Die Bundeswehr hat Personalprobleme, immer weniger junge Menschen zieht es in die Truppe. Dafür gibt es zahlreiche Gründe, zu denen sogar das frühe Aufstehen gehört – so die Rückmeldungen von Bewerbern.
Ein Punkt kommt mir dabei zu kurz: Den Bürgern wird es in der Bundesrepublik nicht leicht gemacht, ein gesundes Nationalgefühl zu entwickeln. Wie können wir dann von ihnen erwarten, für Deutschland im Ernstfall zu kämpfen? Das Gegenargument lautet: Soldaten verteidigen auch unser politisches System.
Das ist richtig und wichtig. Aber eine solche Darstellung wird in vielen Fällen weder die Bereitschaft zum Dienen noch die Kampfmoral fördern. Freiheiten, wie sie in Deutschland gewährleistet werden, finden sich in anderen Staaten auch. In Kriegszeiten wandert der junge Mensch einfach aus, sollte er so denken.
Bundeswehr soll Freiheit des Volkes verteidigen
Wenn ein polarisiertes Gemeinwesen erodiert, werden sich viele Bürger zudem folgende Frage stellen: „Soll ich für die [heißt: die politische Gegenseite] mein Leben riskieren?“ Oft wird die Antwort negativ ausfallen. Bei vielen Menschen mit Migrationshintergrund dürfte eine weitere Frage hinzukommen: „Ist Deutschland tatsächlich mein Vaterland?“ Die Reaktionen zeichnen bei diesem Thema ein sehr uneinheitliches Bild. Nun rächt es sich, daß der Staat die nationale Identität hat schleifen lassen.
Wenn bereits – wie in meinem Fall – die deskriptive Unterscheidung zwischen dem kulturell zu verstehenden „deutschen Volk“ und dem „deutschen Staatsvolk“ laut Verfassungsschutz verfassungswidrig sein soll, ist die Auseinandersetzung in absurde Bahnen geraten. Nur ein Argument an dieser Stelle: Wie kann sich ein Staatsvolk konstituieren, sollte es zuvor nicht ein kulturelles Volk gegeben haben?
Bei der Bundeswehr geloben/schwören die Rekruten, „das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. Wird unklar, was das bedeutet, kann sich dies auf die Motivation von Soldaten auswirken. Zumal identitär derzeit ganz andere Zeichen gesetzt werden. Die Beschwörung des Woken, das Gendern des Ministeriums und das Hissen der Regenbogenflagge durch Boris Pistorius werden viele potenzielle Bewerber abschrecken. Wie die Saat, so die Ernte.
————————
Martin Wagener ist Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Politik und Sicherheitspolitik an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Berlin. Der Beitrag ist zunächst als Tweet erschienen und wird hier mit Zustimmung des Autors wiedergegeben.