Seit Linksextremisten dazu aufgerufen haben, die zentrale Einheitsfeier um den 3. Oktober in der Hansestadt durch Anschläge, Ausschreitungen und Sabotageakte „zu einem Desaster“ werden zu lassen, sind die Sicherheitsbehörden alarmiert.
Auch Rainer Gausepohl will die Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter nehmen: „Wir beobachten das ganz genau. In solchen Fällen muß man immer damit rechnen, daß noch etwas passiert“, warnt der Sprecher des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.
Einen Vorgeschmack lieferten Unbekannte am vergangenen Wochenende: Bei einem Brandanschlag auf ein Papierrollenlager im Bremer Ortsteil Hemelingen entstand nach Polizeiangaben ein Schaden von mehr als hunderttausend Euro. Am Eingangstor des Betriebs hinterließen die Täter die Parole „3.10. riot“ (englisch für Krawall). Bei dem betroffenen Betrieb handelt es sich laut Polizei um einen Förderer der Einheitsfeier.
Bereits zuvor hatte es Anschläge auf das Weserhaus von Radio Bremen und das Stadtamt gegeben. Beide Male flogen Pflastersteine. Während beim Stadtamt lediglich die Fassade beschädigt wurde, zerstörten die Angreifer am Weserhaus dessen Fensterfront. Damit auch klar ist, wie die Attacke gemeint war, schmierten die Täter das Datum „3.10.“ an das Gebäude.
Bis zu 3.000 Polizisten im Einsatz
Die Polizei hat deshalb ihr Kräftekontingent nochmals erhöht. „Wir werden in Spitzenzeiten mit bis zu 3.000 Beamten im Einsatz sein“, sagte ein Sprecher der JF. Unterstützung komme dabei aus anderen Bundesländern und vom Bund. Ein erster Großeinsatz erwartet die Polizisten am 2. Oktober. Linksextreme Gruppen haben für diesen Tag am Bremer Hauptbahnhof eine Demonstration unter dem Motto „Kein Tag für die Nation! Kein Tag für Deutschland!“ angemeldet.
Doch längst beschäftigt der Aufruf gegen die Einheitsfeier nicht mehr bloß die Bremer Behörden. Da er auf diversen Internetseiten und im linksextremen Untergrundblatt Interim verbreitet wurde, schaltete sich auch die Berliner Staatsanwaltschaft ein. Mitte September ließ sie gleich mehrere linke Buchläden in der Hauptstadt durchsuchen und Ausgaben der Interim beschlagnahmen.
„Aufforderung zum Begehen von Straftaten“ lautet der Vorwurf der Behörde. Der Einsatz war laut Staatsanwaltschaft nicht der erste dieser Art: „Bereits mehrmals mußte die Polizei in der Vergangenheit ausrücken, um Ausgaben der Interim zu konfiszieren“, so ein Sprecher gegenüber dieser Zeitung. Eine Nummer habe beispielsweise eine Bauanleitung für Brandbomben aus Gaskartuschen enthalten.
Verfassungsschutz nimmt Aufruf ernst
Doch nicht nur die Staatsanwaltschaft interessiert sich für das Szene-Blatt. Auch der Verfassungsschutz beobachtet die Interim. Das konspirativ hergestellte Magazin ist für Linksextremisten in ganz Deutschland von einer „gewissen Relevanz“, wie es beim Berliner Verfassungsschutz auf Nachfrage heißt. Wer hinter dem Heft steckt, will oder kann die Behörde allerdings nicht sagen. Kenner der Szene gehen jedoch davon aus, daß die Mitglieder der Redaktion wechseln.
Auch stammen die Artikel von verschiedenen Gruppierungen aus der gesamten Bundesrepublik. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz hält man sich ebenfalls bedeckt. Zu der Gefahr, die von dem Blatt ausgeht, wolle man keine Angaben machen. Nur soviel ist zu erfahren: „Aufrufe, Debatten und Beiträge in Interim werden wie auch in der Vergangenheit von uns sehr ernst genommen.“
Daß es allen Grund dazu gibt, zeigt ein Blick auf die Hauptstadt. Als in der Interim im vergangenen Winter die Bauanleitung für die Brandbomben aus Gaskartuschen erschien, explodierten dort mehrere solcher Sprengsätze. Die Täter konnten bis heute nicht ermittelt werden.
JF 40/10