Diese Bundestagswahl war ein wahres Fest der Demokratie! Mit 82,5 Prozent nahmen noch nie im wiedervereinigten Deutschland so viele Bürger an einer Bundestagswahl teil. Zeichen für leidenschaftliche Teilnahme am politischen Geschick der Nation. Nicht nur in dieser Hinsicht eine historische Wahl. Das noch aus der westdeutschen Bundesrepublik vertraute Parteiensystem wurde derart deklassiert, daß fraglich ist, was davon in Zukunft noch überdauern wird.

Die Sozialdemokraten erlebten einen entsetzlichen Zusammenbruch. Ihre 16,4 Prozent sind nicht nur schlechtestes Ergebnis im Bund seit 1949 – es ist auch das niedrigste bei einer Wahl zum nationalen Parlament seit den Reichstagswahlen von 1887. Es ist bemerkenswert, wie schnell diese Tatsache von der SPD abgebucht zu sein scheint und sie mit fliegenden Fahnen in die nächste Regierungsbeteiligung segelt.
Noch was für die Akten: Die SPD hat 2025 das bei nationalen Wahlen schlechteste Ergebnis seit 1887 – also seit 138 (!) Jahren – eingefahren. Kurz: Es ist ein totales Desaster. Trotzdem wieder in der Regierung? Das muß man erst einmal hinkriegen. pic.twitter.com/adErE4rH5U
— Dieter Stein (@Dieter_Stein) February 24, 2025
Union und FDP haben mit Anlauf versagt
Mit Friedrich Merz sieht Deutschland keineswegs einen strahlenden Sieger als künftigen Bundeskanzler. Der CDU-Chef fuhr mit 28,6 Prozent das – nach dem Laschet-Debakel 2021 – historisch zweitschlechteste Ergebnis der CDU/CSU seit 1949 ein. Angesichts des Ampel-Desasters ein Armutszeugnis, daß es der Union nicht gelang, den riesigen angestauten Frust der Bürger auf ihre Mühlen zu lenken. Selbst der für kontinuierlichen Niedergang verantwortlichen CDU-Dauerkanzlerin Angela Merkel gelang es noch 2017, mit 32,9 Prozent vier Punkte höher als Merz abzuschließen.
Daß die FDP nun aus dem Bundestag fliegt, kann sie nicht zuletzt ihrer jahrelangen Weigerung zuschreiben, ihr nationalliberales Profil wiederzubeleben. Sie hatte mehrfach die Chance, den sich rechts neben der Union schon vor der Ära Merkel kontinuierlich öffnenden Raum zu besetzten – sie hat entsprechende Initiativen hochmütig abgelehnt und sich stattdessen wie die Union weiter nach links bewegt. Als FDP Wert darauf zu legen, die von ihr nicht zufällig seit 1949 traditionell rechts der Union belegten Parlamentssitze freiwillig der AfD zu überlassen und sich im vergangenen Bundestag anbiedernd neben die Grünen zu quetschen, war symbolträchtiges Zeichen der Selbstaufgabe.
Die AfD ist nicht mehr wegzudenken
Auch wenn Optimisten im Überschwang noch höhere Ergebnisse erwartet haben: Die Verdoppelung der AfD auf 20,8 Prozent ist ein Erdrutschsieg. Auch hier historisch, denn noch nie hat eine Partei rechts der Union ein derart starkes Ergebnis eingefahren. Dies wird die politische Tektonik der Berliner Republik tiefgreifend verändern.
Zwischen 38,6 Prozent (Thüringen) und 10,9 Prozent (Hamburg): Das Gefälle zwischen den AfD-Ergebnissen zwischen Ost- und West-Bundesländern. #Bundestagswahl2025 pic.twitter.com/6qtxBzdavC
— Dieter Stein (@Dieter_Stein) February 24, 2025
Alle Versuche, die AfD aus dem parlamentarischen Betrieb auszusortieren, sind gescheitert. Methoden der steuerfinanzierten systematischen gesellschaftlichen Isolation, die demonstrative zweitklassige Behandlung durch öffentlich-rechtliche Sender bis hin zur plumpen Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes – inzwischen schlägt diese Diskriminierung auf die Urheber zurück. Der Umgang mit der AfD steht sinnbildlich für eine gesamtgesellschaftliche Schieflage: die anhaltende Weigerung tonangebender Kräfte, einen demokratisch fairen, offenen Diskurs von Links bis Rechts auszuhalten und als selbstverständlichen Teil demokratischer Kultur zu ertragen.
Merz rudert bereits zurück
Deutschland erhält jetzt eine Koalition schwarz-roter Verliererparteien. Dieses Bündnis entspringt gewisser Machtlogik der föderalen Bundesrepublik. In zwölf von 16 Bundesländern regiert die SPD mit, in neun die Union, in fünfen davon regieren CDU und SPD bereits vereint. Eine tatsächliche „Große“ schwarz-blaue Koalition sähe sich bei Bundesratsentscheidungen einer absoluten Sperrfront gegenüber.
Die kleine GroKo, die nur dank knappen Scheiterns des BSW überhaupt über eine Mehrheit der Sitze im Bundestag verfügt, bedeutet für Merz den Weg des geringsten Widerstandes. Die SPD wird dankbar „Sachzwänge“ liefern, die eine harte politische Wende unmöglich machen.
Damit ist das also auch geklärt: Keine Grenzschließungen per Richtlinienkompetenz durch einen Bundeskanzler Friedrich Merz am Tag 1. pic.twitter.com/3hDM7g9Qwx
— Dieter Stein (@Dieter_Stein) February 25, 2025
Also räumt Merz als großer Umfaller ein Wahlversprechen nach dem anderen ab. Natürlich wird es nun „notgedrungen“ eine Aufweichung der Schuldenbremse geben. Grenzschließungen? Habe die CDU nie gefordert, behauptet Merz lächelnd. Im Bundestag hatte er nach dem Attentat von Aschaffenburg mit Unterstützung der AfD eine Resolution durchgebracht, die hohe Erwartungen für eine Asylwende weckte. Nun droht auch hier ein „Weiter so“.
Bricht die CDU ihre Versprechen, war es das
Wenn aus allen diesen vor der Wahl vom CDU-Chef so markig formulierten Kursänderungen nichts wird, dann schaufelt er seiner eigenen Partei bei kommenden Wahlen das Grab. Schon 2026 stehen fünf Landtagswahlen ins Haus. In Mecklenburg-Vorpommern und besonders Sachsen-Anhalt könnten SPD und CDU pulverisiert und die AfD so stark werden, daß ohne sie endgültig nicht mehr regiert werden kann. Die Erfolge der AfD insbesondere in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, jeweils knapp an den 40 Prozent, sind derart erdrückend, daß absolute blaue Mehrheiten im Osten greifbar sind – wenn sich nicht endlich fundamental die Politik ändert. Der CDU bleibt nur noch ein kurzes Zeitfenster, die selbstmörderische Brandmauer-Strategie zu überdenken.

Wer wiederum gegen Merz und den drohenden „Rechtsruck“ stimmen wollte, konnte nur Linke wählen. Das erklärt den überraschenden Anstieg der totgesagten Linkspartei und zeigt die Integrationsschwäche von SPD und Grünen nach links. Auf der Oppositionsbank dürfte sich das bei den Grünen bald ändern. SPD und Union sehen sich hingegen zwei stark wachsenden Polen gegenüber.
Die AfD muß endlich normalisiert werden
Schon die Eröffnung des neuen Bundestages wird zeigen, ob sich der Umgang mit der AfD als Oppositionsführer endlich normalisiert und damit die demokratische Botschaft der Wähler angekommen ist. Die AfD, in der dritten Legislaturperiode professionalisiert, hat wiederum die Chance, das ihre dazu zu leisten, sich als regierungsfähig zu präsentieren. Dazu gehören immer zwei Seiten.
Es bleibt der Bundesregierung wenig Zeit für politische Kurskorrekturen. Deutschland ist selbstverschuldet Hauptmagnet der europäischen Migration und damit Risiko für die gesamte EU. Trump erhöht den Druck auf Europa, seine Probleme einschließlich der Verteidigung stärker in die eigene Hand zu nehmen. Berlin ist hier zum Handeln verdammt.
Die Last der unerledigten Aufgaben ist erdrückend: Migration, Bürokratie, Steuerlast, überbordender Sozialstaat, ächzendes Gesundheits- und Rentensystem – und immer ungeduldigere Bürger, die sich in ihrem Denken von abgewirtschafteten Eliten nicht mehr zwangsbetreuen lassen wollen.