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Stereotypen über Konservative und „Neue Rechte“

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Stereotypen über Konservative und „Neue Rechte“

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Der Besuch eines Journalisten

Heute erhielt ich Besuch von einem Journalisten, der an einer Rundfunk-Reportage arbeitet. Thema: Die politische Szene zwischen CDU und NPD. Er sei neugierig und wolle einfach einmal darüber aufklären, wie es wirklich sei, was es auf sich habe mit diesen „neuen Konservativen“.

In der ursprünglichen Anfrage war noch vom Thema der „Neuen Rechten“ die Rede gewesen. Nachdem ihm ein Mitarbeiter mitgeteilt hatte, daß wir hierfür der falsche Ansprechpartner seien, war nun plötzlich das Thema „die Konservativen“ interessant.

Der Journalist sagte mir, er sei vor dem Gespräch mit mir von Kollegen gewarnt worden: Dieter Stein gebe keine wesentlich anderen Äußerungen von sich als ein Redakteur der Süddeutschen Zeitung oder der Welt.

Was das nun wieder solle und was er denn von mir erwarte, welche Äußerungen er denn gerne hätte, fragte ich. Nun gut, fangen wir an. Welches Weltbild ich denn hätte, welche Themen der JF wichtig wären, fragte er. Die Nation, die Geschichte, die Identität … aber was soll das ganze eigentlich? Interessiert das wirklich jemanden?

Irgendwie eierten wir herum, schließlich fragte ich: Worum geht es eigentlich wirklich? Sie brauchen jetzt doch von mir irgendwelche knackigen O-Töne, die Sie in ihrer Reportage verbraten können, richtig? Mit wem sprechen Sie denn noch? Sie sprechen doch bestimmt mit irgendso einem Super-Experten zum Thema „Neue Rechte“, wie ich den Laden so kenne. Wolfgang Gessenharter? Sprechen Sie mit dem? Ja das habe er vor, erwidert er. Alles klar.

Das geheimnisvolle „Scharnier” und die sagenumwobene „Mimikry”

Phantastisch, erwiderte ich. Prima. Damit bewegen wir uns ja wieder im üblichen Bereich der Reportagen, wie sie immer produziert werden. Seit etwa zwanzig Jahren betet der inzwischen emeritierte Politik-Lehrer an einer Bundeswehr-Hochschule sein Mantra: Es gebe ein „Scharnier“ zwischen demokratischem Konservatismus und einer extremistischen Rechten und das sei eine „Neue Rechte“.

Und das schlimmste „Organ“ dieser „Neuen Rechten“ sei die JF. Und das tolle: In diese Scharnier-Schublade kann man alles schieben, was zwischen CDU und NPD liegt und bei drei nicht auf den Bäumen ist. Im Grunde bekommt man mit dem „Neue Rechte“-Begriff locker das gesamte bürgerliche Lager plus SPD-Rechte erledigt. Egal.

Ich sagte dem Journalisten, das sei ja wunderbar. Dann wüßte ich ja, worum es in dieser Reportage ginge. Dann könne er mich ja gleich mit diesen idiotischen Vorwürfen konfrontieren, die dieser geistlose Gessenharter jahrein, jahraus verbreite. Die JF jubele Carl Schmitt hoch, den Steigbügelhalter des Nationalsozialismus und Totengräber der Weimarer Republik.

Ich meine, das Problem vieler Journalisten sei, daß sie Null Ahnung von Carl Schmitt hätten und schnell beeindruckt seien von den kaum durch wirkliche Original-Schmitt-Lektüre getrübten Ansichten Gessenharters, der sein Wissen wie Proseminaristen aus Klappentexten und zweitklassiger Sekundärliteratur schöpfe. Sie seien schnell beeindruckt von diesem pseudowissenschaftlichen Wortgeklingel.

Gessenharter leugne, wie differenziert und kritisch Schmitt in der JF aufgearbeitet würde. Er habe offenbar nicht den blassesten Schimmer oder unterschlage bewußt, welchen beeindruckenden Einfluß dieser Staatsrechtler auf Grundgesetz und Verfassungstheorie der Bundesrepublik habe. Daß im übrigen Schmitt überhaupt nicht permanent vergöttert würde in der JF. Daß das alles unglaublich dummes Geschwätz sei, was Gessenharter da verbreite.

„Sie hassen Gessenharter?“

Ich rede mich in Rage. Und dann kommt er mit seiner an Stupidität nicht zu überbietenden These, daß die JF so besonders gefährlich sei, weil man mittlerweile den Extremismus zwischen den Zeilen lesen müsse, weil er in den eigentlichen Texten dank perfekter „Mimikry“ nicht mehr auftauche.

„Sie hassen Gessenharter?“, fragt der Journalist einfühlend. Nein, er tue mir leid, seufze ich. Er sei intellektuell so armselig, es sei so bedauerlich, wie einfältig er sei und dennoch immer und immer wieder als „Experte“ herangezogen würde, weil Journalisten nicht in der Lage seien, sich selbst ein eigenständiges Urteil zu bilden.

Das eigentliche Thema wäre gewesen: Warum verfügt jedes andere aufgeklärte westliche Land über eine weitgehende Links-Rechts-Parität im öffentlichen Diskurs? Warum diskutiert man in Frankreich selbstverständlich über den demokratischen Standort der Linken (Gauche) und Rechten (Droite)? Warum kann man sich in Deutschland als kritischer Journalist bekennen und sagen „ich bin ein  Linker“ aber nicht „ich bin ein Rechter“ – ohne erledigt zu sein.

Warum wird es fast widerspruchslos hingenommen, daß permanent vom „Kampf gegen Rechts“, aber nicht von einem „Kampf gegen Links“ gesprochen wird? Warum soll sich jemand, der bekennt, ein Konservativer zu sein, überhaupt rechtfertigen, wo bei ihm die Abgrenzung zum Rechtsextremismus liegt?

Ich weiß nicht, weshalb Sie sich so aufregen, meint der Journalist, der wissen will, was es eigentlich mit der „Holocaustreligion“ auf sich habe und warum ich einmal von „Suum cuique“ geschrieben hätte. Ich bin gespannt auf die Reportage. Ich fürchte aber, sie wird so einfallslos wie alle anderen, in denen ein Wolfgang Gessenharter als Experte herangezogen wurde.

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