Nun ist es amtlich: „Wetten, dass..?“ kehrt zurück. Schon während der als Nostalgie-Experiment ausgegebenen Show am 6. November gab es entsprechende Andeutungen. Wie das ZDF am Dienstag mitteilte, soll das Erfolgsmodell vom vergangenen Herbst mit einer Rekordeinschaltquote von fast 14 Millionen Zuschauern auch 2022 und 2023 eine Fortsetzung bekommen. Nach der Einstellung des von Frank Elstner Anfang der Achtziger ersonnenen Show-Dinos, konnte kein Programm so viele Menschen vor die Bildschirme locken wie „Wetten, dass…?“. Zum Vergleich: Das DfB-Pokalspiel Mönchengladbach gegen Bayern sahen sich knapp 10 Millionen Zuschauer an.
Weder aufwendige Serien im Netflix-Stil wie „Der Paß“ oder das auf einem Verschwörungstheoretiker-Szenario basierende „Westwall“ knackten auch nur annähernd die Zehn-Millionen-Marke. Genauso wenig gelang dies mit neu entwickelten Show-Formaten wie dem von Johannes B. Kerner moderierten „Quiz-Champion“. Allerdings profitierte „Wetten, das…“-Moderator Thomas Gottschalk im November auch von einer noch spektakuläreren Rückkehr auf die Showbühne: der von Abba. Die beiden Bs der Band, Björn und Benny nahmen auf dem weißen Sofa platz und rührten kräftig die Werbetrommel für das neue Album „Voyage“. Es war der potenzierte Nostalgie-Effekt.
Jenseits dieses Zaubers herrschen bei vielen Zuschauern jedoch Unzufriedenheit und Enttäuschung. Der Generationswechsel, markiert durch den Weggang des langjährigen Moderators des ZDF-„heute journals“, Peter Hahne, ist den Mainzern nicht gut bekommen. Die Proteste gegen den vom linken Nachwuchs forcierten und so bis ins Herz des Senders getragenen Gender-Sprachputsch waren so massiv, daß das ZDF einen Formbrief aufsetzen ließ. Darin wurden die Scharen von Empörten mit dürftigen Floskeln abgefertigt. In sozialen Netzwerken tauschten sich die Genervten darüber aus und hinterließen Spottkommentare.
Mit dem Zweiten sieht man nicht mehr besser
Mit dem Zweiten sieht man schon lange nicht mehr besser. Zu Zeiten von ZDF-Journalisten wie Klaus Bresser, Dieter Kronzucker und Peter Voß bildete das „heute journal“ noch ein klares Gegengewicht zum traditionell linkslastigen WDR, der politisch einflußreichsten ARD-Anstalt. Mit Gerhard Löwenthals ZDF-Magazin im Hauptabendprogramm pflegte der Sender sogar ein dezidiert antisozialistisches Frontformat. Für viele vom journalistischen Einheitsbrei Enttäuschte ist inzwischen der österreichische Sender Servus-TV das „zweite Programm“, mit dem man besser sieht, weil dort bei linken Fehlleistungen kein Auge zugedrückt wird.
Die Talksendung „Talk im Hangar 7“ ist für viele ein willkommener Ersatz für die austauschbaren Diskussionsformate der Öffentlich-Rechtlichen. Ein trauriges Exempel für diese ist die Gesprächsrunde „Maischberger – Die Woche“ vom 12. Januar: Statt einen Repräsentanten der einhellig inkriminierten Corona-Protestmärsche einzuladen, wie es echter Meinungswettstreit erfordert hätte, spielten sich beim Thema Impfpflicht NDR-Moderator Jörg Pilawa, FAZ-Redakteurin Helene Bubrowski und Markus Feldenkirchen vom Spiegel in Eintracht die Bälle zu. Dabei schmähten sie die angeblich rechten Marschierer. Der einzige Dissens zwischen den Diskutanten bestand zwischen „Ja“ und „Ja, aber“. Kein Wunder, daß einem Sender, der sich als Regierungsabnicker geriert, die Zuschauer davonlaufen.
Daß das ZDF nun auf Thomas Gottschalk zurückgreift, folgt einer gewissen Logik. Wie kaum ein anderer verkörpert der Bajuwar das Fernsehen von gestern – und einen Typus, der rar geworden ist: Seine besten Witze sind erkennbar nicht die vorher einstudierten, sondern seine Sponti-Sprüche, geschuldet einer Schlagfertigkeit, die man nicht antrainieren kann und die man bei Kai Pflaume, Jörg Pilawa und erst recht bei der jüngeren Generation vergeblich sucht. Moderator Alexander Bommes hat zwar diese Spontaneität, doch er kultiviert lieber das Image von „Schwiegermutters Liebling“ als mal eine Äußerung zu riskieren, mit der er anecken könnte. Und im ZDF-„Sportstudio“, einst präsentiert von Charakterköpfen wie Dieter Kürten, Harry Valérien oder Günther Jauch, wird neuerdings Konformismus abgefragt wie der Lernstoff in einer Abiturprüfung.
Gottschalk steht für ein Deutschland, das sich frei fühlt
Das ZDF verfügt scheinbar nur noch über Sprechmaschinen, die man ohne Qualitätsverlust gegen ihre Avatare austauschen könnte. Im Oktober wurde im „Sportstudio“ der Freiburger Trainer Christian Streich auf seine Bereitschaft hin abgeklopft, einen Impfverweigerer wie Joshua Kimmich an den Pranger zu stellen. Wer wünscht sich angesichts solcher hochnotpeinlicher Inquisitions-Allüren nicht die guten alten Zeiten zurück, in denen ganze Familien, Freundeskreise und Fanklubs sich vor dem ZDF-Programm versammelten wie um ein gemütliches Lagerfeuer.
Gottschalk steht für ein Deutschland, das sich frei fühlte. Frei von staatlicher Bevormundung, Selbstzensur und dem inzwischen weithin erwarteten Kotau vor der Regenbogenideologie. Der gebürtige Bamberger nennt die von ihm praktizierte Verweigerung gegenüber der anerzogenen Politischen Korrektheit gern „Wurschtigkeit“. Parallel zur Wiedereröffnung des größten bundesdeutschen Wettbüros durfte der 71jährige einen Gastbeitrag für den Spiegel schreiben und sich mal ein bißchen Frust von der Seele reden. Darin schilderte er mit klarer Frontstellung gegen die grüne Weltverbesserungsdoktrin unter anderem, wie sich bei ihm „nie der Sinn für Ernsthaftigkeit, Verantwortung und Nachhaltigkeit“ eingestellt habe.
Das „mag für gutwillige Fans meines Wirkens in der deutschen Unterhaltungsszene nachvollziehbar sein. Aber für eine nachwachsende Generation, die ‘woke’ und ernsthaft unterwegs ist, bin ich einer dieser alternden weißen Männer, die (…) den Schuß nicht gehört haben. Ich weiß, daß ich vieles heute nicht mehr sagen könnte, was mir einst Lacher und Beifall beschert hat.“ Er stolpere nun dauernd über Dinge, die er weder begreifen noch hinnehmen wolle. So versuchten „Influencerinnen“ im Internet ihm Vorschriften zu machen. Früher sei Streit möglich gewesen, ohne in Geschimpfe auszuarten.