Mittwoch, 27.10.2010
Etwa 50 Opfer der kommunistischen Boden-„reform“ protestieren vor dem Brandenburger Landtag für schnellere Erbenermittlung, auf einem Transparent wird die Rückgabe der enteigneten Gebiete gefordert. In Stuttgart gehen Zehntausende wegen „Stuttgart21“ auf die Straße, weil sie die Demokratie in den letzten Atemzügen sehen. Geht es aber um den Protest gegen reale Skandale mit schweren ethischen Verwerfungen bis hin zu Rechtsbrüchen, wie in der Enteignungs-Frage, dann kommt nur ein kleiner Haufen zusammen. Es fehlt die Lobby und die Betroffenheit. Aus diesem Grunde halte ich nichts von „Volksherrschaft“, was nicht heißt, daß ich auch nichts vom Rechtsstaat halten würde.
Freitag, 29.10.2010
Auf Pro-Stuttgart21-Demonstrationen werden T-Shirts mit dem Slogan „Oben ohne – tu ihn unten rein“ mit Zeichnung einer Frau in entsprechender Pose verkauft. Wie die Welt nun berichtet, beschwerten sich darüber der Deutsche Gewerkschaftsbund und der „Landesfrauenrat“ in einem Brief an Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU).
Mappus und Verkehrsminister Gönner werden aufgefordert, „sich umgehend von diesen sexistischen und diffamierenden Formen der politischen Auseinandersetzung zu distanzieren und bei den Verantwortlichen der Gruppe der Befürworter auf die Rücknahme dieser unsäglichen Exponate einzuwirken“. Ein Sprecher der Gruppierung „Bürger für Stuttgart21“ sagt dazu, man distanziere sich davon, das T-Shirt werde von der Gruppierung nicht verkauft. Die angeblich „konservative“ Welt eignet sich die Propaganda an und spricht in der Überschrift von einem „Sexistischen Bahnhofsslogan“.
Was sind das für Leute, die unseren Staat führen? Bin wirklich nur ich irre? Oder bin ich zweimal irre? Man kann solche Sachen als nebensächliches Blöken einiger wirrer Radikal-Feministen abtun, mit denen man sich nicht weiter befassen sollte. Nur: solche Empörungen verfolgen volkspädagogische Ziele und erreichen sie auch. Wer daher schweigt (CDU, FDP & Co), stimmt zu, daß die sich Empörenden noch ganz richtig im Kopf sind. Davon abgesehen habe ich im Übrigen keine Meinung zum Bahnhofsumbau, mich regt nur die Art der Diskussion auf.
Dienstag, 2.11.2010
Wenn man ein Ketzer ist, könnte man sich fragen, warum die Junge Welt zum Thema Castortransporte am vergangenen Wochenende mit den Worten „Schottern und blockieren“ titelte. Man könnte sich fragen, warum auf den Titelfoto, auf dem zwei Personen ein Gleis unterhöhlen, von der Zeitung mit den Worten „So geht’s“ unterschrieben ist. Man könnte weiter fragen, wieso die beiden Personen auf dem Foto eine Kapuze tragen und ihr Gesicht nicht zu erkennen ist, und warum dies die Junge Welt nicht davon abhält, dies als Titelfoto zu wählen und die besagte Bild-Unterschrift zu plazieren.
Man könnte fragen, warum jeder kritische Kommentar dazu fehlt. Man könnte weiter fragen, wieso die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke nur drei Seiten weiter einen Beitrag schreibt. Man könnte weiter fragen, wieso die SPD mit dieser Partei paktiert und die CDU/FDP dies schulterzuckend hinnimmt, während sie die JF für unberührbar erklären. Man kann es aber auch unterlassen, sich zum Staatsfeind zu machen, und statt dessen die heutige Ausgabe der JW lesen.
Unter der Überschrift „Ein anständiges Loch ins Gleisbett machen“ wird dort ein Sprecher der Kampagne „Castor? Schottern!“ interviewt. Das ganze Interview zeugt von einem unheimlichen Selbstbewußtsein und einem Selbstverständnis als vollkommen normale, seriöse politische Gruppierung, als wenn man längst den Staat führt. In einem solchen Stil äußern sich auch Sigmar Gabriel oder Angela Merkel. Am Ende kündigt er an, man werde dafür sorgen, daß Presse sowie Landes- und Bundestagsabgeordnete beim Castortransport vor Ort sind, damit „alles dokumentiert wird“.
Lieber einen unfreundlichen Polizisten als einen Verbrecher zum Nachbarn
Und dann kommt der dreiste Höhepunkt: „Wir wollen verhindern, daß die Polizei meint, in einer unbeobachteten Ecke irgend etwas anstellen zu können.“ Die Linken als Ordnungshüter, die Polizei dagegen als Schlawiner, auf die man aufpassen muß: ein solches Bild zeichnet er nicht unbegründet, denn genau das trifft die Machtverhältnisse, ermöglicht durch ein feiges Bürgertum von CDU bis FAZ. Die Linken sind zur Polizei des Staates geworden, während die Polizei (zumindest ihr noch nicht politisch korrekter Teil) eine Art Bürgerbewegung gegen diese linke Staatsmacht ist.
Wer sich auf die Seite von Polizei und Rechtsstaat stellt, bekommt mehr Ärger als umgekehrt. Der Ärger kommt vom Staat über dem Staat. Ich hab auch schlechte Erfahrungen mit Polizisten, aber in letzter Zeit habe ich mich immer öfter mit ihr verbunden gefühlt. Hätte lieber einen unfreundlichen Polizisten als einen Verbrecher zum Nachbarn.