Die Frankfurter Buchmesse mit ihren 7.000 Ausstellern bündelt wie in einem Brennglas die Themen unserer Zeit. In den Neuerscheinungen materialisieren sich Ideen, Kritik und Krisen der Gesellschaft. Das wäre der Idealfall. Tatsächlich können wir hier die Mechanik eines Diskurses beobachten, der alles andere als herrschaftsfrei und offen ist. Vielmehr zeigt sich aktuell so deutlich wie lange nicht mehr, wie sehr es eine Machtfrage ist, wer sich wann, wo und gleichberechtigt äußern kann.
Im vergangenen Jahr hat Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, verteidigt, daß für die JUNGE FREIHEIT und einen weiteren konservativen Verlag (Manuscriptum) eine ghettoartige Sackgasse errichtet wurde, um sie demonstrativ in der Ecke einer Halle „aus Sicherheitsgründen“ zu isolieren.
„Die üblichen Verdächtigen“
Die demonstrative Ausgrenzung erntete durchaus Kritik. Patrick Bahners nannte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung die Gasse einen „begehbaren Giftschrank“, dessen „diskriminierende Absicht“ offenkundig sei. Mariam Lau sprach in der Zeit von einem „raumgewordenen politischen Katzentisch“, Focus-Herausgeber Helmut Markwort nannte das Vorgehen „auffällig unfair und einen Affront gegen die Meinungsfreiheit“.
Wir haben uns nur unter Protest und der Bedingung angemeldet, daß diese Sackgasse sich nicht wiederholt. Bis zuletzt hüllte sich die Messeleitung in Schweigen – jetzt brüstet sich Boos in einer peinlichen Äußerung damit, „die üblichen Verdächtigen“, vier „rechte“ Verlage, erneut in einer Sackgasse zu isolieren. Diese Maßnahme sei „in erster Linie der Sicherheit geschuldet“. Daß die Bedrohung der Sicherheit nicht von den „rechten“ Verlagen ausgeht, sondern von gewaltbereiten linken Chaoten, wird verschwiegen.
Demonstrative Gesprächsverweigerung
Die Buchmesse blamiert sich erneut und verschenkt mit ihrem arroganten Auftreten die große Chance, einen immer verhärteteren Diskurs aufzubrechen. Welche Gelegenheit wäre es angesichts der These von der „Spaltung der Gesellschaft“, diese auf Podien zum Thema zu machen, den Austausch zu befördern und nicht die Gesprächsverweigerung sogar demonstrativ zur Schau zu stellen.
Dreißig Jahre nach dem Mauerfall und dem Zusammenbruch des kommunistischen Totalitarismus stellt sich die Frage nach Meinungsfreiheit und Demokratie deutlich wie nie. Es verwundert nicht, daß die Irritation über offensichtliche Eingriffe in Meinungsfreiheit und unfaire Behandlung oppositioneller Gruppen oder Parteien in den Ländern der ehemaligen DDR und in Mittel- und Osteuropa besonders groß ist.
Wir laden jedenfalls alle Leser und auch Kritiker unserer Zeitung herzlich ein, unseren Messestand zu besuchen und mit uns zu streiten. Wir freuen uns auf ein offenes Gespräch!
Standprogramm der JUNGEN FREIHEIT auf der Frankfurter Buchmesse (Halle 41. Stand R3)
JF 43/19