BERLIN. Das vom Augsburger Bischof Konrad Zdarsa gegenüber dem Pfarrer Georg Alois Oblinger verhängte Schreibverbot ist unter Katholiken auf scharfe Kritik gestoßen. Der Vorsitzende des Forums Deutscher Katholiken, Hubert Gindert, rief Bischof Zdarsa auf, seine Entscheidung nochmals zu überdenken.
„Die Vorgehensweise des Ordinariats ist mir unverständlich. Die Kirche müßte Pfarrer Oblinger dankbar sein, daß er in einer Reihe von Artikeln zu gesellschaftlichen und religiösen Themen aus katholischer Sicht klar Stellung bezogen hat“, sagte Gindert der JUNGEN FREIHEIT. Er gehe davon aus, daß der Bischof in dem konkreten Fall nicht richtig beraten worden sei.
Zdarsa hatte Oblinger für seine Veröffentlichungen in der JUNGEN FREIHEIT kritisiert und ihn angewiesen, nicht mehr in der Wochenzeitung zu publizieren. Das Bistum schätze zwar das journalistische Engagement des Ichenhausener Stadtpfarrers – jedoch nicht in der JUNGEN FREIHEIT, erläuterte der Sprecher des Bistums, Markus Kremser, gegenüber der Augsburger Allgemeinen.
AEK-Sprecher Lohmann kritisiert Entscheidung
Kritik an der Entscheidung des Bischofs kam auch aus der Union: Der Sprecher des Arbeitskreises Engagierter Katholiken (AEK) in der CDU, Martin Lohmann, sagte der JF: „Ich vermute ein eklatantes Mißverständnis und vielleicht eine zugelassene Unkenntnis, wenn einem profilierten und begabten Geistlichen die Feder verboten werden soll.“
Es sei bedenklich und höchst unfair, wenn konservative Überzeugungen fahrlässig als rechts bezeichnet würden, um damit einen undemokratischen Geruch zu verbreiten, kritisierte der Publizist. Wirklich konservatives Denken sei aufgeschlossenes Denken und habe nichts mit „rechts“ zu tun: „Ich halte es da gerne mit einem Vordenker der Aufklärung namens Voltaire, der einmal sagte, er werde gegen die andere Meinung eines anderen kämpfen, aber noch mehr werde er dafür kämpfen, daß dieser seine Meinung äußern darf.“
Goppel: „Oblingers mutiges Wort hat zur rechten Zeit für Bandbreite gesorgt“
Laut dem Sprecher der ChristSozialen Katholiken in der CSU, Thomas Goppel, müsse jeder selbst darüber entscheiden, was er wo publiziere. Die Einschränkungen, denen ein Autor dabei unterliege, richteten sich dabei allerdings nach seiner persönlichen Stellung in der Gesellschaft. Für diese habe sich die katholische Kirche Beschränkung auferlegt. „Soweit diese den Inhalt der Aussagen betrifft, die ein Autor wie der Günzburger Pfarrer Oblinger zur öffentlichen Diskussion beisteuert, sind die Einschränkungen des Arbeitgebers Kirche nachvollziehbar“, betonte der CSU-Abgeordnete gegenüber der JF deutlich.
Wenn allerdings Auflagen erfolgten oder Verbote ausgesprochen würden, was den Publikationsort angehe, tue sich die Kirche keinen Gefallen, wenn sie sich auf ständig wiederholte Vermutungen der publizistischen Konkurrenz berufe, die einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten, um sich beispielsweise von der JUNGEN FREIHEIT fernzuhalten.
„Der Vollständigkeit der Meinungsbildung wegen lege ich – und mit mir viele andere – Wert darauf, in kirchlichen Grundsatzfragen nicht nur den Kommentar der Nihilisten, der Moderne und der Andersgläubigen abgedruckt zu finden. Da hat Oblingers mutiges Wort zur rechten Zeit für eine Bandbreite gesorgt. Schade, wenn das nicht mehr möglich sein soll“, gab der frühere CSU-Generalsekretär zu bedenken.
Das Bistum Augsburg wollte sich gegenüber dieser Zeitung nicht zu dem Vorgang äußern. In Personalangelegenheiten könne man zum Schutz der betroffenen Personen keine Auskunft erteilen, hieß es in einem Schrieben des Bischöflichen Sekretärs, Domvikar Benjamin Beck.
Oblinger will sich an Schreibverbot halten
Der frühere baden-württembergische Landtagsabgeordnete Stephan Braun (SPD) äußerte Verständnis für die Entscheidung des Bistums. „Wer für so ein Blatt regelmäßig schreibt, identifiziert sich in gewisser Weise mit ihm. Ich würde meine Kinder nicht zu ihm in den Religionsunterricht schicken“, warnte Braun.
Oblinger selbst sagte der Augsburger Allgemeinen, er werde sich selbstverständlich an die Weisungen der Diözese halten. Gehorsam sei eine wichtige Tugend für einen Geistlichen. Und der Gehorsam fange dort an, wo man anderer Meinung sei. (krk)