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Zwergenquote

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Ob es etwas mit Napoleon zu tun hat? Jedenfalls scheinen französische Männer, wenn sie ein wenig kleingeraten sind, ein besonders intensives Verhältnis zu ihrer Körpergröße zu pflegen, das irgendwo zwischen Louis de Funès – komödiantischer „Giftzwerg“ – und Nicolas Sarkozy – eitler, arroganter Giftzwerg eher ohne Anführungszeichen – als habituellen Ausprägungen oszilliert.

Letzterer amüsiert die Öffentlichkeit immer wieder unfreiwilligerweise durch Berichte über „Größen-Castings“, die vor protokollarischen Anlässen durchgeführt werden müssen, damit auch niemand auf ihn herabsähe; vor einigen Wochen soll Sarkozy das indische Außenministerium bei seinem Staatsbesuch mit der Suche nach möglichst kleinen Sicherheitsbeamten in Verlegenheit gebracht haben.

Schuhe mit Korkbett für das Ego

Da die Körpergröße, anders als etwa die weibliche Brust, durch Silikonkissen nicht oder nur sehr unvorteilhaft zu verändern wäre und sich nicht so viele kleine Männer aufwendigen Beinoperationen unterziehen möchten – bei denen die Unterschenkelknochen zersägt, auseinandergezogen und die Fugen durch nachwachsendes Knochenmaterial ausgefüllt werden –, sind der kosmetischen Chirurgie Grenzen gesetzt, die auch die Schuh-Industrie nur schwer überschreiten kann.

Zwar produziert die italienische Firma Mario Bertulli schon seit Jahrzehnten Schuhe, die ihren Träger durch ein den Absatz äußerlich nicht erhöhendes Korkbett ein wenig größer erscheinen lassen, aber die paar Zentimeter würden Sarkozy mit seinen 1,67 Meter – wenn man ihm diese glauben darf – auch nur die 1,70er Marke geringfügig überragen lassen.

Alternativen: Gentechnik oder Diva-Gebaren

Einzig die Genforschung könnte für künftige Generationen Abhilfe schaffen, da man auch durch hochwertige und reichliche Ernährung – die wahrscheinliche Ursache der anthropometrischen Akzeleration der nach 1945 in den Industrieländern aufgewachsenen Generationen – niemanden auf Zweimetermaß bringt, dessen Eltern 1,60 Meter messen; und wahrscheinlich wird die Anpassung an den „internationalen Markt“ gegenüber ethischen Bedenken, die namentlich in Deutschland gegen das „Designerbaby“ der Bessergestellten erhoben werden, früher oder später als „alternativlos“ erscheinen.

Der heutige deutsche Umgang mit kleinem Wuchs müßte eigentlich auch ganz anders aussehen als der amerikanische oder französische – Gentechnik oder Divagebaren: Ich habe mich schon oft darüber gewundert, daß es keine Quoten für Kleinwüchsige, ja noch nicht einmal entsprechende Lobby-Gruppen gibt. Schließlich ist statistisch belegt, daß das Einkommen von Männern mit der Körpergröße steigt. Jedenfalls bis zu einem gewissen „Idealmaß“ etwas oberhalb des Durchschnitts.

Einkommen korreliert mit Körpergröße

Ob die Einkommen sehr großer Männer nicht signifikant vom Durchschnitt abweichen oder gar darunter liegen, wurde weniger gründlich erforscht. Und im Gegensatz zu anderen Schönheitsidealen, die zum Teil wechselnden kulturbedingten und modischen Maßstäben unterliegen, ist die Größe ein verhältnismäßig „hartes“ Kriterium, allemal exakter als sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit oder selbst das Geschlecht. Zumindest in den Zeiten der Genderforschung.

Wäre ich Rechtsanwalt, könnte ich vielleicht kurzzeitig in Versuchung kommen, über entsprechende „Initiativen“ und Rechtswege nachzudenken, zumal ich dann von einer Ausweitung der „Gleichstellungspolitik“ sowohl beruflich, durch Diskriminierungsklagen, als auch persönlich – durch meine „sarkozeske“ Größe, die es mir erlaubt, einigermaßen ungehässig über Sarkozy zu lästern – profitieren würde.

Statt Quote Freunde an der Vielfalt

Eigentlich bin ich aber gegen jede Quote wegen irgendwelcher Äußerlichkeiten – lieber würde ich Sarkozy an Napoleon erinnern (aber nicht zu eindringlich, damit er ihm nicht zu sehr nacheifert) und allgemein empfehlen, tatsächliche oder vermeintliche Benachteiligungen soweit möglich durch Leistungswillen auszugleichen. Und wo dies nicht möglich ist – und keine behandelbaren Krankheiten vorliegen –, sollte man sich an der Vielfalt der Natur freuen, statt totalitäre Gleichschaltungsphantasien zu hegen.

Selbst wenn aber eine solche Quote eingeführt würde, bräuchte sie immerhin für die Politik nicht zu gelten, wie Sarkozy, Merkel oder Schröder, Putin und Medwedew, Berlusconi oder Barroso zeigen. Vielleicht gibt es doch so etwas wie ein „politometrisches“ Napoleonsyndrom – als Forschungsgebiet einer noch zu kreierenden Wissenschaft, die sich mit der Körpergröße von Politikern befaßt?

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