Kennen Sie den Begriff der positiven Verneinung? Nehmen wir an, ein Staat hat mit einem anderen Staat einen Interessenkonflikt um irgendeine Bagatelle. Irgendetwas, das völlig belanglos ist. Nehmen wir an, die Führung des einen Staates stellt sich hin und verkündet, sie sei gewillt, diesen Konflikt zu lösen und schließe dazu „kategorisch eine militärische Lösung aus“. Und schon ist die Idee einer militärischen Lösung in der Welt, obwohl die Staatsführung das doch gerade dementierte und also nichts Falsches sagte.
Vieles in der Diplomatie oder überhaupt in der Politik läuft nach diesem Prinzip. Die dritte, vierte Garnitur stellt irgendeine radikale Forderung auf. Etwas, das die Öffentlichkeit vielleicht noch schockiert. Dann tritt die erste und zweite Garnitur auf, weist die anderen zurecht, relativiert und fügt Einschränkungen hinzu. Und plötzlich spricht man über etwas, das dann gar nicht mehr so radikal klingt. Genauso funktioniert das derzeit auch mit den Rufen nach einem Verbot der AfD.
Scheinbar politisch neutrale Sumpfpflanzen
Am Anfang sind es Radikale im politischen Tross oder andere abhängig Beschäftigte, die als Pioniere vorrücken. Beispielsweise der CDU-Hinterbänkler Marco Wanderwitz, der als Ritter von der traurigen Gestalt vergeblich für seinen Antrag auf ein Verbotsverfahren wirbt. Oder das „Deutsche Institut für Menschenrechte“, eine der unzähligen Organisationen, die mit öffentlichen Geldern im vorpolitischen Raum gehalten werden und pflichtschuldigst mit einem als „Gutachten“ getarnten Pamphlet ein Verbot empfehlen.
Zu diesen angeblich unabhängigen und politisch neutralen Sumpfpflanzen gehört auch die Medienplattform „Correctiv“, die nun ein Treffen zum angeblichen Skandal, zu einem „Geheimplan gegen Deutschland“ hochschreibt, der den sehnlichst erwarteten Grund für ein Parteiverbot liefern soll. Daß „Correctiv“ bei dieser Räuberpistole reichlich dilettantisch vorging scheint dabei nicht viele zu stören, die ausgerechnet selbst gerne politisch unbequeme Personen als „Verschwörungstheoretiker“ verunglimpfen.
Auch die erste Parteigarnitur wird langsam mutig
Egal, der vorpolitische Raum ist aus Sicht der politischen Elite wohl genug beackert und vorbereitet worden, jetzt werden auch langsam die ersten Parteigarnituren mutig. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach auf einer „spontanen“ Anti-AfD-Demonstration in Potsdam, nachdem der Cum-Ex-Spezialist mit verfassungswidrigen Haushalt zuvor auf X gedroht hatte: „Wer sich gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung richtet, ist ein Fall für unseren Verfassungsschutz und die Justiz.“
Selbstverständlich kämpfen hier die Kräfte des Lichts gegen die Finsternis, darunter tut es heute kein Progressiver mehr. „1930 war die NSDAP bei 14, 15 Prozent, und drei Jahre später war sie an der Macht und hat die Demokratie beseitigt“, weiß Ex-SPD-Parlamentspräsident Wolfgang Thierse zu berichten. Es sei gut, „daß immer mehr Demokraten auf die Straße gehen und zeigen, daß sie diese Herausforderung ernst nehmen“. Wo das nicht reicht, solle jetzt ein „Verbotsantrag“ geprüft werden.
Wenn die Funktionärin einer Kleinpartei die AfD attackiert
Natürlich, noch läuft alles erst einmal nur ein Zeigen der Werkzeuge hinaus. „Verfassungsmäßig“ schwebe das „Verbotsschwert“ über die AfD, weiß FDP-Kriegerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Spitzenkandidatin für die Wahl zum EU-Parlament verzichtete jedoch generös auf ein Verbot der laut Umfragen übermächtigen Konkurrenz von der AfD. „Wir nehmen den Fehdehandschuh auf und wollen sie politisch stellen.“ Wie das aussieht, hat sie erst gerade auf dem FDP-Neujahrsempfang gezeigt.
„Je größer der Haufen Scheiße, umso mehr Fliegen sitzen drauf“, pöbelte sie dort drauflos. Für demokratische Parteien gelte es, „aus diesem Haufen ein Häufchen zu machen“. Naja, wenn Strack-Zimmermann auf diese eloquente Art einen politischen Gegner stellen möchte, sollte sie sich das noch einmal überlegen, ob sie nicht vielleicht doch auf ein Parteiverbot zurückgreifen möchte. Zumindest würde sie AfD-Anhänger von Fremdscham-Gefühlen gegenüber ihren politischen Gegnern erlösen.
Früher galten Parteiverbote mal als reaktionär und illiberal
Lange, lange ist es her, da galten Parteiverbote mal als Ausdruck einer reaktionären und illiberalen Gesinnung. Entsprechend zierte sich das Bundesverfassungsgericht über Jahre, bevor es die KPD 1956 verbot. War allen etwas peinlich, weshalb die Nachfolgeorganisation DKP knapp zehn Jahre später stillschweigend geduldet wurde. Doch die jungen Radikalen von damals, sie sind bei ihrem Marsch durch die Institutionen nun alt und grau geworden. Und ängstlich. Besitzstandsverwahrer, die nun ihrerseits nicht mehr gehen wollen.
Doch es wird höchste Zeit, daß ihr langer Marsch nun endlich weitergeht. Und zwar aus den Institutionen hinaus auf das Altenteil, wo sie fernab der Macht den unermesslichen Schaden betrachten können, den sie diesem Volk und diesem Land angetan haben. Und von diesem letzten Gang wird sie auch kein Parteiverbot, kein Unterdrücken ihnen entgegengesetzter politischer Strömungen bewahren. So ist nun einmal der Gang der Welt. „Aus dem Palast in’s enge Haus, so dumm läuft es am Ende doch hinaus.“
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Fabian Schmidt-Ahmad arbeitet als Pressereferent für die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag.