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Aufstand der Unsterblichen

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Aufstand der Unsterblichen

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Vermummte Proteste gegen die Obrigkeit haben als „Rügegerichte“ eine lange Tradition; besonders bedeutend war das oberbayerische Haberfeldtreiben. Ende des 19. Jahrhunderts ging die Regierung aber immer drakonischer gegen die „Habererer“ vor und unterdrückte dieses, meist nicht mit physischer Gewalt verbundene, archaische Brauchtum. Kurzfristig wiederbelebt wurde es 2008 und 2009 von Landwirten, die die Politik der bayerischen Staatsregierung sowie des Deutschen Bauernverbandes kritisierten – die politische Klasse zeigte wenig Sinn für Tradition und greinte, daß dergleichen „nicht zu unserer Demokratie passe.“

In den letzten Jahren hat das Maskenwesen in der politischen Auseinandersetzung wieder zugenommen und wird derzeit so selbstverständlich von linken Protestbewegungen praktiziert, daß man sich an die Guy-Fawkes-Masken schon längst gewöhnt hat. Auch die Staatsorgane scheinen sich an den Auftritten der Anonymous- und Occupy-Szene wenig zu stören. Beide Netzwerke verfolgen schließlich gutmenschliche Ziele. Es geht gegen Banken und Großunternehmen, im Fall von „Anonymous“ auch gegen die Scientology-Sekte und zuletzt auf der Webseite „Nazi-Leaks“ gegen – tatsächliche oder vermeintliche – Rechte, das heißt auch gegen Autoren und sogar Interviewpartner dieser Zeitung.

Wenn hinter der Maske ein Rechter steckt

Anders verhält es sich, wenn Rechte sich ebenfalls Masken bedienen, was einen neuen Trend innerhalb der anarchisch vernetzten „freien Kräfte“ darstellt: Die öffentliche Initialzündung war am 1. Mai 2011 in Bautzen ein „spontaner“ beziehungsweise als „flashmob“ organisierter Umzug weißmaskierter, junger Leute mit Fackeln, dem in den letzten Monaten weitere Aktionen unter anderem in Guben, Stolpen, Hannover, Karlsruhe und Berlin folgten. Fast kann man schon von einer neuen Bewegung sprechen, deren Anhänger sich „die Unsterblichen“ nennen und in mystisch inszenierten Youtube-Videos sowie auf ihrer Internetseite zur Nachahmung aufrufen.

Um gewöhnliche Demonstrationen handelt es sich bei den pathetischen Fackel-Umzügen nicht, obwohl eine politische Botschaft – diejenige vom „Volkstod“ infolge Gebärkrise und Masseneinwanderung – im Mittelpunkt steht. Eher kann angesichts des einheitlichen Erscheinungsbildes und nicht nur im Sinne der üblichen Verunglimpfungen nichtlinker Demonstranten durch die Medien von „Aufmärschen“ gesprochen werden.

Nationale Subkultur experimentiert mit neuen Aktionsformen

Man mag diese nun, wie die Mainstream-Presse, „schaurig“ finden, oder ihre durch die Einfachheit der Mittel noch gesteigerte, düstere Ästhetik hervorheben – in jedem Fall zeigt sich, daß die nationale Subkultur mit neuen Aktionsformen experimentiert. Selbst Fabian Wichmann von der „Neonaziaussteiger-Organisation“ EXIT Deutschland muß diesen Aktionen eine gewisse „Poppigkeit“ zusprechen, auch wenn er in den Inhalten nur „klassisch völkische Ideologie“ und „Rassismus“ erkennen kann (letzterer besteht für ihn schon in der Rede vom „Volkstod“), und beklagt, daß „die Unsterblichen“ durch „polizeiliche Repression nicht so leicht zu fassen sind“.

Dabei fehlt es an letzterer gar nicht, schließlich wurden kürzlich – wohlgemerkt, wegen des Verdachts einer nicht genehmigten Demonstration! – 44 Wohnungen in vier Bundesländern durchsucht. Ein Bericht von einer solchen Hausdurchsuchung findet sich in einem „Gedankenprotokoll“ auf der Seite des Netzwerks „Spreelichter“, das nach Auffassung des Verfassungsschutzes und von EXIT organisatorisch mit den „Unsterblichen“ verbunden sein soll.

Anonyme Denunzianten entlarven die Parole „Gesicht zeigen“

Weiße Masken und Spontandemos sind also kein Privileg der Linken. Trotzdem darf man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen: Die „Anonymous“-Aktivisten verbergen sich hinter der Maske eines Terroristen, der einen Anschlag auf das britische Parlament verüben wollte beziehungsweise hinter dessen Darstellung in der pseudo-antifaschistischen Comicserie „V wie Vendetta“. Sie stellen sich mit dem Namen „Nazi-Leaks“ zu Unrecht in eine Reihe mit „Wikileaks“, dessen mutiger Gründer Julian Assange mit Namen und Gesicht für seine Enthüllungen einsteht. Und sie entlarven ungewollt die Parole „Gesicht zeigen“ der „Anständigen“ und „Bunten“.

Gerade indem sie Masken tragen, zeigen sie das wahre „Gesicht“ der anonymen Denunzianten, die sich solcher Phrasen bedienen. Die „Unsterblichen“ denunzieren hingegen niemanden persönlich, sondern protestieren mit ihren weißen Masken gegen den „Tod“ der „weißen Völker“. Möglicherweise verstoßen ihre unangemeldeten Aufzüge gegen das Demonstrationsrecht sowie das Vermummungsverbot – allerdings muß dies vor dem Hintergrund der immer stärkeren, einseitigen Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bewertet werden. Wenn die staatlichen Repräsentanten sich entschließen könnten, die demokratischen Rechte allen Bürgern gleichermaßen zu gewähren, würden solche nächtlichen Aktionen überflüssig.

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