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Der Fall Barschel zum Zweiten

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In der Druckausgabe der Jungen Freiheit vom 3. Dezember schreibt Ronald Gläser in seiner Kolumne „Blick in die Medien“ (JF 49/10, S. 16), daß das Buch „Der Doppelmord an Uwe Barschel“ von Wolfram Baentsch „von den meisten großen Medienkonzernen als Verschwörungstheorie abgetan und systematisch totgeschwiegen worden“ sei.

Das, was vor kurzem die Welt am Sonntag (WamS) berichtete, die unter anderem ein neues Gutachten des Schweizer Toxikologen Hans Brandenberger veröffentlicht hat, „ähnelt“ nach Gläser „den Rechercheergebnissen von Baentsch“. Dennoch wiesen die WamS-Autoren alle Vorwürfe von sich, „sie hätten bei Baentsch abgekupfert“.

Ostrowskys Informationsbeschaffung

Festzuhalten bleibt, daß es in der Tat bemerkenswert ist, daß die WamS den Fall Barschel in dieser Form in Erinnerung gebracht hat. Noch bemerkenswerter ist allerdings, daß in diesem Zusammenhang ausgerechnet der Ex-Mossad-Mann Victor Ostrowsky zu einer Quelle aufrückt, der eine gewisse Glaubwürdigkeit zukommen soll.

Verwiesen sei hier darauf, daß Ostrowsky vor Veröffentlichung seines Buches „Geheimakte Mossad“ unter anderem dem Stern sein vermeintliches Insider-Wissen über den Fall Barschel angeboten hatte. Dieser wies Ostrowsky Ungereimtheiten in seiner Darstellung nach, die dieser dann „kreativ“ schnell noch in das Barschel-Kapitel seines Buches eingearbeitet hat.

Selbstreferentielles Informationskartell

Was das für das neue toxikologische Gutachten von Brandenberger in der WamS bedeutet, brachte Markus Kompa in einem Beitrag für das Internet-Magazin Telepolis wie folgt auf den Punkt: Da Brandenberger schon einige Woche nach dem Tod von Barschel die Überzeugung vertrat, der CDU-Politiker sei ermordet worden, kann nicht ausgeschlossen werden, daß der „gewiefte Ostrowsky“ sich sieben Jahre später auch bei Brandenberger bedient hat.

Wenn Brandenberger jetzt wiederum auf Ostrowsky verweist, „ergibt sich ein selbstreferentielles Informationskartell“. Ich gestehe ein, daß auch mir bei meinem zurückliegenden Blog zur Barschel-Berichterstattung in der WamS dieser Zusammenhang nicht gleich bewußt war.

Die Distanz der Medien

Baentschs Buch krankt daran, daß er aufgrund der Intention seines Buches, nämlich eine Art-Barschel-Apologie liefern zu wollen, mit den Quellen teilweise recht unkritisch umgeht. Hierfür ist Ostrowsky ein Beispiel. Weitere könnten hinzugefügt werden. Das schlägt in der Summe der Baentsch-Darstellung des „Fall Barschel“, der wie kaum ein anderer in der Geschichte der Bundesrepublik von Desinformanten, Wichtigtuern, Spinnern und Verschwörungstheoretikern umstellt ist, negativ zu Buche. Hier dürfte ein Grund für die von Ronald Gläser beklagte Distanz der Medien liegen.

Man kommt überdies bei einer neutralen Sichtung der vorliegenden Fakten an der Feststellung nicht vorbei, daß Barschel keineswegs nur ein Opfer finsterer Geheimdienst- und Partei-Machenschaften war, wie Baentsch zu suggerieren versucht. In diesem Zusammenhang ist Barschels Rolle in einem U-Boot-Geschäft mit dem Apartheitsstaat Südafrika zu nennen, die Michael Müller, Rudolf Lambrecht und Leo Müller in ihrem exzellent recherchierten Buch „Der Fall Barschel. Ein tödliches Doppelspiel“ (Berlin 2007) nachzuzeichnen versuchen.

Offene Rechnung mit südafrikanischem Geheimdienst

Dieses Geschäft war indes mit einem gravierenden Problem verbunden: Südafrika unterlag wegen seiner Apartheitspolitik einem UN-Embargo. Maßgeblich Barschel soll den Südafrikanern signalisiert haben, dennoch für eine Genehmigung des U-Boot-Deals sorgen zu können, was ihm aber nicht gelungen sei. Im Zusammenhang mit dem U-Boot-Geschäft mit Südafrika seien Millionen geflossen sein, von denen Barschel womöglich einen Teil für den Wahlkampf verwendet hat.

Die Südafrikaner schauten letztlich aber in die Röhre, weil sie für das viele Geld, das in dunklen Kanälen versickerte, wenig Zählbares erhielten. Mit anderen Worten: Der südafrikanische Geheimdienst, der als wenig zimperlich galt, hatte ein massives Motiv, mit Barschel im wahrsten Sinne des Wortes eine Rechnung zu begleichen.

Selbstmord kann ausgeschlossen werden

Weitgehend ungeklärt ist auch der Hintergrund für Barschels DDR-Reisen, die unter teilweise abenteuerlichen Umständen stattfanden. Wen hat Barschel dort getroffen? Was wurde dort verhandelt? Daß bei diesen Aktivitäten auch der Bundesnachrichtendienst „am Ball war“, dürfte sich von selbst verstehen. All das läßt vermuten, daß es aufgrund der hier involvierten Staatsinteressen möglicherweise nie zu einer Aufklärung des „Fall Barschel“ kommen wird.

Eines indes kann wohl ausgeschlossen werden, nämlich das Barschel Selbstmord verübt hat, woran zum Beispiel Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwalt Eberhard Rex nach wie vor festhält. Barschel wollte vor dem Untersuchungsausschuß in Kiel aussagen; und nach dem, was wir heute wissen, wollte er „Klartext“ reden. „Klartext“, der wohl unkalkulierbare politische Turbulenzen nach sich gezogen hätte. Warum hätte er sich in einer derartigen Situation ausgerechnet in Genf in einem Hotel mit einem Medikamenten-Cocktail umbringen sollen?

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