Die Bild-Zeitung titelte bundesweit am vergangenen Samstag mit der Schlagzeile: „Berlin: Schule feuert AfD-Lehrer“ – dazu das Bild des betroffenen Pädagogen. Hintergrund: Der Schatzmeister der Neuköllner AfD, Hendrik Pauli, war seit August als Vertretungslehrer am traditionsreichen evangelischen Privatgymnasium „Zum Grauen Kloster“ angestellt.
Wie durch den Bild-Bericht jetzt öffentlich wurde, hat die Schule den Lehrer bereits im September in der Probezeit entlassen – wegen seines durch Medien publik gewordenen außerschulischen politischen Engagements: Es traf ihn offenbar nicht ausdrücklich wegen seiner AfD-Mitgliedschaft im besonderen, sondern seiner zeitlich zurückliegenden Teilnahme an Demonstrationen des Berliner Pegida-Ablegers „Bärgida“.
Arbeiterwohlfahrt wirft AfD-Sympatisanten raus
Die Entlassung des Lehrers in Berlin ist einer von inzwischen zahlreichen Fällen, die für ein sich zunehmend verschärfendes Klima sozialer Ächtung stehen. Im Sommer wurde beispielsweise die Forderung bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) laut, Mitglieder auszuschließen, die in der AfD aktiv sind.
Prominenter Fall: Der Essener Gewerkschafter Guido Reil, der im Frühjahr nach 26 Jahren Mitgliedschaft die SPD verlassen hatte und nun in der AfD aktiv ist. Die Debatte über den drohenden Ausschluß allein setzte das entsprechende Warnsignal an andere, sich ein politisches Engagement jenseits des etablierten Spektrums gut zu überlegen.
Wo bleibt die Ächtung Linksradikaler?
Bei der Synode der Evangelischen Kirche (EKD) am vergangenen Wochenende in Magdeburg hat der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm erneut mit Blick auf die AfD von „klarer Kante gegen Rechtspopulismus“ gesprochen. Der Berliner Bischof Markus Dröge erklärte zuvor, „nachhaltiger Widerspruch“ gegen die AfD sei sogar „Christenpflicht“. Entsprechende Äußerungen gegenüber „Linkspopulisten“ oder anderen radikalen Strömungen sind indes nicht bekannt.
Es sind diese einseitigen Parteinahmen, Gängelungen Andersdenkender, eine schleichende Einschränkung von Grundrechten, die bei vielen Bürgern Empörung wachsen lassen. Im Grundgesetz heißt es, niemand dürfe wegen seiner „politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ (Artikel 3), jeder habe das Recht, seine „Meinung … frei zu äußern“ (Artikel 5), alle Deutschen hätten das „Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis … zu versammeln“ (Artikel 8).
Tatsächlich diskutieren Gouvernanten in Politik, Medien und Kirchen permanent neue Methoden, wie diese Grundrechte subtil weiter beschnitten werden können, damit so „die Falschen“ nicht erst auf die Idee kommen, ihre Grundrechte wahrzunehmen. In dieses Muster fällt auch die aberwitzige Entscheidung der Stadt Dresden, Pegida-Chef Lutz Bachmann für fünf Jahre das Recht abzuerkennen, als Versammlungsleiter aufzutreten. Ein Bärendienst für die Demokratie.
JF 46/16