte Journalist Marco Seliger hat „inoffiziell aus dem Verteidigungsministerium erfahren“, daß die Europäische Union knapp 420 Soldaten für eine „Ausbildungsmission“ nach Mali schicken möchte, darunter 40 deutsche. Damit soll die schwache malische Armee aufgemöbelt werden. Dies wird von der Hauptstadt Bamako aus geschehen, die im zur Zeit noch relativ sicheren Süden Malis liegt.

Während knapp 2150 französische Soldaten mit ihrer Gegenoffensive „Operation Serval“ erste Erfolge verbuchen, allerdings auch Gefallene beklagen, möchte Deutschland sich komplett aus den Kampfhandlungen heraushalten und sich auf die Ausbildung und finanzielle Unterstützung beschränken. Auch Großbritannien ist diesbezüglich zurückhaltend: Laut offiziellen Aussagen seien britische Soldaten für logistische Unterstützung vorgesehen, nicht jedoch für einen Kampfeinsatz.

Die waffentechnische Überlegenheit allein schafft noch keinen Sieg

Der Grund für das vermeintlich plötzliche französische Eingreifen sind verschiedene islamistische Kampfverbände, die im Norden Malis und im Süden Algeriens die Machtfrage gestellt haben. Eine Destabilisierung Malis durch die internationalen und multiethnisch aufgestellten Guerillas hätte auch andere fragile Staaten in der Region gefährdet, womit auch der Handel mit den in Nord-, West- und Zentralafrika reichlich vorhandenen Rohstoffen erschwert worden wäre – die brutale Geiselnahme auf dem algerischen Gasfeld Ain Amenas mag als ein Argument für diese These dienen.

Der französische Konzern Areva hat seit 1968 knapp 100.000 Tonnen Uran im östlich an Mali angrenzenden Niger abgebaut, und Frankreich bezieht seinen elektrischen Strom zu knapp 80 Prozent aus Atomkraft. Daher ist aus französischer Sicht verständlich, daß sie zügig reagiert haben. Auch das unmittelbar betroffene Algerien ist als viertgrößter Erdgas- und zehntgrößter Erdölproduzent der Welt ein wichtiger Rohstofflieferant. Ähnliches läßt sich für beinahe jedes Land der Region sagen.

Nur, wie weiter? Die jüngsten militärischen Erfolge der Franzosen sind in erster Linie mit ihrer waffentechnischen Überlegenheit und der starken Luftunterstützung zu erklären, die islamistischen Kämpfer sind damit noch lange nicht besiegt.

Islamisten greifen auf perspektivlose junge Männer zurück

Und abgesehen davon, daß Malis Regierung extrem schwach ist und die Islamisten vermutlich ausreichend finanzielle und logistische Unterstützung aus wahabbitischen Quellen erhalten, bietet der Norden Malis mitsamt den Nachbarländern nahezu perfekte Bedingungen für einen Guerillakrieg. Die Wüste bietet weiten Raum und natürliche Deckung, zumal die Islamisten durch ihr Bündnis mit Tuareg-Milizen auf jahrhundertelange Erfahrung im Wüstenkampf zurückgreifen können.

Die Bevölkerung bietet nicht nur eine Vielzahl perspektivloser junger Männer als potentielle Rekruten, sie ist auch wenig zivilisiert. Ihre Loyalität gilt keinem Staat, sondern ihrem jeweiligen Stamm. Die niedergelassene, von Subsistenzwirtschaft geprägte Bevölkerung wird sich an diejenige Konfliktpartei halten, die Sicherheit bieten kann. Dabei ist es irrelevant, ob die Scharia oder die Menschenrechte gepredigt werden.

Trotz ihrer jüngsten Niederlagen sind die Islamisten also immer noch in der Offensive. Einerlei wie stark oder schwach sie derzeit sind: So lange sie noch existieren, werden sie nicht besiegt sein – das ist das Prinzip des Guerillakrieges. Angesichts ihrer internationalen Rekrutierungsmöglichkeiten ist es unwahrscheinlich, daß sie personell ausbluten. Sehr wahrscheinlich ist hingegen, daß europäische Streitkräfte nicht das Durchhaltevermögen und die Fähigkeit haben, „Guerillas auf Guerillaart“ (frei nach Schmitt) zu bekämpfen.

Intervention an afrikanische Kräfte übergeben

Die wahrscheinlich einzige Möglichkeit für Frankreich und die Europäische Union, nicht wieder in einem jahrzehntelangen Fiasko zu scheitern, wäre die kurze Intervention mit einer schnellen Übergabe an afrikanische Kräfte. Wenn das nicht gelingen sollte, dann wird der Krieg Jahre dauern.

Im letzteren Fall wird sich weder die britische, noch die deutsche Beteiligung auf Ausbildung und Logistik beschränken lassen – allen aktuellen Beteuerungen zum Trotz. Und je länger dieser Krieg dauert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer europäischen Niederlage.

Das Dilemma Europas ist, daß es zwar ein vitales Interesse am Frieden in Mali hat, gleichzeitig aber nicht die Kraft, diesen Frieden aus eigener Kraft zu erzwingen. Es bleibt die Hoffnung, daß Afrika seine Islamisten selbst besiegt.

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