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Rainer Langhans im Dschungelcamp

Rainer Langhans im Dschungelcamp

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Rainer Langhans im Dschungelcamp

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Bekanntlich findet nach Karl Marx jedes historische Ereignis zweimal statt: einmal als Tragödie und einmal als Farce. Sicher wollte Alt-68er Rainer Langhans, der Mitbegründer der legendären Kommune 1, dieses Marx’sche Diktum in den letzten Tagen, die er mit anderen „Stars“ im RTL-Dschungelcamp verbrachte, nicht freiwillig bestätigen – Humor und Selbstironie sind nicht die hervorstechendsten Tugenden ergrauter Revoluzzer.

Und so gab er ganz ernsthaft den Dschungel-Nestor zwischen B-Prominenz aus dem Model-, Pop-, Fernseh- und sonstigem Unterhaltungsbusiness, trat – eine Methode des politischen Kampfes imitierend – kurzzeitig mal in den „Hungerstreik“, beklagte sich nach seiner Abwahl aus dem Camp, daß die Produzenten der Show ihn zu langweilig dargestellt hätten, freut sich aber, daß es eine schöne und erlebnisreiche Zeit war, und hat wenig Verständnis für Kritiker aus dem einstigen Milieu, die ihm, wie Uschi Obermayer, „Mediengeilheit“ vorwerfen.

Traurige erbärmliche Witzfigur“

Eine „traurige, erbärmliche Witzfigur“ nannte ihn seine frühere Freundin sogar und behauptete, gar nicht so viel essen zu können, wie sie kotzen möchte, wenn sie ihn so sähe. Aus traditionalistischer 68er-Sicht mag solcher Groll verständlich sein, und mancher Gesinnungsgenosse wird mit Abscheu nach der Fernbedienung gegriffen (dann aber doch weiter zugeschaut) haben, wenn er den Altkommunarden sich in der RTL-Zuschauerquotenkommune, dem Inbegriff flachster Unterhaltung um des Kommerzes willen, für immerhin 50.000 kapitalistische Euro prostituieren sah.

Hat er sich aber wirklich nur korrumpieren lassen und seine einstigen Ideale von freier Liebe, vom Kampf gegen eine als überlebt und faschistoid angesehene Gesellschaft und von der Revolution des privaten wie des öffentlichen Lebens wirklich verraten?

Gerade Linie von der Kommune zum Fernsehklamauk

Keineswegs. Er hat sie sogar konsequent weiterverfolgt, denn von den Experimenten der Kommune bis zum Klamauk des Privatfernsehens führt eine gerade Linie. Das Private wurde programmgemäß öffentlich – wie man an Dschungel-, Talk- und Container-Shows, im „social web“, an der Enttabuisierung des Pornographischen sowie des früher „pervers“ Genannten täglich beobachten kann, und die Sexualität wurde politisiert – damit aber auch die Politik sexualisiert bzw. zur medialen Inszenierung verpoppt.

Die für unsere Großeltern selbstverständliche, bei unseren Eltern noch vorherrschende Familienstruktur ist nur noch ein Modell unter vielen. Man muß sie heute nicht nostalgisch verklären, sondern sollte sich lieber bemühen, sie zu praktizieren; vielleicht ist sie auch nicht für jeden gleichermaßen geeignet, aber ein anderes Modell, das sowohl leiblich-seelische Bedürfnisse befriedigt als auch den Fortbestand der Gesellschaft sichert, ist von den Kommunarden nicht erfunden worden.

Wandel zum „Eso-Faschisten“

Charakteristisch für deren Vordenker, der sein Leben lang mit unkonventionellen Formen des Zusammenlebens experimentierte, ist vielmehr der Umschlag von einem Extrem ins Andere: Der „Revolutionär“, der einst mit Uschi Obermayer eine – wirklich? – neue Form von freier Liebe erproben wollte, wandelte sich zum Asketen, der wegen seiner spirituellen Neigungen schon als „Eso-Faschist“ beschimpft wurde.

Daß er stets auf der Suche war, ist ihm nicht vorzuwerfen, sondern daß er ganz undialektisch immer bei Negationen steckenblieb. Nach der Verneinung sinnenfeindlicher bürgerlicher Konventionen kam die Verneinung des Körperlichen in der Hoffnung, das Geistige zu gewinnen; und wenn man einen etwas überhöhten Vergleich heranziehen möchte, kann man an die mythisierte Lebensgeschichte des Prinzen Gautama denken: Auf die Stufe des jungen „Weltlings“ folgte die des radikalen Asketen, aber auch auf dieser fand der spätere Buddha keine Erleuchtung.

Karriere als Buddha scheint verbaut

Zum Buddha wird es der Hippie-Yogi Langhans wohl nicht mehr bringen, aber immerhin erscheint er in einem RTL-Dschungelcamp, obgleich von ihm und seinen Genossen geistig vorbereitet, noch als Außenseiter, was sich von Uschi Obermayer nicht behaupten ließe. Das „erste deutsche Groupie“ und damalige „Topmodel“ wollte stets nur dasselbe wie alle heutigen „Dschungel-“, „Big Brother-“ und „Super“-Stars: Geld verdienen und Spaß haben.

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