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„Lagebild Antisemitismus“: Amadeu-Antonio-Stiftung: Werbung für ein Nischenprodukt

„Lagebild Antisemitismus“: Amadeu-Antonio-Stiftung: Werbung für ein Nischenprodukt

„Lagebild Antisemitismus“: Amadeu-Antonio-Stiftung: Werbung für ein Nischenprodukt

Auf dem Foto befindet sich Nikolas Lelle von der Amadeu-Antonio-Stiftung. Er stellt das "Lagebild Antisemitismus" im Haus der Bundespressekonferenz vor. (Themenbild)
Auf dem Foto befindet sich Nikolas Lelle von der Amadeu-Antonio-Stiftung. Er stellt das "Lagebild Antisemitismus" im Haus der Bundespressekonferenz vor. (Themenbild)
Das „Lagebild Antisemitismus“ der Amadeu-Antonio-Stiftung: Realitätsfern. Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress | Frederic Kern/Geisler-Fotopress
„Lagebild Antisemitismus“
 

Amadeu-Antonio-Stiftung: Werbung für ein Nischenprodukt

Völlig aus der Zeit gefallen ist das jetzt veröffentlichte „Lagebild Antisemitismus“ der Amadeu-Antonio-Stiftung. Während zehntausende Israelfeinde auf Deutschlands Straßen demonstrieren, wittert die Stiftung Antisemitismus, wo es gar keinen gibt.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Manchmal kommt zum Unvermögen auch noch Pech dazu. Mitten in den größten judenfeindlichen Aufmärschen in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg veröffentlicht die Amadeu-Antonio-Stiftung die 12. Ausgabe des „Zivilgesellschaftlichen Lagebilds Antisemitismus“. Herausgekommen ist ein Machwerk, das auf allzu durchsichtige Weise versucht, Politik zu machen, ohne die Lebensrealität der Juden in Deutschland und ihrer tatsächlichen Bedrohungslage zu erfassen.

„Angriffe auf die Erinnerung“ nennen die Autoren ihr Werk und versuchen, einen Zusammenhang zwischen dem Aufstieg der – für sie stets „rechtsextremen“ – AfD einerseits und einer angeblich wachsenden Akzeptanz von NS-Begriffen und damit irgendwie von Judenhaß andererseits herzustellen. Das klingt nicht nur sehr konstruiert, sondern alles andere als überzeugend, wie die von den Autoren selbst angeführten Beispiele zeigen. Sie beruhen weitgehend auf der Diffamierung völlig legitimer Positionen.

Chiffren und Codes definieren – und dann überführen

Die Erinnerungskultur an die Opfer der Bombardierung Dresdens wird so als „Täter-Opfer-Umkehr“ verunglimpft. Solchermaßen kriminalisiert wird damit jeder zum NS-Verharmloser, der weiterhin der Opfer gedenkt, eben auch die AfD. „Seit einigen Jahren kopiert die AfD das erinnerungspolitische Opfernarrativ der Neonazi-Szene. 2019 geriet die Partei in die Schlagzeilen, weil sie einen Kranz mit der Aufschrift ‘Den zivilen Opfern des Alliierten Bombenterrors in stillem Gedenken – AfD-Bundestagsfraktion‘ ablegte“, empören sich die Autoren. Um gleich zu belehren: „‘Bombenterror‘ – das ist ein ideologischer Terminus der Neonazis.“

Nein, ist er nicht. „Moral Bombing“ war offizielle Strategie der Alliierten, was gut mit Bombenterror übersetzt werden kann. Ähnlich bemüht sind die anderen Beispiele, wo erst Chiffren und Codes definiert werden, um die angeblichen Nutzer dann zu überführen. Das hat bei der Stiftung Methode. Im vorhergehenden „11. Lagebild“ behaupteten die Autoren beispielsweise, „die Globalisten“ sei ein Codewort für „die Juden“, um dann den Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen entsprechend als Antisemiten zu „überführen“.

Für jede Behauptung einen „Nachweis“ finden

Überhaupt wirkt alles mehr anekdotisch als systematisch. Das hat den Vorteil, daß für jede Behauptung irgendwie auch ein „Nachweis“ gefunden werden kann. Nur ob dieser eine aussagekräftige Relevanz hat, bleibt dahingestellt. Daher spricht es eher für die AfD, wenn die Autoren merklich angestrengt in der Mottenkiste suchen müssen. So sagte der damalige AfD-Bundesvorsitzende Alexander Gauland am 2. September 2017, kein Volk habe „so deutlich mit einer falschen Vergangenheit aufgeräumt wie das deutsche“.

Das dient den Autoren nun als Beleg für – ja was eigentlich? Natürlich darf die gleichfalls angejahrte Dresdner Rede des Thüringer AfD-Chefs und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke vom 17. Januar 2017 nicht fehlen. Zwar hat sich Höcke längst von der Rede distanziert, in der er nach eigener Aussage „ein wichtiges Thema in einer Bierzelt-Rede vergeigt“ habe. Aber offenkundig hat er sich bisher einfach nichts Neues zu Schulden kommen lassen, sodaß es bei einer ewigen Wiederkunft des Gleichen bleibt.

Arg bemüht, konstruiert und letztlich völlig irrelevant

Das klingt arg bemüht, konstruiert und letztlich völlig irrelevant gegenüber dem tatsächlich zehntausendfach auf deutschen Straßen ausgelebten Judenhaß, der die Autoren der Stiftung  vermutlich kurz vor Drucklegung überrascht hat. Etwas hilflos klingt es, wenn die Autoren noch schnell auf Querverbindungen zwischen radikalen Palästina-Organisationen und Neonazis hinweisen. Wie gesagt, „Belege“ bedeuten noch keine tatsächliche Relevanz. Diese liegt woanders, wie die Autoren geradezu beleidigt feststellen:

„Momentan wird die Rolle der extremen Rechten kaum diskutiert, weil der Blick – aus gutem Grund – auf die islamistischen und linken Gruppierungen gerichtet ist, die den Hamas-Terror verherrlichen und eine Grundlage für weitere antisemitische Vorfälle in Deutschland schaffen. Im Windschatten der Terror-Verherrlichung setzt die extreme Rechte ihre Angriffe auf die Erinnerung fort.“ Mit anderen Worten geben die Autoren zu, daß sie in Wahrheit nur ein Nischenprodukt bewerben und die eigentlichen Kräfte woanders wirken.

Lesenswerter Vorgängerbericht zu „Israelhaß und Antiamerikanismus“

Zur Ehrenrettung muß angefügt werden, daß das vorhergehende „11. Lagebild Antisemitismus“ sich dem Thema „Israelhaß und Antiamerikanismus“ widmete und tatsächlich neben der üblichen politischen Übergriffigkeit durchaus Lesenswertes präsentierte, wie die Verwicklungen der Klimaschutzbewegung. „Teile der Bewegung verbreiten offen israelfeindliche Positionen, nicht zuletzt der internationale Account von Fridays for Future (@Fridays4future).“

Diese Verquickung linker und radikalislamischer Organisationen, die in der vorhergehenden Publikation zumindest angesprochen wurde, spielt im aktuellen Lagebericht keine Rolle. Umso mehr wirkt dieser wie die Erzählung aus einem fernen, längst vergangenen Land, wo man sich noch über gestohlene „Stolpersteine“ oder Schmierereien empören konnte, letztlich aber niemand wirklich Angst haben mußte, daß die eigene Haustür mit dem Judenstern für künftige Überfälle markiert wird.

Das „Lagebild Antisemitismus“ der Amadeu-Antonio-Stiftung: Realitätsfern. Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress | Frederic Kern/Geisler-Fotopress
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