Aufgeregte Debatten über den Islam gehören mittlerweile zum Alltagsbild. Sie werden nicht nur von Thilo Sarrazin oder auf dem publikumsträchtigen Blog „politically incorrect“ geführt. JF-Autor Manfred Kleine-Hartlage hat über den Islam einen zugespitzten Band mit dem Titel „Das Djihad-System“ veröffentlicht, und im vorletzten Beitrag wurde hier an dieser Stelle auf die „Männer vom Arat“ hingewiesen, die mittlerweile im Land angekommen seien und sich gegenüber der Germanenpolizei aggressiv gebärden.
Allen diesen Debatten liegen die Annahme und die aktuelle Erfahrung zugrunde, Moslems beziehungsweise die Völker muslimischen Glaubens seien eine dynamische, gewalttätige Kraft und deswegen eine reale Bedrohung. Sich über diese Bedrohung Gedanken zu machen, ist sowohl legitim wie notwendig. Legitim und notwendig ist es aber auch, sich zur Selbstvergewisserung ein paar Gedanken über die Vergangenheit und die gegenwärtige Außenwirkung des „aufgeklärt“, aber offiziell immer noch christlichen Westens auf die islamische Welt zu machen.
Was der eine oder andere über „Geschichte“ zu wissen glaubt, spielt ja immer eine Rolle. Da hat sich das Bild verschoben. Noch vor wenigen Jahrzehnten galt die muslimische Welt im Westen unbestritten als ein Sinnbild von Verschlafenheit: intellektuell, politisch, wirtschaftlich und selbst demographisch. Es ist zum Beispiel noch keine hundert Jahre her, daß die liberale italienische Regierung Teile von Kleinasien, also der heutigen Türkei, forderte, um den italienischen Bevölkerungsüberschuß dort unterzubringen.
Seit 1400 Jahren fordert der Kreuzzug jeden Tag Opfer
Was also könnte etwa ein Moslem dem Christentum entgegenhalten, oder anders gefragt: Welche Religion will eigentlich mit Gewalt die Welt erobern? Wer respektiert Verträge mit – aus seiner Sicht – Un-Gläubigen nicht? Können Christen und Liberaldemokraten mit Grund von einseitiger Gewalt auf muslimischer Seite sprechen? Seien wir also der „Anwalt der Gegenseite“ und sagen folgendes, auch mit Blick auf Deutschland und die Reste Germaniens:
Es war nicht der Islam, der als fremde Religion nach Deutschland und ins übrige germanische Europa kam und erst mit Gewalt durchgesetzt wurde.
Nicht der Islam hat alle damals existierenden heiligen Stätten und Artefakte in Deutschland und Skandinavien zerstört und/oder mit eigenen Kultplätzen überbaut.
Nicht der Islam hat die Teile der sächsischen und alemannischen Eliten (später weiter östlich auch der slawischen) getötet, die sich dieser Entwicklung nicht beugen wollten.
Nicht der Islam hat jahrhundertelang dafür gesorgt, daß das Göttliche in Deutschland offiziell nicht in der Landessprache angesprochen werden konnte.
Nicht der Islam hat in Deutschland und ganz Europa zehntausende Menschen bei lebendigem Leib verbrannt, die ihm religiös verdächtig schienen.
Anspruch auf absolute Weltherrschaft
Nicht der Islam hat in immer neuen Kreuzzügen nach außen und innen (z. B. gegen die Katharer) jede religiöse Abweichung blutig unterbunden.
Es war das Oberhaupt der Christen, das im Vertrag von Tordesillas die gesamte Welt – auch den damals noch unbekannten Teil – unter christlichen Staaten aufgeteilt und vielfach den Anspruch auf absolute Weltherrschaft erhoben hat.
Es waren Christen, die in den letzten Jahrhunderten mit Nord- und Südamerika und Australien gleich drei Kontinente durch Eroberung zu ihrer religiösen Sphäre hinzugefügt haben, unter kompletter Umvolkung und weitgehender Ausrottung der bis dahin dort existierenden Völker und Kulturen.
Keine islamische Bedrohung hat die christlichen Heere im 19. Jahrhundert dazu gewungen, in Zentralasien, Nord-Ostafrika und Indien einzurücken und dabei Hunderttausende Muslime zu töten.
Nicht der Islam hat Europa erobert und in koloniale Abhängigkeit gebracht, sondern christliche Staaten haben fast die ganze islamische Welt erobert und vor knapp hundert Jahren nach Gutdünken aufgeteilt.
Es sind vier christliche Staaten und ein atheistischer, die heute im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen den Anspruch erheben, über dem internationalen Recht zu stehen, kein muslimischer.
Ist es nicht so, daß der Kreuzzug des Christentums und der „westlichen Werte“ gegen den Rest der Welt seit 1400 Jahren jeden Tag seine Opfer fordert und keine Grenzen anerkennt? Muß man nicht vom Kreuzzugs-System sprechen?