Die derzeitige Debatte um die Berechnung des Regelsatzes der Grundsicherung ist widerlich. Denn die führenden Politiker der Opposition und Funktionäre der Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften führen sich auf, als wenn der Sozialstaat gerade abgeschafft worden wäre. Eine populistische Schauspielertruppe reinster Prägung.
Was wurde da nicht alles in die Mikrophone geschrien und in den Gazetten geschrieben: „menschenunwürdig“, „menschenverachtend“, „Almosen für die Ärmsten im Land“, „unwürdiges Schmierentheater auf Kosten der Ärmsten“ und die „Erhöhung ist lächerlich“. Gabriel (SPD), Schwesig (SPD), Trittin (Grünen), Ernst (Linke), Lötzsch (Linke), Künast (Grüne), Bsirske (Verdi), Wagenknecht (Linke) und die Vorsitzenden der großen Sozialverbände hatten mal wieder große Auftritte.
Und in jeder TV-Talkshow darf neben den Politikern auch noch ein Betroffener mitdiskutieren. Aber was wird der auch anderes sagen, als daß er es begrüßen würde, wenn sein Regelsatz steigt. Welche Überraschung!
Urplötzlich ist Hartz IV menschenunwürdig
Für alle, die jetzt Krokodilstränen vergießen, noch mal zum mitschreiben; das Arbeitslosengeld II soll laut Bundesverfassungsgericht nur nachvollziehbar ermittelt werden. Es sollen den Bedürftigen Mittel zur Verfügung stehen, die „unbedingt erforderlich“ sind.
Das bedeutet nicht, daß der Regelsatz von Hartz IV überhaupt hätte steigen müssen. Unter der rot-grünen Bundesregierung wurde Hartz IV eingeführt – jetzt bekommen Bezieher der Grundsicherung fünf Euro mehr und urplötzlich ist Hartz IV menschenunwürdig, diskriminierend und der Ausdruck von sozialer Kälte.
Meines Erachtens nach sollte diese Grundsicherung gerade nicht auf Dauer angelegt sein. Jeder Bezieher der Grundsicherung sollte versuchen, aus dieser herauszukommen und sich wieder als nützliches Mitglied des Staates und des Arbeitsmarktes zu integrieren. Wenn manche Familien in der dritten Generation Hartz IV beziehen, dann läuft etwas sehr falsch in Deutschland. Denn wie kann es sein, daß junge Menschen nicht arbeiten. Mir ist es immer gelungen, Jobs zu bekommen; im Supermarkt, im Textileinzelhandel, in einer Fahnenfabrik, in einer Druckerei.
Die derzeitigen Betroffenheitsheuchler sind die schlimmsten Schmarotzer
Richtig ist, daß Alkohol und Tabak nicht mehr im Regelsatz enthalten sind. Ich bin auch ein Freund des fremdfinanzierten Alkoholkonsums, aber nicht, wenn der Staat – also wir alle – es zahlen sollen.
Richtig ist, daß es Bildungsgutscheine statt Geld gibt. Das soll diskriminierend sein, weil es Menschen unter Generalverdacht stellt? Ja, zu recht. Schwarze Schafe gibt es, denen muß das Handwerk gelegt werden. Dann diskriminiert mich Karstadt oder Kaufhof auch, denn am Ausgang steht ein Detektor, der alle Kunden unter den Generalverdacht stellt, einen Diebstahl begehen zu wollen. Darüber hat sich bisher noch niemand aufgeregt.
Die schlimmsten Schmarotzer sind die Menschen, die jetzt Betroffenheit für die Sorgen von Hartz-IV-Empfängern heucheln und dies doch nur deswegen machen, weil sie entweder dadurch auf Stimmenfang sind oder an dieser Lobbyarbeit mitverdienen.
Wo waren die Opposition und die Funktionäre die ganze Zeit? Jetzt sind sie mal wieder aus ihren Löchern gekrochen, um draufzuhauen. Das ist das wahre Schmarotzertum an der derzeitigen Debatte. Da hat die SPD letztendlich recht, das ist wirklich ein „unwürdiges Schmierentheater“.